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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Hoffnung und Interesse.
    Sie wusste nicht genau, was diese zu nähren begonnen hatte. Vielleicht war es, dass der Körper sich an die harte Arbeit gewöhnt hatte. Vielleicht auch, dass Oda, die stämmige, kleinäugige Frau, Zutrauen in ihre Kräfte und ihren Gehorsam hatte und irgendwann nicht minder bereitwillig schwatzte als Gertrude und sowohl vom eigenen Leben zu berichten hatte (während einer Hungersnot war sie von den verarmten bäuerlichen Eltern auf dem Sklavenmarkt verkauft worden, damit man sich wenigstens ein Schaf hatte leisten können) als auch vom Königshof.
    Schließlich war es auch der Frühling, der alle Schwere milderte.
    Als der Schein der Märzsonne das Land erweckte, wurden die Arbeiten zwar nicht weniger aufreibend, jedoch in ein farbigeres Bild gesetzt.
    Anfangs trugen die Wiesen ein löchriges Kleid aus abgestorbenem Gras und brauner Erde. An manchen Stellen war der Boden aufgerissen, als würde die Unterwelt misstrauisch ins Erblühenblicken; doch schließlich begann es lebhafter zu grünen, und der tote Boden schrumpfte zu schmalen Streifen, als hätte sich nur ein einzelner Faden aus dem ansonsten bunten Gewebe gelöst.
    »Das Weben und Spinnen wollen wir jetzt sein lassen«, entschied Oda an einem der launig-schwülen Tage. »Nun habe ich für dich anderes zu tun.«
    Nichts von dem, was sie ab jetzt zu leisten hatte, war Bathildis bekannt. Fisch hatte sie zwar im Kloster oft gegessen, niemals aber hatte sie selbst welchen konserviert. Nun lernte sie, wie er zu entgräten war, wie die einzelnen Teile in ein Fässchen gelegt, mit Petersilie vermischt und hernach mit Essig übergossen und in frischer Erde eingegraben wurden. Am Ende des Tages stanken ihre Hände zwar, als habe die eigene Haut Schuppen bekommen, aber es war ihr doch angenehmer, als im kalten Wasser zu waschen.
    Noch vieles andere gab es zu tun – gleich in welcher Residenz sie weilten: Da wurden Leinsamen angebaut und Flachs, Ziegen wurden gemolken und daraus Käse hergestellt, Honig wurde aus dem Bienenhaus geerntet und Bier gebraut – die Männer pflügten und säten indessen und ernteten schließlich, errichteten Zäune, brachen Steine und rodeten den Wald.
    Der Sommer wurde Bathildis noch lieber als der Frühling. Die meisten Arbeiten fanden nun im Freien statt, wo sie sich wohler fühlte, sich dem Trugbild hingeben konnte, sie wäre nicht gefangen. Oda, noch wohlwollender gestimmt, weil Bathildis schweigsam ihrem Tagwerk nachging und keinen Unfrieden zwischen den Weibern stiftete wie manch andere, gab ihr Arbeiten zu tun, die ihr besonders lieb waren: Mal musste sie im Wald Beeren sammeln, mal Pilze. Mal gab es Kirschen zu ernten und später, als sich das Laub gelblich zu verfärben begann, auch Pflaumen. Jene wurden dann im Backofen gedörrt und in Asche oder Haferspreu eingelegt.
    So ging der Juni vorüber, den man hier im Frankenreich Brach-manohnannte, weil es der Monat des Ackerbaus war, sodann der Heumonat – Heuvinmanoh –, der Juli, und es folgte ein weniger drückender, aber noch immer schwüler August, nach der Ernte Aranmanoh genannt.
    Den September schließlich, den Monat des Waldes, verbrachte Bathildis meist dort, wovon dessen Name kündete – unter den hohen Bäumen und im Gebüsch, wohin man die Schweine trieb und dort beaufsichtigen musste, indessen sie sich mit Eicheln und Bucheckern den Magen vollschlagen konnten und solcherart rund und fett für das Schlachten wurden. Von diesen Tagen kehrte sie oft mit einem Korb auf dem Buckel heim, der voll von Laub war, welches im Winter als Streu für die Viehställe verwendet werden würde.
    Einmal blieb sie in diesen abendlichen Stunden stehen, anstatt zu den Wirtschaftsgebäuden zu hasten, betrachtete die abgeernteten, bronzen leuchtenden Felder, die grünen Sträucher, um die Mückenschwärme tollten, und den geröteten Himmel, der manchmal von schwarzen Punkten zerzaust wurde – von Schwalben oder Fledermäusen. Sie befand sich, so wie es schon früher für einige Wochen des Spätsommers vorhergesagt worden war, auf Erchinoalds Besitzungen. Von der Ferne tönten Gelächter und Musik – von jenen Festen mit Spielen und Tänzen, die der Major Domus so gerne abhielt, wiewohl Leutsinda (die Wärme hatte ihre Krämpfe nicht gemildert) dagegen häufig wetterte und sich darin von Priestern bestärken ließ, die solche Zusammenkünfte als heidnisches Erbe verdammten.
    Bathildis lauschte den heiteren Klängen mit Wohlgefallen – verhießen sie doch ein

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