Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die rechte Hand Gottes

Die rechte Hand Gottes

Titel: Die rechte Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Folco
Vom Netzwerk:
unseren Scharfrichter ausreichen.«
    Justinien lehnte an dem Bretterstoß und träumte, daß er soeben Baldo im Einzelkampf aufgespießt hätte und sich jetzt daran machte, Vitou ein ähnliches Los zu bescheren (Mouchette, die mit Ketten an einen Baum gefesselt war, wartete, bis sie an der Reihe war.) Plötzlich weckte ihn das Rumpeln der Räder auf dem Weg. Er stand ernüchtert und mit schwerem Kopf auf. Im Schlaf war sein Hut zur Seite gerutscht, und seine linke Wange war von der Sonne verbrannt. Er sah, daß sich der vollbeladene Karren des Zimmermanns näherte. Ihm folgte ein Zug Neugieriger, den der weite Weg bis zur Kreuzung der Quatre-Chemins nicht abgeschreckt hatte. Schon näherten sich die ersten dem von Raben belagerten Wagen und schielten auf das Hemd des Toten. Die Raben flogen davon. Der Offizier der Miliz erhob sich, seine Männer unterbrachen ihr Spiel und griffen zu den Lanzen.
    Justinien ging auf die Leute zu, während er seine schmerzenden Schläfen massierte.
    »Zurück, übles Gesindel! Laßt den Toten in Frieden! «
    Die Leute erkannten ihn und traten zurück, jedoch nur einige Schritte. Und da es in der Natur aller ehrbaren Leute lag, beim Anblicke dessen zu erzittern, der durch das Gesetz ermächtigt war, ihresgleichen zu töten, erzitterten auch sie.
    Justinien baute sich vor Calzins auf, der das Abladen des Schafotts überwachte, und machte sich ein weiteres Mal unbeliebt, indem er einige der Männer aufforderte, den Mast aufzurichten und dann das Rad und den Körper daran zu befestigen.
    » Sie werden dieses Ungeheuer nicht anrühren! «
    »Sie werden das tun, was ich ihnen zu tun befehle, sonst wird der der anwesende Offizier der Miliz eingreifen.«
    Während einer der Erdarbeiter ein Loch für den Mast grub, ging Justinien wieder zu dem Toten und dem Kreis der Neugierigen, die erneut näher gekommen waren. Eine Frau wagte es als erste, das Wort an ihn zu richten.
    »Ich zahle Euch einen Sol, wenn Ihr mich ein Stück von seinem Hemd nehmen laßt.«
     
    Während sie sprach, legte sie das Geldstück in seine Hand. Justinien zögerte nur kurz.
    »Für einen Sol gibt es aber nur ein kleines Stückchen.«
    Sogleich streckten sich ihm andere Hände, die Geldstücke hielten, entgegen. Er nahm sie alle an und zerteilte selbst das Hemd des Kochs mit seinem Messer. Es dauerte nicht länger als dreißig Vaterunser, und das Hemd war vollends verschwunden. Und bald hing ein Galine, nackt wie am Tag seiner Geburt, zwei Meter über dem Boden auf dem Rad.
    Die Raben kamen zurück.
    Barhäuptig und ohne sich weiter um die Sonne zu kümmern, trug Justinien seinen Hut, der zur Hälfte mit Geldstücken gefüllt war, zu seinem Bretterstoß, wo er sich daranmachte, sie zu zählen. Dabei teilte er die Silbersols, die Liards und die Kupferhardis in kleine Häufchen. Die Höhe der gesamten Summe erstaunte ihn. Einhundertundzehn Sols! Fünfeinhalb Pfund, genug, um mehr als ein Dutzend Hemden zu kaufen!
    » Ich hätte kleinere Stücke machen sollen! « sagte er sich.
    Inzwischen wurde zehn Klafter von dem künftigen Galgen entfernt dieser war mittlerweile fast fertiggestellt - das Schafott mit kräftigen Hammerschlägen wieder aufgebaut.
    » Ist das denn nötig? Wäre es nicht besser, es abgeschlagen aufzubewahren?« fragte Justinien Calzins, der ihm boshaft zulächelte.
    »Das war ja auch meine Meinung, bis mir der edle Prévôt erklärt hat, daß er es als Behausung für Euch vorgesehen hat, bis die Eure endgültig fertig ist.«
    Da Justinien spürte, daß ihn alle beobachteten, zwang er sich, vollkommen ungerührt zu bleiben.
    »Ein Schafott als Unterkunft für einen Henker, das ist doch vollkommen natürlich! Ich werde also in die Stadt gehen und mir das nötige Mobiliar beschaffen, ehe es Nacht wird.«
    Er holte sein Maultier, spannte es vor den Karren und machte sich auf den Weg nach Bellerocaille, und er unterließ es bewußt, die Runde um den Dolmen zu machen. Als erstes
    übergab er den beschädigten Karren und das Maultier wieder ihrem Besitzer. Als dieser beim Anblick der zerbrochenen Bodenbretter zornig das Gesicht verzog, schnitt ihm Justinien knapp das Wort ab:
    »Erspart mir Euer Gejammer und gebt Euch damit zufrieden, Eure Kostenaufstellung zu erhöhen ... Das hättet Ihr ja ohnehin getan. Dann weist Eure Reitknechte an, mir einen neuen Karren bereitzustellen. Und diesmal will ich ein Pferd und keinen hundertjährigen, starrköpfigen Maulesel. Beides soll vor dem Amtsgebäude des Prévôt

Weitere Kostenlose Bücher