Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die rechte Hand Gottes

Die rechte Hand Gottes

Titel: Die rechte Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Folco
Vom Netzwerk:
wohl den alten Pibrac so feiern? Seht euch nur ihr komisches Gehabe an! «
    »Macarel! Da kommen noch mehr! Das ist ja die reinste Invasion! «
    »Habt ihr gesehen, er ist ganz schön eingebildet, sich in seinem Alter die Haare zu färben.«
    »Glaubt ihr, daß das gesetzlich zugelassen ist, so viele Henker auf einmal?«
    »Keine Ahnung! Ich weiß nur, daß ich sie auf alle Fälle nicht danach fragen werde! «
    Obwohl Präsident Fallières und die Mitglieder der Regierung fehlten, wurde die Einweihung des ersten Museums für Folter- und Hinrichtungsinstrumente ein großer Erfolg. Mehr als einhundertsechzig Gäste schrieben sich in das goldene Buch ein, das in dem großen Zimmer auslag, und die zahlreichen Geschenke sowie ihr Wert rührten Hippolyte fast zu Tränen.
    Trotz der Entfernung und des schwierigen Transports hatte der Garotteur von Madrid eine wundervolle Würgebank aus dem XVI. Jahrhundert, ganz aus Nußbaumholz, mitgebracht, die in hervorragendem Zustand war und zahlreiche Spuren ihres Gebrauchs aufwies. Der alte Scharfrichter aus dem Périgord schenkte ein Dutzend fein ziselierter silberner Würgebirnen aus dem XIII. Jahrhundert sowie ein äußerst seltenes Instrument mit vier Haken zum Abreißen einer Brust, das früher vor allem zur Bestrafung von Hexen oder ledigen Müttern, die sich des Vergehens der Abtreibung schuldig gemacht hatten, eingesetzt wurde.
    Gutman aus München, dessen muskulöse Schultern aus einer Lederhose ragten und die Bewunderung der Damen erregte, überreichte ein doppeltes Halseisen. Darin konnte man zwei Streithähne einander gegenüber einschließen, um ihnen Gelegenheit zu geben, sich besser kennenzulernen.
    Der neunzigjährige Alex Chargasse blieb seinem Ruf eines lebenslustigen Haudegens treu und überreichte eine Originalausgabe des Werks Theoretisches und praktisches Handbuch zur Geißelung der Sklavinnen, das aus dem Jahr 1781 stammte. Es galt als außerordentlich selten, war jedoch in dem kleinen Kreis der Scharfrichter wohlbekannt. Der Autor war ein spanischer Plantagenbesitzer aus Kuba, der dreihundert verschiedene Arten, eine Sklavin auszupeitsehen, zusammengetragen hatte und zu der Schlußfolgerung
    gekommen war, daß das häufige Auspeitschen der schwarzen Weiber Gottes Wille sei, denn »warum hätte Gott, dessen Weisheit unendlich groß und wohlbekannt ist, sie sonst wohl mit einem so breiten, vorspringenden Hinterteil ausgestattet « ?
    Die von allen erhoffte Ankunft von Anatole und Rosalie Deibler war ein großer Augenblick. Schließlich war er der letzte, der die Macht innehatte! Die herzliche Umarmung, mit der er Hippolyte begrüßte, stieß auf allgemeines Wohlgefallen, da ihr Streit anläßlich der Hinrichtung der Fersenröster bekannt war.
    »Ich wußte, daß du uns nicht im Stich lassen würdest! Denn wenn der einzige von uns, der noch im Amt ist, fehlen würde, wäre die Einweihungsgesellschaft doch nicht vollständig gewesen. Hast du deine Knechte nicht mitgebracht?«
    »Ich habe sie in Paris gelassen. Sie wären gerne gekommen, aber es muß ja jemand da sein, falls plötzlich ... «
    Alle umdrängten die beiden, denn jeder war sich bewußt, Zeuge eines historischen Augenblicks zu sein, der noch jahrelang Gesprächsstoff bleiben würde.
    Alphonse Puech hielt ein Glas Champagner in der Hand und machte schüchtern der Tochter des ehemaligen Henkers von Arras den Hof, als Casimir ihn rief:
    »Monsieur Deibler ist gerade angekommen. Machen Sie eine Fotografie von ihm und dem Siebten, statt die Mädchen zu umgarnen! «
    Ohne sich von dem strengen Ton des Knechts beeindrucken zu lassen, nahm sich Puech Zeit, um sich von der hübschen Rothaarigen zu verabschieden und seinen neuen Fotoapparat, der einhundert Francs gekostet hatte, aufzubauen.
    Obwohl die Summe beträchtlich gewesen war, hatte Pibrac nicht gemurrt, sondern sogleich die Rechnung für die fünftausend Postkarten beglichen. Darüber hinaus hatte er ihm einen Auftrag für die Illustration seines künftigen Katalogs erteilt. Darum war Puech zum Herrenhaus gekommen und hatte begonnen, die mehr als einhundert Ausstellungsstücke des Museums abzulichten. Er war mit seiner Arbeit noch nicht fertig gewesen, als Hippolyte ihn gebeten hatte, bei der Einweihung einige Aufnahmen zu machen.
    »Wenn Sie sich bitte mit dem Gesicht zur Sonne stellen wollen«, sagte er zu Hippolyte und Deibler.
    Sie folgten seinen Anweisungen. Die anderen Scharfrichter stellten sich im Halbkreis um sie herum. Die Frauen, Kinder und

Weitere Kostenlose Bücher