Die Regentin (German Edition)
zwei Scheibenfibeln aus Goldblech zusammengehalten und in der Leibesmitte mit einem geknoteten Ledergürtel geschlossen.
»Du bist so schön, meine Königin!«, rief Gertrude stolz.
»Nenn mich nicht so«, murmelte Bathildis, »noch bin ich’s nicht.«
Indessen Gertrude ihr die Haare zu sechs Zöpfen flocht und mit gleichfalls roten Bändern schmückte, ihr die Haube an Kugelkopfnadeln festmachte und darüber einen hüftlangen Schleier aus roter Seide legte, der mit großen Fibeln am Mantel festgehalten wurde, kam sie kurz zu sich, die eigenen Worte überdenkend und ebenso, ob es noch eine Möglichkeit gab, dem Geschick zu entrinnen.
Erchinoalds Worte hatten ihr verheißen, dass es keine gab, doch das hatte sie nicht hinnehmen wollen, hatte vielmehr mit dem König zu streiten und seinem Willen ihren eigenen entgegenzusetzen versucht. Doch er, der lange Wochen in ihrer Gesellschaft verbracht hatte, verwehrte ihr diese nun, sperrte sich in seinem Zimmer ein und überließ es Ebroin zu bekräftigen, was der Major Domus ihr bereits gesagt hatte.
Chlodwig wollte sie zum Eheweib; unverrückbar wäre diese Entscheidung.
»Nun?«, hatte Ebroin gegrinst, als gelte es zu feiern, dass sie ihr gemeinsames Ziel erreicht hätten.
»Ich tue es nicht«, hatte Bathildis steif gesagt, »ich heirate ihn nicht.«
»Hör auf mit diesem dummen Spiel«, lachte Ebroin. »Und falls du’s ehrlich meinst – aus welchem widersinnigen Grund auch immer: Bedenke, dass eine Sklavin aus dem Nichts, die sich dem Willen des Mächtigsten widersetzt, den nächsten Morgen kaum erleben wird...«
Bathildis erschrak, bedachte, dass sie sich gegen Aidan womöglich mehr versündigte, wenn sie sich schlachten ließ, anstatt einen anderen zu heiraten. Gewiss, sie hatte auch an jenem Abend, da sie das erste Mal in Chlodwigs Nähe kam, den Tod herausgefordert. Doch damals blieb als einzige Möglichkeit neben dem Sterben ein Leben im Dreck. Jetzt hingegen winkteeines in höchsten Ehren, und während sie Ebroin musterte, schlichen sich erstmals verräterische Gefühle in den dumpfen Widerstand: Erleichterung, dass niemand sie mehr in die Asche verbannen konnte. Gier nach Schönheit und Sauberkeit und Reichtum. Stolz, dass es ihr gelungen war, solchen Einfluss über den Mächtigsten zu gewinnen, sein Gemüt derart zu beeindrucken.
Ich hätte es nicht besser treffen können, ging ihr durch den Kopf. Sie lachte auf, schrill wie es sonst nur Ebroin tat – und wieder erschrak sie, diesmal nicht über die Aussichtslosigkeit ihres Geschicks, sondern über die eigene Bereitschaft, sich diesem allzu gerne zu fügen.
Es war dies die letzte Anwandlung eines Gefühls für die nächsten Tage; sie leugnete es rasch und schlüpfte hinter ihren Schleier aus Dumpfheit und Schwermut, um dahinter sämtlicher Überlegung davonzuschlafen.
»Die Wollstrümpfe«, holte Gertrude sie zurück in die Wirklichkeit.
Bathildis starrte sie verständnislos an, ehe sie begriff. Ja, die Wollstrümpfe. Alles Schritt für Schritt hinter sich bringen. Sich setzen, damit die Strümpfe an den Lederbändern festgebunden werden konnten; hernach in die Schuhe, gleichermaßen aus Leder, schlüpfen; die silbernen Verschlüsse schließen; die Ketten umlegen: aus buntem Glas und Bernstein. Und dann Gertrude nach draußen folgen.
Sie übergab sich deren Willen ganz – und dem der anderen, die genau wussten, was bei einem Verlöbnis zu tun war. Voll von Menschen war der Saal – derselbe, in dem sie Chlodwig das erste Mal gesehen hatte. Sie waren gekommen, um die Verlobung zu bezeugen, darunter auch die Notare, die auf einem Bogen Papyrus das Libellus dotis festhielten, die Gaben, die der künftige Bräutigam seiner Frau überschrieb und die, selbst im Falle, dass die Verlobung gelöst werden sollte, in ihrem Besitz bleiben würden. Kleider und Schuhe waren es bei den armen Leuten,Rinder-, Schweine- oder Schafherden bei Reicheren, Villen und Sklaven schließlich bei den Adeligen. Noch großzügiger fielen die Gaben des Königs aus, gleichwohl Bathildis die Worte des Notars, der diese benannte – Ländereien in der Nähe von Paris, zwischen Thorigny und Lagny gelegen, zu denen Weinfelder und Gärten, Farmen und Wälder gehörten –, kaum beachtete. Es war dies nicht alles, was Chlodwig ihr übergab – desgleichen wurde ihre Zukunft mit dem Brautschatz, der Arrha puellae, gesichert.
Danach übergab Chlodwig ihr einen Goldring, den Annulus fidei, den ein großer Kirchenlehrer als das Zeichen
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