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Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken

Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken

Titel: Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Kacvinsky
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griff hinein und hielt etwas Unerwartetes in der Hand: Es war klobig und fühlte sichan wie Leder. Als ich es herauszog, erkannte ich das Tagebuch, das meine Mutter mir geschenkt hatte. Ich konnte mich nicht erinnern, es in die Tasche gepackt zu haben. Beim weiteren Herumwühlen fand ich auch noch zwei Stifte. Ich lehnte mich wieder an die Wand und winkelte die Beine an, um sie als Stütze zu benutzten. Dann legte ich das aufgeschlagene Buch darauf und überlegte, was ich schreiben sollte.
    Meine Mutter hatte mir erzählt, was sie gewöhnlich tat, wenn sie Angst hatte, sich einsam fühlte oder traurig war: Sie schob die Gefühle nicht weg, sondern erlaubte sich, sie auszuleben. Wenn sie ihnen Raum gab, statt sie zu ignorieren, schienen die dahintersteckenden Probleme gleich viel handfester und kontrollierbarer zu werden. Meine Mutter hatte mir beigebracht, dass Probleme nicht weggingen, bloß weil man ihnen die Tür vor der Nase zuschlug. Deshalb war es besser, sie hereinzubitten, sich mit ihnen an den Verhandlungstisch zu setzen und eine Lösung zu finden.
    Ich schaute auf das leere Blatt Papier. In meinem Kopf hatte sich eine Erinnerung eingebrannt, die ich nur allzu gerne ignoriert hätte. Aber ich beschloss, mich ihr endlich zu stellen. Zum ersten Mal würde ich darüber schreiben. Über den schwärzesten Tag in meinem Leben.

8. Juli 2060
    Die Digital School hat es nicht immer gegeben. Meine Mom war noch auf einer öffentlichen Schule und ich für kurze Zeit ebenfalls. Bis zum 28. März 2049. Das ist nun elf Jahre her. Bis heute wird dieser Tag im ganzen Land mit einer Schweigeminute begangen und in den Geschichtsbüchern nennt man ihn schlicht 28M.
    Meine Erinnerung daran ist ungenau. Ich weiß nur, dass ich in der Grundschule war und wir ganz plötzlich frei bekamen, was für eine Sechsjährige natürlich aufregend und wunderbar war. Aber ich erinnere mich auch an den Gesichtsausdruck meiner Mutter, die mich von der Schule abholte. Sie schloss mich so verzweifelt in die Arme, als müsse sie mich vor der ganzen Welt beschützen. Ich hatte fast Angst, dass sie mir die Rippen brechen würde. Auch ihre Tränen machten mir Angst, sodass ich gleich anfing mitzuweinen. Ihr Gesicht war kalkweiß, die Augen rot und geschwollen. Ich rechnete mit dem Schlimmsten: Bestimmt war mein Hund gestorben. Einigen meiner Schulkameraden war das schon passiert, und wir hatten im Unterricht darüber gesprochen, als das Klassenkaninchen an Altersschwäche eingegangen war. Der Tod gehört zum Dasein dazu, hatte man uns erklärt.
    Mom brachte mich nach Hause und von diesem Moment an änderte sich mein Leben für immer. Eine Welt, die eben noch voller quirliger Aktivität gewesen war, verstummte plötzlich. Eine Welt der Geborgenheit verwandelte sich in einen Ort, den es zu fürchten galt. Man hatte mir beigebracht, die ganze Welt als meinen Spielplatz zu betrachten, doch jetzt lernte ich, mich zum Spielen hinter einem Computer zu verschanzen, weil nur er Sicherheit bot.
    Meine Eltern setzten mich vor den gigantischen Wandschirm, der von nun an meine Welt werden sollte. Sie machten mich mit Millie bekannt, meiner neuen Lehrerin. Millie lächelte strahlend und stellte mir meine zukünftigen Freunde vor, deren künstliche Avatare mir zuwinkten. Das alles war so unterhaltsam. Schule verwandelte sich in eine einzige lange TV-Show. Wir sangen, wir tanzten, wir spielten Computerkicker. Wir saßen im Kreis zusammen und ließen uns Geschichten vorlesen. Wann immer ich eine Frage hatte, erschien Millies künstlicher Assistent Pebbles auf dem Bildschirm und half mir. Er sah aus wie eine blaue Stoffpuppe mit hellgrünen Augen und einer pinkfarbenen Afrofrisur, die auf seinem Kopf hin- und herwedelte. Immer brachte er mich zum Lachen und versicherte mir, dass wir allerbeste Freunde waren.
    Eine Geschichte, die Millie meiner Klasse vorlas, werde ich nie vergessen. Darin ging es um ein Monster mit spitzen Reißzähnen, das mich mit seinen Klauen packen konnte. Millie sagte, es würde draußen herumlaufen. Es konnte sich überall in der Stadt versteckt halten. Im Park oder sogar drinnen in Läden und fremden Häusern. Das Monster war besonders gefährlich, weil es sich unsichtbar machen konnte. Man wusste nie, ob es einen plötzlich anspringen würde. Aber Millie versprach, dass ich zu Hause vor ihm sicher war. Denn da kam es nicht hinein. Es konnte nicht in mein Zimmer oder durch den Computerbildschirm kriechen. Natürlich glaubte ich Millie,

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