Die rechte Hand Gottes
bereitstehen, wenn ich es verlasse.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, kehrte der dem Besitzer des Mietstalls Calmejane den Rücken und ging, noch immer von seiner Eskorte begleitet, mit entschlossenem Schritt zum Place du Trou.
Ehe der Amtsdiener ihn in Foulques Amtszimmer führte, deutete er auf die Eisenstange, die an der Wand lehnte, und sagte:
»Vergeßt sie nicht, wenn Ihr geht! Auu! «
Verzeiht sagte Justinien, der ihn aus Unachtsamkeit mit seinem Rapier angestoßen hatte.
Foulques saß mit sorgenvoller Miene in seinem Zimmer und schrieb (er mußte schließlich drei zum Tode Verurteilte finden).
»Stimmt es, edler Prévôt, daß Ihr mir das Schafott als Unterkunft zugedacht habt?«
»Warum nicht? Es bietet vorübergehend Schutz, und spätestens übermorgen, also am Freitag, wird Eure Dienstbehausung fertiggestellt sein.«
»Wäre es nicht anständiger gewesen, mich vorübergehend in einem Zimmer der Herberge >Au Bien Nourri< unterzubringen?«
»Lest Eure Charta noch einmal, edler Scharfrichter. Sie ist in dem Augenblick in Kraft getreten, da man sie Euch überreicht hat. Ihr könnt nicht innerhalb der Stadtmauern nächtigen, ohne gegen sie zu verstoßen.«
»Gut, so sei es. Jetzt werde ich mich mit Eurer Erlaubnis
auf die Suche nach einem Strohsack machen und nach einigen Dingen, um mich einzurichten.«
»Aber bitte, edler Scharfrichter, aber bitte. Doch mäßigt künftig Euren aufwendigen Geschmack. Wenn ich nach diesen Kostenaufstellungen gehe, dann schuldet Ihr uns schon mehr als fünfeinhalb Jahre Eures Lohns.«
»Das ist doch klar, edler Prévôt. Da ich nichts besitze, brauche ich alles. So zum Beispiel auch ein Pferd ... Warum? Ich wohne schließlich so weit von der Stadt entfernt, daß ich es brauche, um mich in meinen grauenerregenden roten Kleidern zeigen zu können.«
»Das werden wir später sehen. Alles zu seiner Zeit. Beschränkt Euch im Augenblick auf das Notwendigste. Für den Rest werden wir später sorgen... Warum lächelt Ihr?«
»Habt Ihr mir nicht versichert, daß meine Behausung übermorgen, also am Freitag fertiggestellt sein wird?«
»Das habe ich gesagt.«
»Heute ist also Mittwoch?«
»Ja... bis es Mitternacht schlägt. Aber worauf wollt Ihr hinaus?«
Justinien faltete die Abschrift seiner Charta auseinander und verlas mit dröhnender Stimme den Absatz, in dem es um die Tage der direkten Abgabe ging: Montag, Mittwoch, Samstag. » Ich werde also die direkten Abgaben eintreiben. Mit Verlaub, edler Prévôt, darf ich Euch vorschlagen, daß mir ein Ausrufer vorangeht und den Kaufleuten die Charta vorliest? ... Vielleicht wäre es auch nicht unnütz, mein Geleit zu verdoppeln. Es wäre auch gut, wenn mich ein Gerichtsdiener begleiten würde, um Protokoll zu führen, für den Fall, daß mir die Abgabe verweigert wird.«
Der Prévôt Henri de Foulques begriff, daß er diesen jungen Dieb mit der Holznase gründlich unterschätzt hatte. Als dieser das Amtsgebäude mitsamt einem Ausrufer und seiner Trommel, einem Gerichtsdiener mit weißem Kragen, einem Hauptmann der Miliz und einem vierfachen Geleit verlassen hatte, wies er seinen Sekretär an, ihm die Akte des Justinien Pibrac zu holen.
Kurz vor Sonnenuntergang begaben sich die Arbeiter und ihr Meister nach Bellerocaille zurück und ließen Justinien allein in Gesellschaft seines Mietpferdes und der entstellten Leiche von Pierre Galine zurück. Nicht einer von ihnen wünschte ihm eine gute Nacht, und als der letzte Karren hinter der Pappelreihe am Ufer verschwunden war, wurde dem jungen Mann schwer ums Herz. Er ging zu der Kreuzung hinüber und dachte an die herumirrenden Hunde und die Wölfe, die bald von dem Aas angezogen werden würden.
Die Grillen, die das Gelärme der Menschen vertrieben hatte, waren zurückgekommen und holten die verlorene Zeit nach, während Hunderte von Staren in engen Reihen über den Himmel flogen. Wolken kamen auf.
Justinien kletterte auf den Dolmen und warf einen Blick auf die umgepflügte Kreuzung. Die Luft duftete nach dem frischgeschnittenen Gras, wenn nicht gerade eine Laune des Windes den Gestank des Kadavers zu ihm herübertrieb. Man hatte drei Ar vom Gestrüpp freigelegt und großenteils auch die Steine abgesucht, zwei von vier Galgenbalken ragten in die Luft und boten einen Anblick, der bis jetzt noch nicht sonderlich gefährlich anmutete.
Die Ausmaße seiner künftigen Behausung waren mit Kordeln abgesteckt, die zwischen Pfählen gespannt waren. Etwas weiter, zu
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