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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Kopf nach vorne und stützte sein Kinn auf seine Brust.
    »Ich habe dich belogen, Bathildis, ich habe dich belogen ... nein, nicht wirklich belogen. Ich habe dir die Wahrheit vorenthalten. Ich habe es dir einfach nicht gesagt.«
    Begütigend neigte sie sich vor, um den Speichel abzuwischen, der ihm aus dem rechten Mundwinkel troff, sämig und farblos.
    »Nicht!«, wehrte er sie erneut ab. »Ich muss es dir sagen!«
    Jetzt erst ging ihr auf, dass sie nicht das wirre Gerede eines Fiebernden zu erwarten hatte, sondern ein echtes Geständnis. Unwillkürlich spannte sich ihr ganzer Körper, als erwarte er einen Schlag – doch als er weitersprach und einen Namen nannte, so war sie doch gänzlich unvorbereitet auf das, was sie da in die Magengrube traf und ihr den Atem nahm.
    »Aidan...«, sagte Chlodwig. »Aidan ... so hieß er doch, der Mann, dem du versprochen warst. Du hast nach ihm fragen lassen, erinnerst du dich? Am Tage nach der Hochzeit, jener Mönch, der einen Jüngling aus deiner Heimat hierher an den Hof begleitet hat ... und ich ... ich war so erzürnt.«
    Er kniff gequält die Augen zusammen – entweder aus Reue oder aus Schmerz.
    »Nun, es ist Nachricht gekommen damals«, murmelte er verlöschend. »Jedoch hab ich sie dir verschwiegen. Und sie besagt, dass jener Aidan, der Sohn Ricberts, sich aus den Händen der Männer aus dem Norden befreien konnte ... Er ist zurückgekehrt in seine Heimat, an den Hof des Königs von Northumbrien; er ist seinem Vater als Fürst gefolgt, dies war doch dessen Stand, oder?«
    Er schien keine Antwort zu erwarten, und er sagte auch kein weiteres Wort mehr. Er sah ihr nicht ins Gesicht – genauso wenig wie er damals gewagt hatte, sie anzublicken, als er ihre Heimreise verboten und sie zurück an den Hof geholt hatte, auf dass sie seine Gattin werde.
    Weil er ein Feigling ist, ging Bathildis durch den Kopf.
    Es war ein nüchterner Gedanke; er verband sich nicht mit dem dumpfen Wüten in ihrem Magen, das jener Schlag ausgelöst hatte und das, zu ihrem eigenen Erstaunen, nach Entsetzen schmeckte, obschon seine Worte doch größtes Glück verheißen sollten.
    Ihre Lippen wurden so taub wie in jener Stunde, da man den verletzten Chlodwig in den Hof getragen und sie sogleich geahnt hatte, dass er sterben würde.
    Trotzdem versuchte sie, ruhig zu atmen, denn ganz gleich, was da in ihr wütete und warum – der König sollte es nicht sehen. So sollte er nicht sterben.
    »Es ist gut«, flüsterte sie, ohne zu zittern, wiewohl sie meinte, die Nachricht müsste sie zerreißen.
    Er lächelte flüchtig. »Bitte...«, kam es stockend, »bitte... versprich mir: Du darfst nicht zurück in deine Heimat gehen. Unsere Söhne sind klein. Du musst um ihre Rechte kämpfen, um ihre Zukunft.«
    Immer noch hielt er seinen Blick von ihr abgewandt. Das machte es ihr leichter, sich gefasst zu geben.
    »Sei beruhigt. Ich kenne meine Pflicht«, sprach sie.
    »Nein, nein«, begehrte er auf, »ich will nicht, dass du von Pflicht sprichst. Ich will dich nicht dazu zwingen.«
    Sie nickte. Kaum merklich war ihre Hand zum Bettpfosten gewandert und stützte sich darauf. Erst jetzt merkte sie, wie ihre Knie zitterten, wie sie nachzugeben drohten.
    Nicht jetzt, mahnte sie sich, nicht jetzt, nicht jetzt.
    »Du zwingst mich nicht«, erklärte sie ruhig. »Was könnte mir ein ferner Bräutigam bedeuten? Ich kann mich nicht einmal an sein Gesicht erinnern. Meinen Söhnen aber will ich dienen, von ganzem Herzen und mit ganzer Kraft.«
    Während die Worte von ihren Lippen perlten, wusste sie nicht, ob sie log oder die Wahrheit sprach. Nur erleichtert war sie, erleichtert, dass die Macht des nahenden Todes von ihr verlangte, sich ganz zu unterwerfen, ihr Trachten einzig danach auszurichten, was gut für ihn... den Sterbenden war, ihr eigenes Denken und Fühlen zurückzustellen.
    »Ich danke dir.«
    Seine Lippen bewegten sich noch, doch seine Stimme war nicht mehr hörbar.
    »Und Chlodwig...«, setzte sie hinzu, »zu Beginn unserer Ehe habe ich gehadert – mit dir und meinem Geschick, das ich so wenig lenken konnte. Doch ich hege längst keinen Groll mehr gegen dich. Ich bin stolz darauf, deine Königin zu sein. Ich liebe dich. Ich liebe dich.«
    Sie wusste kaum, was sie da sprach. Jedoch gewahrte sie, wie seine Züge sanft wurden, wie die Leere und Traurigkeit, die nie gänzlich aus seinem ansonsten doch so kindlichen Blick geschwunden waren, sich verflüchtigten.
    »Die Stimmen sind stumm«, murmelte er, und jetzt sah

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