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Die rechte Hand Gottes

Die rechte Hand Gottes

Titel: Die rechte Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Folco
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weither kamen wie Millau, dann kamen mit Sicherheit auch welche aus Roumégoux, das näher war. Und wenn ihn nun jemand wiedererkannte und anzeigte? Dann würde er wieder festgenommen und
    verurteilt werden. Dieses Mal würde man ihn zum Tod durch den Strang verurteilen oder ihn vielleicht mit dem Beil köpfen. Er wußte nicht genau, welche Strafen auf die Verbrechen standen, die er in Roumégoux begangen hatte, bevor er geflohen war, um Mouchette zu suchen.
     
    »Alle Fenster am Platz sind vermietet«, fuhr Beaulouis mit einer Stimme fort, die neidisch klang. »Die Plätze an der Schenke Au Bien Nourri - Zum fetten Mann, die direkt zum Schafott hin liegen, sind für fünf Livres weggegangen. Fünf Livres! Man soll es nicht für möglich halten ... Übrigens, ich habe das Schafott gesehen. Es ist mindestens doppelt so groß wie das von Maître Pradel! Ich würde ja zu gern das Gesicht des Prévôt sehen, wenn Calzins ihm seine Kostenaufstellung präsentiert.«
     
    Justinien hörte nicht hin, er dachte an Mouchette. Er leerte seinen Becher, Beaulouis schenkte ihm nach.
     
     
    5
     
     
    »Es ist Zeit«, erklärte der Hauptmann der Miliz des Barons und legte die Order vor, die besagte, daß der Verurteilte seinem Henker zu übergeben sei.
    Bredin trug die Haftentlassung in das Register ein, seine Brüder zündeten die Fackeln an, und Beaulouis ging allen voran die Treppe hinauf, die zu Pierre Galines Zelle führte. Dieser war in letzter Zeit ebenso häufig besucht worden wie eine heilige Reliquie und rührte sich deshalb kein bißchen, als der kleine kreisförmige Raum, in dem er seit zwei Wochen dahinvegetierte, sich mit Menschen füllte.
    Wie alle, die dafür gezahlt hatten, ihn sehen zu dürfen, war Justinien enttäuscht darüber, daß Galine völlig normal aussah. Er war mittelgroß, hatte nichts Auffälliges an sich, sein Blick war ausdruckslos, nichts an ihm deutete darauf hin, daß er ein solches Verbrechen begangen hatte.
     
    Jacquot und Lucien räumten die Holzbarrieren beiseite, mit denen man des Stroms der Neugierigen Herr geworden war (»Wenn man sie gelassen hätte, hätten sie ihm sämtliche Haare ausgerissen, um sich daraus einen Zaubertrank zuzubereiten.«), Bredin und sein Vater entfernten die Schäkel aus den Ketten, die um seine Gliedmaßen und den Hals lagen, dann befahlen sie ihm, sich auszuziehen.
    »Dein Hemd kannst du anbehalten.«
    Mit abwesendem Gesichtsausdruck, so als ob er in Gedanken mit etwas beschäftigt sei, was nichts mit seiner derzeitigen Lage zu tun habe, gehorchte Galine wortlos.
    »Du kannst dir die Sachen nehmen«, sagte Beaulouis zu Justinien und deutet dabei auf das Wams, die Oberschenkelhose, die Strümpfe und Schuhe des Verurteilten. »Bis auf das Hemd, das er wegen der Schicklichkeit anbehalten muß, geht alles, was ihm gehört, in den Besitz des Henkers über. So ist es Gesetz.«
    Bei dem Wort »Henker« drehte Galine den Kopf zu dem jungen Mann, und wie bei allen anderen verweilte auch sein Blick auf Justiniens Nase. Dieser schlug die Augen nieder. Er rührte den Kleiderhaufen, der sich auf dem Boden angesammelt hatte, nicht an.
    »Beeil dich gefälligst«, knurrte der Hauptmann der Miliz.
    »Los! jetzt bist du dran, du kannst ihn fesseln«, meinte der Schließer.
    Justinien, der Galines Blicken auswich, packte die von den Ketten wundgescheuerten Handgelenke, band sie ihm auf dem Rücken zusammen und zog die Knoten ordentlich fest.
    Man hörte das eilige Geklapper von Sandalen auf der Treppe. Ein Mönch aus dem Orden der Barmherzigen Brüder, der unter seiner Kutte schweißgebadet war und ein Kruzifix in Händen hielt, das fast genauso groß war wie er, erschien im Kerker.
     
    »Ich bitte Euch tausendmal für meine Verspätung um Entschuldigung, aber es drängt sich eine riesige Menschenmenge vor dem Kerker, so daß ich schon dachte, man würde mich nie hindurch lassen.«
    Der Hauptmann reagierte äußerst ungehalten.
    »Allmächtiger, ich dachte, er hätte schon gebeichtet. Wir werden noch zu spät kommen!«
    Galine kniete vor dem Kruzifix nieder, sein Gesichtsausdruck war jetzt noch abwesender.
    Beaulouis, seine Söhne und Justinien gingen auf den Gang hinaus. Der Hauptmann blieb an der Schwelle des Kerkers stehen, trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen und trommelte gegen die Klinge seines Rapiers.
    »Könnte man ihn nicht losbinden«, erkundigte sich der Barmherzige Bruder, »zumindest für die Zeit der Beichte?«
    »Nichts da, es geht auch so! Dieses

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