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Die Rebenprinzessin

Die Rebenprinzessin

Titel: Die Rebenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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erwachte. Mit weit offenen Augen lag sie im Bett und betrachtete das Muster des Betthimmels über ihr. Die klare Nacht vor dem Fenster hatte noch keinen roten Saum, allein das Mondlicht machte den Sternen die Herrschaft streitig. Was sollte sie tun? Die Augen schließen und warten, dass erneut unsinnige Gedanken durch ihren Kopf schossen? Oder sich der falschen Hoffnung hingeben, dass ihr Bräutigam nicht kommen würde?
    Beides war nutzlos, und Bella, die im Kloster gelernt hatte, nutzbringend zu sein, wollte die Stunden nicht damit vergeuden, einfach nur herumzuliegen.
    Ich könnte auf den Bergfried klettern, überlegte sie, als sie das warme Bett verließ. Ich könnte nach den Nestern der Falken Ausschau halten oder die Tauben vor den Raubvögeln beschützen. Ich könnte die Fledermäuse beobachten, wie sie den Nachtfaltern nachjagen. Oder ich könnte meinen Wunsch, dass der Fürst von Hohenstein nicht kommen soll, in die Nacht hinausschreien.
    Doch sie konnte sich nicht so recht durchringen, einem dieser Vorhaben nachzugehen. Daher blieb sie, auch wenn ihre Gliedmaßen unruhig waren, im Bett liegen und sah dem Morgen zu, wie er die Nacht allmählich an den Rändern auffaserte. Schließlich hielt sie es jedoch nicht mehr aus und erhob sich.
    Nachdem sie sich gewaschen und angezogen hatte, verließ sie die Kemenate. Zum Weinberg werde ich gehen, plante sie. Ich werde zusehen, wie das Grün im ersten Licht erstrahlt, und den Vögeln lauschen.
    Diesmal war sie nicht die erste wache Seele in der Burg. Einige Mägde waren dabei, die Essen anzufachen und den Boden zu schrubben. Ein Hahn erprobte krächzend seine Stimme, allerdings nicht laut genug, um die Schläfer in den Dienstbotenquartieren zu wecken. Nur wer es gewohnt war, früh auf den Beinen zu sein, begann jetzt schon mit der Arbeit.
    Bella verließ die Burg durch eine kleine Seitenpforte, denn sie wollte das Personal nicht dazu bringen, ihr unbedingt zu Diensten zu sein. Als sei sie selbst eine Magd, huschte sie an den kleinen Hütten vorbei, passierte den Stall, aus dem ihr ein erstickender Gestank nach Mist entgegenschlug, und näherte sich dann den trutzigen Burgmauern.
    Auf dem Hof war noch alles ruhig, nicht einmal die Hunde im Zwinger rührten sich. Lediglich eine Katze schlich über das Pflaster und trug eine Ratte am Genick in ihr Versteck. Der Anblick ließ Wehmut in Bella aufsteigen, denn sie dachte nun wieder an ihren Kater. Diese Katze war nicht im Entferntesten so schön wie er, sondern wirkte eher ein wenig räudig, aber immerhin versah sie ihre Arbeit gut.
    Als Bella den Blick schließlich wieder hob, entdeckte sie in der Nähe der Burgmauer eine Gestalt. Es war ein Mann, der mit einem Seil hantierte und wirkte, als sei er gerade über die Mauer geklettert.
    Die Grafentochter wusste, dass kein Dieb so dumm war, sich in die Burg einzuschleichen. Trotzdem griff sie nach dem Besen, der in ihrer Nähe stand, und stapfte damit auf den vermeintlichen Eindringling zu. Obwohl sie nicht bemüht war, leise zu sein, bemerkte sie der Bursche nicht.
    »Was tust du hier?«, fuhr Bella ihn an und riss den Besen hoch.
    Der junge Mann wirbelte erschrocken herum. Erst jetzt erkannte sie, dass es Martin war, dem es vor Schreck offenbar die Sprache verschlagen hatte.
    »Was hast du schon so früh hier verloren?«, fragte sie nun etwas sanfter und ließ den Besen wieder sinken.
    »Das könnte ich dich genauso fragen«, entgegnete Martin, während er sich den Staub von den Kleidern klopfte. »Was soll der Besen in deiner Hand?«
    »Ich habe dich für einen Räuber gehalten. Was wolltest du mit dem Seil?« Bella neigte den Kopf und musterte ihn prüfend.
    Martin errötete. »Ich … ich habe es gefunden. Irgendwer muss es verloren haben.«
    »Und ich dachte schon, du willst jemandem einen Streich damit spielen«, gab sie zurück. Sie betrachtete kurz sein Gesicht und fügte hinzu: »Oder hast du dich über Nacht aus der Burg gestohlen? Zu deiner Liebsten?«
    Martin wusste jetzt nicht mehr, was ihm eher heiße Wangen bereitete, die Lüge oder Bellas Verdacht. »Ich …«, presste er hervor und erwischte sich dabei, dass er drauf und dran war, Rosalina zu verleugnen. Eine Lüge mehr oder weniger, was machte das schon?
    »Schon gut, ich bin nicht der Hauptmann der Grafengarde. Ich bin nur eine Schlaflose auf der Suche nach Beschäftigung.«
    Martin versuchte seine Erleichterung zu verbergen. »Was raubt dir denn den Schlaf? Deine bevorstehende Vermählung?«
    Bella warf

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