Die rechte Hand Gottes
ihm Papa Martin erteilt. Er hatte dabei einen Knüppel benutzt, um ihn in die Handhabung des Entermessers einzuweisen, denn das war die einzige Waffe, die er beherrschte.
Er köpfte einige Klatschmohnblüten und machte sich dann an die Disteln. Obgleich die Waffe leicht war, ermüdete sein Arm schnell, da er eine solche Anstrengung nicht gewöhnt war. Er streifte die Klinge an seinem Ärmel ab und schob sie vorsichtig zurück in die Scheide.
Alle Reisenden, die über die Kreuzung kamen, erkundigten sich bei den Arbeitern, was dieser Aufruhr zu bedeuten habe. Einer von ihnen, ein Kurzwarenhändler vom Land, beugte sich über die Rüstleiter und riß ein Stück vom Hemd des Toten ab.
Der Offizier der Miliz maßregelte ihn vom Dolmen aus:
»Laß das auf der Stelle los, du Schurke, und zieh deines Weges.«
Dann wandte er sich an Justinien, der auf seinem Bretterstapel vor sich hinträumte und rief ihm zu:
» Es ist Euer Toter. Ihr müßt ihn bewachen! «
Justinien ging auf den Hausierer zu, der seine Ware auf den Rücken gebunden hatte.
»Warum tust du etwas so Abscheuliches?« fragte er ihn und deutete dabei auf den blutbefleckten Stoffetzen, den er in der Hand hielt.
»Ich kenne Leute, die daraus einen Talisman anfertigen und die für diese Art von Ware bezahlen.«
»Wenn das so ist, kannst du ihn behalten, aber du mußt mir etwas dafür zahlen ... Sagen wir.. . Ich weiß nicht... Sagen wir zehn Sols, das ist nicht teuer.«
»Bei allen pockennarbigen Mönchen! Zehn Sols, bei meinem Allerwertesten! Warum sollte ich einem Taugenichts wie dir etwas bezahlen?«
»Weil ich der Henker von Bellerocaille bin und der Tote mir gehört.«
Der Hausierer ließ den Stoffetzen zurück in den Wagen fallen und machte sich eiligst auf den Weg nach Millau ...
Einige Augenblicke später kam er zurück und drehte seine Runde um den Dolmen, was er zuvor in der Eile vergessen hatte.
Bald fanden sich die Raben wieder auf der Rüstleiter des Karrens ein. Die Zeit verging.
Nachdem Galines Leichnam verschwunden war, hatten auch die Neugierigen den Place du Trou verlassen. Als Maître Calzins und seine Leute ankamen und sich daran machten, das Schafott abzubauen, kamen sie zurück.
Ein Knebelspießträger kam aus dem Amtsgebäude und verständigte den Zimmermann, daß der Prévôt ihn in seinem Büro erwartete.
Foulques war ausnehmend schlecht gelaunt. Der Besuch des Waffenschmiedes Favaldou und seine unglaublich hohe Kostenaufstellung hatten ihn vollständig ermüdet.
»Wie weit sei Ihr mit den Arbeiten, Maître Calzins?«
»Wir kommen gut voran. Wenn uns Euer Henker nicht in unvorhergesehener Weise dazwischen kommt, werden wir rechtzeitig fertig sein.«
» Schluß damit! Ich wiederhole, daß dieser junge Mann ab jetzt unser Scharfrichter ist und alle Rechte genießt, die mit
seinem Amt verbunden sind. Ich empfehle Euch im übrigen, aufmerksam die Charta zu lesen, die wir in der Stadt haben aushängen und verlesen lassen. Vor allem den Absatz über das Recht, direkte Abgaben zu erheben, und denkt daran, wenn Ihr Eure Kostenaufstellung macht.«
»Was hat das zu bedeuten? Ich verstehe Euch nicht, edler Prévôt.«
» Der Baron hat soeben beschlossen, daß die beachtlichen Kosten, die durch die Schaffung dieses Amtes entstehen, zum Teil von der Gilde mitzutragen sind.«
Die Gilde war ein Zusammenschluß der Kaufleute und Handwerker von Bellerocaille. Sie war so mächtig, daß der Baron keine Steuer erlassen konnte, ohne sich zuvor mit ihr zu beraten.
»Diesem Erlaß wird die Gilde niemals zustimmen.«
» Sie wird zustimmen, wenn die Auflistung der verzeichneten Gewinne, die seit der Gefangennahme von Pierre Galine erzielt wurden, verlesen wird.«
Der Amtsdiener betrat das Zimmer und verkündete, daß der Wirt Sébrazac im Vorzimmer warte.
»Was will der denn noch von mir?«
» Ich glaube, es geht um eine Kostenaufstellung, edler Prévôt.«
»Er soll noch warten!«
Foulques ging um seinen Schreibtisch herum auf den Zimmermann zu, der durch das Fenster beobachtete, wie seine, Leute die Treppe des Schafotts abbauten.
»Was glaubt Ihr, wann die Behausung für den Scharfrichter fertig sein wird?«
» Morgen nachmittag, edler Prévôt.«
» Und wie lange braucht ihr, um das Schafott wieder aufzubauen?«
»Etwa drei Stunden.«
»Sehr gut. Baut es an der Kreuzung der Quatre-Chemins wieder auf. Es ist groß genug, um eine ganze Kompanie von Drachen unterzubringen, es müßte als vorübergehende Behausung für
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