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Die Rebenprinzessin

Die Rebenprinzessin

Titel: Die Rebenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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umklammerte.
    Gott, hilf mir, betete er leise. Dann wirbelte er herum und hob das Joch an, obwohl es recht schwer war. Der Wächter riss erschrocken die Augen auf, als er Martins Absicht erkannte. Die Möglichkeit, sich wegzuducken, hatte er aber nicht mehr. Das Joch traf ihn an der Wange und schleuderte ihn beiseite. Stöhnend prallte er auf dem Boden zwischen den Pferden auf.
    Doch wenn Martin gedacht hatte, dass es damit getan sei, irrte er sich. Zu seinem Entsetzen rappelte sich der Wächter wieder auf, und zwar schneller, als er gedacht hätte. Erneut riss er das Joch hoch, doch der Bursche streckte eine Hand in seine Richtung aus und ergriff es an einem der Enden. Er riss es zur Seite und schaffte es, Martin, der wesentlich leichter war als er selbst, von den Füßen zu holen.
    Der Junge stürzte, verlor das Joch aus den Händen und verfehlte nur knapp den Wassertrog hinter ihm. Das Pferd, das dort gestanden hatte, schreckte wiehernd zusammen, und Martin wälzte sich herum. Damit entging er nicht nur den Hufen des Pferdes, sondern auch einem Hieb mit dem Joch, den der Wächter gegen ihn ausgeführt hatte. Das Holzstück bohrte sich in den Boden. Durch Martins Körper zog ein nachträglicher Schreck, denn der Kerl hätte ihm den Schädel einschlagen können!
    Blitzschnell rappelte er sich auf, musste aber einem neuerlichen Hieb des Wächters ausweichen. Verzweifelt blickte der Junge sich nach etwas um, womit er sich verteidigen konnte. Er griff nach dem Eimer, doch der zerbrach unter einem wuchtigen Hieb des Wächters in tausend Stücke. Ein dumpfer Hall zog durch seinen Arm und machte ihn für einen kurzen Moment gefühllos.
    Martin stieß einen Fluch aus, und im nächsten Moment trat ihm wieder die Niederlage vor Augen, die er gegen Roland von Hohenstein hatte einstecken müssen. Und das vor den Augen von Bella.
    Jetzt war sie zwar nicht da, dennoch fühlte er die gleiche Scham in sich aufsteigen wie damals. Wenn sie sehen könnte, was der Kerl mit mir anstellt, würde sie ganz sicher nichts mehr von mir wissen wollen …
    Der Gedanke an seine Liebste wirkte allerdings beflügelnd auf seinen Geist, und als er zur Seite blickte, erkannte er, dass sie schon sehr nahe bei den Pferden waren. Nachdem er einem weiteren Hieb mit dem Joch ausweichen konnte, griff er nach dem Besen.
    Das entlockte dem Wächter ein raues Lachen. »Meinst doch wohl nicht, dass du mich damit schlagen kannst.«
    »Nein, das meine ich nicht!«, entgegnete Martin grinsend. Dann trat er blitzschnell neben das Pferd und stach ihm mit dem Besenstiel in die Flanke. Das Tier wieherte und schlug prompt aus.
    Der bullige Wächter hatte keine Chance, sich wegzuducken. Die Hufe trafen ihn an der Brust, und der Schlag schleuderte ihn weit durch den Stall. Martin sog scharf die Luft ein und kniff die Augen zusammen, als der Mann irgendwo in der Dunkelheit zu liegen kam. Ein paar Pferde in seiner Nähe stampften unruhig auf und zerrten an ihren Stricken.
    Martin hätte es nach dem Kampf egal sein können, was mit dem Wächter geschehen war, aber nun überkam ihn doch das schlechte Gewissen. Vorsichtig tastete er sich an den Ort heran, an dem er den Mann vermutete. Immerhin war es möglich, dass er ihn nur täuschte und gleich wieder auf ihn zustürmte. Den Besenstiel behielt er deshalb in der Hand.
    Wenig später machte er den Burschen am Boden aus. Nachdem sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er erkennen, dass er eine blutende Wunde an der Schulter hatte. Als er ihm die Hand auf den Bauch legte, spürte er jedoch, dass er noch atmete. Da er auch nach der Berührung nicht zu sich kam, zog sich Martin wieder zurück.
    Ich muss zusehen, dass ich hier wegkomme, ging es ihm durch den Sinn, während er sich den Pferden zuwandte. In der Schenke hatte offenbar niemand den Tumult bemerkt, aber es konnte sein, dass in Kürze jemand sein Pferd holen wollte.
    Martin band den Braunen und den Rappen los und führte die Tiere durch das Scheunentor. Nachdem er noch einen prüfenden Blick gen Wirtshaus geworfen hatte, befestigte er die Zügel des Braunen am Sattel des Rappen. Anschließend schwang er sich auf den Rücken dieses Tiers und ritt in die Dunkelheit.

26. KAPITEL
     
    In dieser Nacht fand Bella keinen Schlaf. Mit offenen Augen lauschte sie in ihren Körper hinein, als könnte sie so das Leben, das in ihr wuchs, aufspüren.
    Die Worte der Äbtissin hallten durch ihren Verstand. Sei wie der Wein, Bella. Der Wein hat die Fähigkeit zu

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