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Die rebellische Republik / Warum wir uns nicht für dumm verkaufen lassen

Die rebellische Republik / Warum wir uns nicht für dumm verkaufen lassen

Titel: Die rebellische Republik / Warum wir uns nicht für dumm verkaufen lassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Wieczorek
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ungefähr 70 : 30
der rot-grünen Herrschaft unter Gerhard Schröder 2005 rund 67 : 32
der schwarz-roten Regentschaft unter Angela Merkel 65 : 35 .
     
    Zunächst sollten wir stets im Hinterkopf behalten, dass viele Reiche und Mächtige zur Durchsetzung materieller (und anderer) Interessen gar keiner Kampfmaßnahmen bedürfen. [582] Ihre Waffen sind zum Beispiel Jobangebote für die Zeit nach der Politik – bekanntlich landete zum Beispiel Gerhard Schröder bei Gazprom, Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement bei einem Zeitarbeitskonzern und Otto Schily, als Innenminister Durchpeitscher des biometrischen Passes, bei einer Firma, die mit diesem Pass ihr Geld macht. Noch wichtiger aber sind Parteispenden, man denke nur an die 1 , 1  Millionen aus dem Hotelgewerbe für die FDP und die fast zeitgleiche Senkung der Mehrwertsteuer für diese Branche von neunzehn auf sieben Prozent. [583]
    Gewöhnliche Sterbliche wie Arbeitnehmer und Kleinunternehmer wie frei praktizierende Ärzte aber sind auf Kampfmittel angewiesen, als letzten Schritt und häufigstes Mittel auf den Streik. Und der scheint auf den ersten Blick durch Artikel  9 , Absatz 3 des Grundgesetzes zur Koalitionsfreiheit, [584] der die Bildung von »Vereinigungen zur Wahrung und Förderung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen« ausdrücklich gestattet und schützt, bestens abgesichert. Die Praxis aber sieht anders aus: Zum Streik aufrufen dürfen allein die Gewerkschaften. Sogar Betriebsräten sind nach Paragraph 74 , Absatz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes jegliche Arbeitskampfmaßnahmen ausdrücklich verboten, von einzelnen Initiativen oder gar Einzelkämpfern ganz zu schweigen. Auch ohne Häme oder linksradikalen Verfolgungswahn kann man schon ahnen, was dabei herauskommt, wenn – wie damals Gerhard Schröder und Michael Sommer – die Bosse der Regierung und des mächtigen DGB Intimfreunde und Doppelmitgliedschaften in Partei- und Gewerkschaftsspitze keineswegs die Ausnahme sind. So hätte man sich eigentlich schon vorher denken können, dass der DGB gegen die Agenda 2010 von Sommers Duzfreund Schröder niemals auf die Straße gehen würde.
    Unter den Hunderten von Arbeitskämpfen in der Bundesrepublik sind einige besonders hervorzuheben.
    Bedeutende Streiks in Deutschland: [585]
    Vom 24 . Oktober 1956 bis 9 . Februar 1957 erstreikten über 34000 Metaller die Lohnfortzahlung bei Krankheit auch für Arbeiter. Der entsprechende Tarifvertrag war später Grundlage einer gesetzlichen Regelung.
1974 erreichte der öffentliche Dienst mit drei Tagen Streik elf Prozent mehr Lohn.
     
    Spätestens seit der schwarz-gelben Machtübernahme im Jahr 1982 waren Arbeitskämpfe reine Abwehrschlachten gegen den beginnenden, von der Union »geistig-moralische Wende« genannten neoliberalen Frontalangriff auf die Einkommen und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer. Der Politikprofessor Colin Crouch von der University of Warwick (England) fasst dies so zusammen: »Solange der Wohlfahrtsstaat überlebt, sind gewisse Bereiche dem potenziellen Profitstreben der Kapitalisten entzogen. Der postindustrielle Kapitalismus versucht daher, die Abmachungen zu widerrufen, die im Industriezeitalter getroffen wurden.« [586]
    Unter diesen erschwerten Bedingungen streikten
    1984 IG Metall und IG Druck und Papier zeitgleich für die 35 -Stunden-Woche; beide erkämpften wenigstens 38 , 5  Stunden; erst in den späteren Jahren erreichten sie schrittweise die 35 -Stunden-Woche;
2003 die IG Metall erfolglos für die 35 -Stunden-Woche in der Elektro- und Metallindustrie der neuen Länder; allein in der Stahlindustrie wurde sie stufenweise eingeführt;
vom 9 . Januar 2004 bis 8 . Februar 2005 , also genau ein Jahr lang, 50  Leverkusener Busfahrer gegen Niedriglöhne; dieser Arbeitskampf dauerte 395 Tage und ist damit einer der längsten in der Geschichte Deutschlands;
2006 die Beschäftigten der AEG Nürnberg nach angedrohter Werkschließung vier Wochen lang für einen Sozialtarifvertrag mit großzügigen Abfindungen;
2007 die Lokführer in einem der spektakulärsten und in vieler Hinsicht wichtigsten Arbeitskämpfe der vergangenen Jahre erfolgreich für bessere Bezahlung;
2010 rund 500 Fahrer von Bussen sowie U- und Straßenbahn der Berliner BVG erfolgreich für mehr Geld. Den Streik führte die dbb Tarifunion ganz allein. Da der SPD -Vetter DGB selbst gegen die asozialste sozialdemokratische Politik niemals streikt, fiel ver.di Berlin der Landespartei Klaus Wowereits und Thilo Sarrazins

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