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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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solchen Frevel verboten hat. Nun, der Vater ahndete es, indem er die Rebellion niederschlug und den Sohn erdrosseln ließ. Und seine Frau und seine Töchter führte er in ein Haus und zündete es an, sodass das brennende Dach zusammenstürzte und die ganze Brut unter sich begrub.«
    Bathildis schüttelte den Kopf.
    »Und kennt ihr die Geschichte von unserer heiligen Königin Radegunde?«, rief da schon eine andere Sklavin.
    Bathildis war, als hätte sie den Namen schon einmal gehört – vielleicht in der Kirche, wo man den Namen dieser Großen ehrfürchtig anrief.
    »Nun«, wurde da schon erzählt, »sie stammt aus einem Land, welches Thü... Thü... Thü...«
    »Thüringen!«
    »Genau! Welches also so hieß. Und König Chlothar fiel dort ein, ermordete ihre ganze Familie, versklavte Radegunde und entführte sie aus der Heimat, die sie nie Wiedersehen würde.«
    Bathildis schluckte schwer. »Er hat sie niemals wieder heimkehren lassen?«
    »Mitnichten! Zur Gattin hat er sie genommen! Doch Radegunde wollte nicht an seiner Seite leben, und so gründete sie in der Gegend von Poitiers ein Kloster zum Heiligen Kreuz, und dorthin zog sie sich zurück. Ich weiß nicht, warum’s der Gatte ihr erlaubt hat. Vielleicht hat Gott ihr mit irgendeinem Wunder geholfen. In jedem Falle konnte sie ihr Leben einzig Gott weihen, und der König musste sich ein anderes Weib suchen.«
    »Und damit hat sie’s gut getroffen!«, fiel Oda wieder ein. »Denn manch anderer König hat seine unliebsame Gattin ermorden lassen!«
    Eine Fülle von Namen strömte hernach auf Bathildis ein, die sie sich nicht alle merken konnte. Von Chilperich und Theudebert war da die Rede, von einer Galswinth und einer Bilichild, von einer Fredegund schließlich, die die erste Frau ihres Gemahls samt deren Sohn hatte töten lassen. Am schlimmsten war freilich das Geschick der bösen Brunichild, die zuerst für ihren Sohn regiert hatte, dann für ihre Enkel, und das, obwohl es Gott gewiss nicht gefiel, dass ein Weib so viel Macht hatte. Ganz bitter hätte der Allmächtige sie schließlich bestraft und als Sein Werkzeug Chlothar benutzt, König des neustrischen Teilreichs, der in Brunichilds Austrasien einfiel. Der König ließ die Böse drei Tage lang verschiedenen Foltern aussetzen, dann gab er den Befehl, sie zuerst auf ein Kamel zu setzen und im ganzen Heer herumzuführen und sie dann mit dem Haupthaar, einem Fuß und einem Arm an den Schwanz eines über alle Maßen bösartigen Pferdes zu binden; in rasendem Lauf wurde sie so in Stücke gerissen.
    Die Sklavinnen lachten hektisch. Bathildis wurde immer unbehaglicher.
    »Und der jetzige König?«, fragte sie. »Ist er auch so grausam?«
    Sofort verebbte das Gelächter, und man sah sie schweigend an. Über verstorbene Herrscher zu reden schien jeder erlaubt – jedoch deuchte es sie alle sehr gefährlich, über den jetzigen Gerüchte in die Welt zu setzen.
    Nur Oda sprach ein paar geheimnisvolle Worte.
    »Man hört nichts dergleichen«, murmelte sie, »jedoch heißt’s, dass er eine ganz merkwürdige Angewohnheit hat... vielleicht das Zeichen einer absonderlichen Krankheit...«
    »Welche... welche Angewohnheit ist da?«
    Rasch winkte Oda ab.
    »Oh«, sagte sie, »ich hätte nicht darüber sprechen sollen. Besser ist’s wohl, sie nicht zu benennen...«

XII. Kapitel
    Geliebter Aidan!
    Und wieder lerne ich neue Pfalzen kennen – darunter Chelles, wo der König zu jagen pflegt, desgleichen Le Mans oder Crécy-en-onthieu, Rouen und Meaux.
    Ich sehe nicht viel davon, doch gleichwohl halte ich die Ohren offen, erfahre mehr und mehr von diesem Land, auch vom König. Manch absonderliches Gerücht wird über ihn erzählt – ich hüte mich, es zu ergründen.
    Fest steht in jedem Falle: Er scheint kein starker König zu sein. Der Major Domus Erchinoald – in stetem Trachten, seinem Vorgänger Landerich nachzueifern, welcher unter Chlothar II. das Land gelenkt hat – führt sämtliche Regierungsgeschäfte. Einst oblag dem Inhaber dieses Amtes kaum mehr als die Verwaltung von Haus und Hof. Der Major Domus durfte nicht einmal gemeinsam mit dem König speisen. Doch dessen Macht ist in den letzten Jahrzehnten gewachsen – und Erchinoald hat fast sämtliche Gewalt inne.
    Er muss sich vor dem König für seine Entscheidungen nicht rechtfertigen – denn jener, so heißt’s, nickt alles ab – sondern nur den anderen Mächtigen des Landes Bericht erstatten: den Bischöfen und den alten adeligen Familien. Anders als Chlodwig

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