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Die reinen Herzens sind

Die reinen Herzens sind

Titel: Die reinen Herzens sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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ich. Sie ist jemand in dieser Welt. Ich habe immer nur genommen und genommen. Nicht daß das meine Schuld gewesen wäre. Mir hat nie jemand was gegeben. Also hab ich’s mir genommen. Tief im Herzen bin ich stolz auf meine Tochter. Das sage ich ihr auch immer. Ich war eine beschissene Mutter und bin stolz, daß sie über meine Unzulänglichkeiten hinweg ist und mehr aus sich gemacht hat als bloß ’ne Frau mit lockerem Lebenswandel.«
    »Was hat Marie gesagt, als Sie ihr das gestanden haben?«
    »Nur gelächelt. Sie redet nicht viel, ist zu sehr mit Bibellesen beschäftigt. Das ist mir egal. Ich nehme alle Hilfe, die ich kriegen kann.«
    Marge hatte schon fast einen Krampf in der Hand, soviel hatte sie geschrieben. Sie holte tief Luft. »Hat Marie in letzter Zeit vom Kinderkriegen oder von Abtreibung gesprochen? Von Schuldgefühlen?«
    Lita schüttelte energisch den Kopf. »Schuldgefühle hatte sie nie. Genauso wenig wie ich. Für Schuldgefühle ist das Leben viel zu kurz.«
    Marge schwieg. Der aggressive Egoismus der alten Dame war erstaunlich. Sie kreiste nur um sich selbst. Kein Wunder, daß Marie ein Buch über die Umkehrung der Mutter-Tochter-Rolle las.
    Aber inwiefern deutete das auf ein Motiv für eine Kindesentführung hin? Oder war etwas geschehen, das diese latente, tickende Zeitbombe zur Explosion gebracht hatte?
    »Lita, wissen Sie, ob Marie in letzter Zeit bei ihrem Gynäkologen oder überhaupt bei einem Arzt gewesen ist? Hat sie sich vielleicht nicht gut gefühlt?«
    Lita schüttelte erneut vehement den Kopf. »Nicht, soviel ich weiß.«
    »Sagen Sie, kennen Sie den Namen von Maries Zahnarzt?« fragte Marge unvermittelt.
    Lita runzelte die Stirn. »Sie ist mit mir einmal bei einem Zahnarzt gewesen. Ungefähr vor fünf Jahren.«
    »Wissen Sie noch, wie er hieß?«
    »Nee. Aber ich glaube, er war in Glendale.«
    »Sicher?«
    »Nein. War nur so ’ne Idee.«
    »Kennen Sie Maries Freunde?«
    »Nicht einen.«
    »Was ist mit einer Paula Delfern?«
    »Nie von ihr gehört.«
    »Und Sondra Roberts?«
    »Sondra?«
    »Sie kennen sie?« fragte Marge erstaunt.
    »Sie ist eine Freundin von Marie?«
    »Keine Ahnung. Deshalb frage ich Sie.«
    »Also, das wäre mir neu«, sagte Lita.
    »Woher kennen Sie Sondra?«
    »Sie hat mal hier gearbeitet. Hat vor ’ner Weile ganz überstürzt gekündigt. Ich hab gehört, sie hätte Probleme mit ihrer Lizenz gehabt.«
    »Was für Probleme?«
    »Keine Ahnung. Sie hat gekündigt. Das war’s dann.«
    Bis jetzt, dachte Marge. Falls eine Angestellte unter dubiosen Umständen gekündigt hatte, hatte das Heim ein Interesse, sich rechtlich zu schützen. Verärgerte Angestellte reichten oft Klagen ein. Die Personalakte war vermutlich nicht auf dem neuesten Stand, aber es war ein Anfang. Wobei noch lange nicht klar war, ob diese Sondra für den Fall überhaupt wichtig war.
    »Sie hatten also keine Ahnung, daß Marie und Sondra befreundet waren?«
    »Ist mir vollkommen neu. Ich weiß nur, daß das Mädchen auf Leek scharf war.«
    »Sie war Leeks Freundin?«
    »Unerwiderte Liebe, Detective. Nettes Mädchen. Hübsches Gesicht. Aber fett.«
    Fett … Anonyme Dicke, assoziierte Marge. Das ergab einen Sinn. Marge hoffte auf die winzige Chance, daß Marie das Baby vor dem tödlichen Sturz in die Schlucht bei einer Freundin deponiert hatte. Immer vorausgesetzt, Marie hatte die Kleine entführt.
    »Also, Lita … Sie waren eine große Hilfe.«
    »Wirklich?«
    »Ja.« Marge stand auf. »Darf ich wiederkommen, falls es nötig ist?«
    »Selbstverständlich.« Lita kratzte ihre Schüssel aus. »Jederzeit. Aber bringen Sie mir Eis oder Pudding mit. Am liebsten Schokolade oder Butterkaramel. Oder beides.«
    »Sie können sich darauf verlassen, Lita.«
    Marge wandte sich zum Gehen.
    »Oh, Detective, noch was!«
    »Ja?«
    »Wegen Sondra Roberts. Das war nur ihr offizieller Name. Die meisten von uns hier haben sie Tandy genannt.«
    20
    Als Marge nach ihrem Gespräch mit Lita zum Empfang kam, hatte eine farbige Schwester Leeks Posten an der Theke eingenommen. Sie hieß Sarah, arbeitete seit vier Jahren im Heim und teilte Marge mit, daß Leek gerade Mittagspause habe.
    »Sondra Roberts …«, überlegte Sarah auf Marges Frage hin. »Sie meinen Tandy, stimmt’s? Natürlich erinnere ich mich an Tandy. Nettes Mädchen, aber irgendwie tragisch.« Sarah schüttelte den Kopf. »Sie war ziemlich dick und hoffnungslos schüchtern. Hatte sich in Leek verknallt. Ich muß wohl nicht betonen, daß ihre Gefühle nicht

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