Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
Vom Netzwerk:
noch Ansehen erringen!
    Und doch straffte sie die Schultern, starrte so lange auf die Umstehenden zurück, bis jene schamhaft das Glotzen ließen, und behielt den Schuh an. Sie hätte aufschreien mögen vor Schmerz, aber verbiss sich jeden Laut, hob stattdessen den zweiten Fuß, um auch jenen mühsam einzuzwängen – was noch unangenehmer war, weil sie hierfür auf dem anderen Bein balancieren musste.
    Als sie es geschafft hatte, wagte selbst Itta nicht mehr, sie herausfordernd anzustarren. Nur Chlodwigs Blick verblieb auf ihr, zärtlich, anerkennend, wiewohl sie nicht mit Gewissheit sagen konnte, ob er das Missgeschick überhaupt bemerkt hatte. Sie war zu sehr damit beschäftigt, gefasst die Schmerzen zu ertragen, dass sie sich nicht rechtzeitig gegen die Zuneigung wappnen konnte, die sie bei seinem Anblick überlief. Die Verachtungfür ihn, bis zu diesem Augenblick ein tiefer, schwarzer Tümpel, zerrann zum klaren Bächlein, das zu kraftlos war, um schwere Brocken wie lebenslangen Hass und Rachsucht mitzuspülen.
    Jetzt war sie es, die die Augen niederschlug.
    Gottlob, dachte sie, um damit den Hauch von Rührseligkeit zu zerstreuen, gottlob bluten meine Füße nicht.
    Nach dem Ende der Verlobungszeremonie, die – wie die Sitten vorschrieben – in die Dämmerung eines Donnerstags hineinreichte, wurde ein ganz ähnliches Fest gefeiert wie an dem Tag, da Bathildis das erste Mal vor den König getreten war.
    Sie bemerkte keine wesentlichen Unterschiede – nur dass das Orchester viel größer war als beim letzten Mal und dass unter den Bediensteten, die die Speisen servierten, auch solche waren, die einst Sklaven wie sie gewesen waren, zum Anlass dieser besonderen Eheschließung jedoch die Carta erhalten hatten, den Freilassungsbrief, Als Zeichen dafür trugen sie stolz eine runde Haube. Neu war auch, dass sie selbst an des Gatten Seite auf dem Speisesofa lag.
    Jener aß maßvoller als damals. Einzig mit einem Weinkelch in der Hand, von dem er freilich auch nur wenige Schlucke nahm, ließ er sich von seinen Nächsten beglückwünschen.
    Fast alle sahen sie über Bathildis hinweg, denn ganz gleich, was der König an ihr finden mochte – noch war nicht erwiesen, dass es sich auf lange Sicht lohnen würde, sich ihr anzudienen.
    Einzig Ebroin kannte dieses Zögern nicht. Er beugte sich nieder, ihre Hand ergreifend, die noch schlaff auf dem Schoß lag. Kaum wusste sie, was ihr geschah, da spürte sie den Griff seiner Finger. Schweißnass und zittrig.
    Was ließ er sie nicht endlich in Ruhe, wo er sein Ziel erreicht hatte?
    Als ahnte er den Ärger, ließ er sie wieder los, doch wollte er nicht darauf verzichten, das besondere, von ihr niemals bejahte Bündnis zwischen ihnen zu bekräftigen. Noch tiefer ging er indie Knie – ihr gleichen Respekt bekundend, wie es Erchinoald vor einigen Tagen getan hatte. Der Anblick, obgleich doch nichts als Gehorsam verheißend, deuchte sie überheblicher als jede Pose, die sie an dem Rotäugigen, Weißgesichtigen jemals erschaut hatte. Schwer fiel es ihr, gegen das Verlangen anzukämpfen, ihm den spitzen und zu engen Schuh, den sie noch tragen musste, in die Magengegend zu rammen. Nicht länger als schlafwandlerische Fremde erlebte sie den Abend, sondern als sie selbst.
    »Nun«, begann er raunend und blies sie mit seinem heißen Atem an, »nun also, da du bald Königin bist – durch deinen Mut und meine Hilfe: Auf welche Weise werden wir uns wohl ergänzen? Wie wird es uns gelingen, gemeinsam dem König zu dienen, was heißt, dass wir ihn unterstützen in allem, was er tut? Welche Ziele hegst du?«
    Er verharrte länger vor ihr, als es üblich war, und immer noch kämpfte sie mit dem gewaltsamen Wunsch, ihn irgendwie zu schlagen, in die Magengegend, ins Gesicht, sich dafür zu rächen, dass er nicht nur eine Zukunft ansprach, sondern sie verführen wollte, diese auch tatkräftig in die Hand zu nehmen – desgleichen wie Ittas Bösartigkeit sie dazu gezwungen hatte, ihre Würde als Königin zu verteidigen. Oh, wie gerne hätte sie in Wahrheit darauf verzichtet!
    »Ich wüsste nicht«, bekannte sie trotzig, »was dich, Ebroin, und mich jemals an gemeinsamem Trachten vereinen könnte.«
    Sein von Natur aus weißes Gesicht schien zu erblassen, wiewohl er sein Lächeln nicht aufgab. Indessen sie noch mit sich rang, ob sie weitere vernichtende oder doch besser versöhnliche Worte anfügen sollte, näherte sich eine Gestalt von hinten. Ebroin sprang wendig auf seine Füße.
    »Gertrude!«,

Weitere Kostenlose Bücher