Die Rebenprinzessin
vielleicht.«
»Bevor du das tust, sollten wir von hier verschwinden«, schlug Bella vor. »Die Magd könnte jeden Augenblick zurückkommen.«
Martin griff nach seinem Wams, das immer noch auf dem Schanktisch lag. Nachdem er es übergezogen hatte, schulterte er die Wasserschläuche und den Beutel, den ihnen der Wirt hatte vorenthalten wollen.
»Also gut, lass uns weiterreiten. Bis zur Katzenburg ist es noch ein Stück, und es ist sicher besser, wenn wir nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.«
Dem konnte Bella nur beipflichten.
Gemeinsam stiegen sie über den Körper des Wirts und traten vor die Tür. Die Nebelschwaden waberten noch immer zwischen den Häusern, aber mittlerweile hatte sich die Straße ein wenig belebt. Die Leute warfen ihnen zum Glück nur kurze Blicke zu, und niemand schien Verdacht zu schöpfen.
Bella blickte dennoch unbehaglich zurück in die Schankstube und sah das Gesicht der Magd hinter dem Vorhang auftauchen. Offenbar hatte sie nicht vor, Alarm zu schlagen, denn als sie den Bewusstlosen erblickte, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht.
Bella nickte ihr zu, dann schloss sie die Tür.
Gernot von Bärenwinkel stand vor dem Fenster seiner Kemenate und blickte mürrisch auf den Fluss, der wie eine große Ader an seiner Burg vorbeifloss. Er beobachtete, wie gerade ein Floß vom anderen Ufer her übersetzte. Wen Adam Höllerich da transportierte, war nicht zu erkennen, doch der Graf machte sich keine Hoffnung, dass es sich um seinen Sohn handeln könnte.
Martin war nun seit fünf Tagen weg. Die Reiter, die er dann doch ausgesandt hatte, waren ergebnislos heimgekehrt. Offenbar hatte er sich nicht auf den Weg nach Padua gemacht, sondern den Fluss überquert.
Will er erneut zu dieser Metze?, überlegte er. Oder will er sein Vergehen ausgleichen, indem er mir den Ableger des Weinstocks bringt?
Für einen kurzen Moment richteten sich seine Gedanken begehrlich auf einen Weinberg voller neuer Rebstöcke, die ihm den Keller mit edelsten Tropfen füllen würden. Doch die Hoffnung wurde davon verdrängt, dass sich sein Sohn wohl nie wieder bei ihm blicken lassen würde.
Diese kleine Metze hat ihn verhext, dachte er zornig. Aber gnade dir Gott, Rudolph von Katzenburg, wenn mir durch sie auch mein Sohn genommen wird.
Ein Kratzen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken.
»Komm herein!«, rief er ärgerlich. Er war sicher, dass es sich nur um einen handeln konnte.
»Ihr habt mich zu Euch befohlen?« Giacomo verneigte sich tief.
Sogleich löste sich die Miene des Grafen ein wenig. »Gewiss, berichtet mir, wie weit die Vorbereitungen gediehen sind.«
Auf seinen Wink trat der Italiener näher und ließ sich auf einen der Stühle neben dem Schreibpult nieder. Als Bärenwinkel näher trat, gewahrte er den Geruch von Schießpulver. Schießpulver und Schlamm. Wie im Feldlager, kurz bevor die Schlacht begann.
»Der Fürst hat zusammen mit mir und ein paar Männern übergesetzt und ein geheimes Lager in den Wäldern nahe der Katzenburg aufgeschlagen.«
»Werden das die Wildhüter nicht bemerken?«
»Nein, ich glaube nicht. Die Zeit zur Hubertusjagd ist noch nicht gekommen. Und selbst wenn, so tief in die Wälder werden sich die Hüter nur dann wagen, wenn es einen Anlass gibt. Da im Moment aber weder Wilderer noch große Wolfshorden die Gegend unsicher machen, werden sie in der Waldhütte bleiben.«
Graf von Bärenwinkel nahm diese Information mit einem Nicken auf. »Was gedenkt er, mit dem Lager zu tun?«
»Seine Gnaden hat meinem Vorschlag entsprochen, zunächst den Weinberg in Brand zu stecken. Danach will er sich um den Grafen kümmern.«
»Er will mit seinen wenigen Männern die Katzenburg erstürmen?«
Zum einen bewunderte Gernot von Bärenwinkel diese Tollkühnheit, aber die Weisheit der Jahre, die er auf seinem Rücken herumtrug, sagte ihm, dass dieses Vorhaben töricht und zum Scheitern verurteilt war.
»Erstürmen will er sie nicht«, entgegnete der Italiener. »Aber er will versuchen, an den Grafen selbst heranzukommen. Nur den Weinberg zu vernichten, ist ihm zu wenig. Er will die Burg herrenlos machen.«
»Er will Rudolph von Katzenburg töten?«
Giacomo nickte.
Der Graf wusste nicht, ob er das gutheißen oder ablehnen sollte. Die Fehde zwischen ihm und seinem Widersacher schwelte nun schon so lang, und insgeheim hatte er immer gehofft, dass er dem anderen eines Tages den Garaus machte. »Wie will er das anstellen?«
»Der Fürst will das Feuer ausnutzen und mit ein paar
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