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Die rechte Hand Gottes

Die rechte Hand Gottes

Titel: Die rechte Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Folco
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Geschlecht, Beruf und Stellung zu ordnen. jetzt erfuhr man, daß er in seiner siebzehnjährigen Laufbahn zweiundzwanzig jugendliche unter achtzehn Jahren, einhundertunddrei Alte zwischen siebzig und achtzig Jahren und neun Neunzigjährige geköpft hatte. Von den Zweitausendneunhundertachtzehn Verurteilten waren zweitausend-fünfhundertdreizehn Männer und vierhunderteins Frauen.  Die vier Verbleibenden waren als Geschlecht unbestimmt aufgeführt. Charles Henri hatte sechs Bischöfe und Erzbischöfe guillotiniert, fünfundzwanzig Marschälle und Generäle, zweihundertsechsundvierzig Magistratsbeamte und Mitglieder des Parlaments, dreihundertneunzehn Priester und Mönche, vierhundertneunzehn Finanzbeamte, Anwälte, Doktoren und Notare, dreihundertachtzehn Adelige beiderlei Geschlechts, sechzehn Künstler, einen König und eine Königin.
    Der Hausherr hatte geglaubt, reichlich vorzusorgen, indem er mit fünfzig Gästen rechnete: Doch es waren einhundertundsechzig gekommen, denen man jetzt Unterkunft, Essen und Trinken bieten mußte.
    Hippolyte versammelte die Ehefrauen und vertraute ihnen sein Problem an.
    »Ich wage es nur, Sie um Hilfe zu bitten, weil ich mich wirklich in einer Notlage befinde.«
    Victor und Hugo, die man schon zuvor geschlachtet hatte, reichten nicht aus, und so opferte man die fünfzehn Hühner, die acht mit Mais gestopften Gänse und selbst die elf Hasen, die mit Sichelklee und Karotten gefüttert worden waren.
    »Nehmen Sie nur, was Sie brauchen, nehmen Sie alles, und wenn nichts mehr da ist, werden wir doch noch etwas auftreiben«, versicherte ihnen Hippolyte, wenn er in die Küche kam, um nach dem Rechten zu sehen.
    Man schürte das Feuer in dem großen Brotbackofen und plünderte den Obst- und Gemüsegarten. Die Brunnenkette quietschte ohne Unterlaß, so groß war der Wasserbedarf.
    »Wenn Ihnen irgend etwas fehlt, wenden Sie sich nur an Casimir. Und wenn wir nichts mehr haben, werden wir etwas aus der Stadt holen.«
    Die örtlichen »Freunde der Musik und der Fanfare« hatten es abgelehnt zu spielen, und so hatte Hippolyte Casimir nach Racleterre geschickt, um die Dienste eines ländlichen Quartetts anzuheuern, das bei Hochzeiten und Festgelagen aufspielte.
    Zunächst waren sie sehr zurückhaltend gewesen, vor allem, als Hippolyte ihnen das Schafott als Bühne zugewiesen hatte, doch in der Folge wurden sie, angesichts des herzlichen Beifalls, den sie für ihre erste Polka bekamen, aufgeschlossener. Später brachte man ihnen Champagner, und regelmäßig kam jemand, um sich nach ihren Wünschen zu erkundigen.
    Als der Kuchen aufgetragen wurde, gab Hippolyte ihnen ein Zeichen, ihre Vorstellung zu unterbrechen und sich zu ihnen zu gesellen, eine Aufmerksamkeit, die sie dankbar annahmen. So viel Zuvorkommenheit bewegte sie dazu, später derart mitreißend zu spielen, daß selbst die jungen Leute von Bellerocaille begannen, im Takt mit den Füßen zu stampfen. Auf den drei Plätzen der Stadt, auf denen sie sich zu treffen pflegten, hörte man deutlich den Klang der Violinen.
    »Warum gibt es bei uns niemals ein solches Fest?«
    Und mehr als einer von ihnen dachte an die hübschen Mädchen, die sie zwischen den alten Henkern gesehen hatten. Die, die auf dem Place du Trou standen, gaben vor, einen Spaziergang am Ufer des Dourdou machen zu wollen, und begaben sich in die Unterstadt. Dort waren schon die Gruppen vom Place de la République und vom Place Saint-Laurent versammelt. Sie folgten dem Klang der Musik über die Brücke und über das Feld, auf dem früher einmal der Wald von Vergogne gestanden hatte. Bald erreichten sie die Mauern des Herrenhauses. Sie gingen, immer dem Lärm nach, an der Mauer entlang, bis schließlich einer von ihnen auf die Schulter des anderen stieg, um hinüberzusehen. Einer der Gäste sah einen Kopf, der über den Partisanen auftauchte, und verständigte Hippolyte. Dieser glaubte, daß sich etwas Böses zusammenbraute, gab Casimir ein Zeichen, ihm zu folgen und verließ die Umwallung durch die Geheimtür am Ostturm. Er richtete den Revolver auf die Neugierigen, die vor Entsetzen wie gelähmt waren.
    »Also, junges Volk, was hat das zu bedeuten?«
    Doch dann begriff er seinen Irrtum und senkte die Mauser.
    »Na, ihr Dummköpfe, worauf wartet ihr denn, kommt herein und tanzt mit unsern jungen Mädchen! «
    Nicht einer rührte sich vom Fleck.
    »Seid ihr überrascht? Dazu gibt es keinen Grund. Soweit ich weiß, wart ihr alle eingeladen. Eure Eltern haben eine Einladung

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