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Die rechte Hand Gottes

Die rechte Hand Gottes

Titel: Die rechte Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Folco
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fest und betastete stöhnend seinen verwundeten Schädel.
    Seine Lektüre hatte ihn so gefesselt, daß er nichts gehört hatte, und so wußte er nicht, von welchem der beiden Greise er niedergeschlagen worden war.
    Zwar hatte er sich wiederholt fast im Schlamm festgefahren, doch schließlich gelang es ihm, Bellerocaille und sein Hotel zu erreichen.
     
    Er benutzte ein Taschentuch als kalte Kompresse, die allerdings seinen Schmerz nur bedingt linderte.
    Als Malzac sein Zimmer verließ und sich in die Rue du Dragon begab, hatte der Regen aufgehört, und das fahle Sonnenlicht versuchte vergeblich, die graue Wolkenschicht zu durchdringen.
    »Was?! Sie haben es gewagt, den Schrank zu öffnen?« rief Léon aus. »Glauben Sie mir, Herr Anwalt, Sie sind noch glimpflich davongekommen. Es muß mein Vater gewesen sein, der Sie überrascht hat, denn wenn es Casimir gewesen wäre, hätten Sie jetzt statt einer Beule ein Loch im Kopf! Hat es sich wenigstens gelohnt?«
    »Ich konnte nur die ersten zehn Seiten lesen, aber schon auf der ersten stand alles: Der, den Sie den Vorfahren und Begründer nennen, ist als Kind im Alter von nur wenigen Monaten ausgesetzt und von denen, die es gefunden haben, auf den Namen Justinien Trouvé getauft worden.«
    Der Erste ein Findelkind! Léon schüttelte ungläubig den Kopf.
    » Er hat es selbst in der Überschrift geschrieben «, sagte der Anwalt. »Jetzt müssen wir nur noch das Kirchenregister finden, und dann beantragen wir, daß Sie wieder Ihren ursprünglichen Namen führen dürfen: Trouvé.«
    »Trouvé, Trouvé, wiederholte Léon so, als würde er vor dem Spiegel einen Hut aufprobieren. »Aber warum hat er sich denn Pibrac genannt ?«
    Plötzlich verdüsterte sich sein Gesicht:
    »Sie werden den nötigen Beweis ohnehin nicht finden, Herr Anwalt, denn die Kirchenregister von Bellerocaille sind während der Revolution verbrannt.«
    » Die von Bellerocaille schon, aber Ihr Vorfahre gibt an, daß man ihn in Roumégoux vor der Pforte des Ordens der Wächter der immerwährenden Anbetung gefunden habe.«
    » Schreibt er auch etwas über die Gründe für seine Namensänderung?«
    »Ja, soweit ich verstanden habe, wurde Ihr Vorfahr wegen Diebstahls von der Miliz von Roumégoux gesucht. Als man ihn in Bellerocaille festgenommen hat, hat er einen falschen Namen angegeben, um eine Untersuchung zu verhindern.«
    Léon war völlig überrascht. Justinien der Erste war nichts anderes als ein gewöhnlicher Dieb! Endlich begriff er all die Geheimnisse um die Erinnerungen: Das warf einen Schatten auf die Legende!
    Achtundvierzig Stunden später stieg Malzac auf dem Bahnsteig von Roumégoux aus dem Zug und ließ sein Gepäck in die Herberge »Au Chapon Rieur«, die am wenigsten heruntergekommene der vier Herbergen, bringen. Zu jener Zeit, als die Pilger noch zu Hunderten anreisten, um vor dem heiligen Präputium zu beten, waren es mehr als dreißig gewesen. Nachdem sie den Ort reich gemacht hatte, war die Reliquie als der Streit um ihre Echtheit ausbrach - zum allgemeinen Gespött geworden. Der Papst hatte die Angelegenheit geregelt, indem er das Präputium von San Giovanni in Laterano zum einzig echten erklärt hatte. Augenblicklich waren aus den ehemals frommen Pilgern spöttische Besucher geworden. Die Wächter hatten die Kapelle für die Öffentlichkeit geschlossen, was sofort zu großen Einbußen bei den Herbergswirten und Kaufleuten von Roumégoux geführt hatte.
    Da Malzac bevollmächtigt war, auch Einblick in die Register zu nehmen, die älter als einhundert Jahre waren, hatte der Bürgermeister nichts dagegen einzuwenden, daß er sich in dem Archiv niederließ, über das ein Beamter mit Ärmelschonern und Brille herrschte.
    »1663 sagen Sie? Da muß ich die Leiter holen«, stellte er fest, indem er auf das oberste Regal deutete, auf dem eine Reihe von Registern mit verschlissenen Einbänden aufgereiht war. »Zu jener Zeit führte der Orden der Wächter die Geburts- und Sterberegister. Als sie während der Revolution enteignet wurden, konnte die Gemeinde die Archive übernehmen.«
    »Ich verstehe.«
     
    Das Licht war so schlecht, daß er sich für fünf Sous Kerzen kaufen ließ. Eine ganze Kerze war abgebrannt, als er endlich den Band von 1663 durchgesehen hatte. Doch seine Suche war erfolglos, und er verlangte auch den Jahrgang 1662. Da er immer noch nicht fündig geworden war, sah er auch in denen von 1661 und 1660 nach.
    Erschöpft, mit schmerzendem Rücken und roten, brennenden Augen kehrte

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