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Die Reise-Bibel

Titel: Die Reise-Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Braun
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benötigt, wenn er nach der Reise eine Rückzahlung für entgangenen Urlaubsspaß einfordert. In den ersten
     beiden Tagen nach der Ankunft ist der Frühbucher damit beschäftigt, einen ausgetüftelten Tourenplan für die kommenden 19   Tage auszuarbeiten. Er vergleicht die Preise in den ansässigen Lebensmittelgeschäften und erkundigt sich bei Ortskundigen
     – mindestens zehn, da sonst Auskünfte seiner Meinung nach kaum repräsentativ sind – nach den lohnenswertesten Ausflugslokalen
     in der Umgegend. Am dritten Tag hat er den Urlaubsplan (inklusive Schlechtwettervarianten) ausgearbeitet und ausgedruckt.
     Jetzt reserviert er noch genau dreimal einen Tisch in drei Gasthäusern in Laufnähe der Unterbringung: Zwei Sonntage sind in
     der Verlosung und traditionell der Vorabend der Abreise. Schließlich bestellt er das Taxi, das die Familie am Abreisetag –
     in drei Wochen ungefähr, genau 45   Minuten vor der Abfahrt des Busses – an den allgemeinen Versammlungsplatz bringt. Dann lehnt sich der Frühbucher zum ersten
     Mal zurück, symbolisch betrachtet. Der Urlaub |54| kann beginnen respektive: abgearbeitet werden. Im weiteren Verlauf des Urlaubs zeigt er sich frohgemut, solange keine unvorhergesehenen
     Ereignisse den geplanten Ablauf stören. Vor Urlaubsbekanntschaften hütet sich der Frühbucher im Allgemeinen – ihm sind gemeinsame
     Abrechnungen im Gasthaus oder etwa Debatten über die Abendgestaltung ein Gräuel. Natürlich gibt er Trinkgelder. Genau drei
     Prozent, dafür hat er stets einen kleinen Taschenrechner dabei. Alles andere wäre ja auch Verschwendung. Und die hasst der
     Frühbucher wie der Teufel das Weihwasser.
    Die treue Seele
    Für ihn ist so eine Urlaubsreise wie ein Ausflug in die zweite Heimat – bei der Ankunft nimmt er seinen Herbergsvater Herrn
     Hansen in den Arm wie ein lange vermisstes Sippenmitglied. Jede Form von Veränderung stresst ihn, und so weiß er nicht genau,
     ob es den verglasten Käfig, in dem seit dieser Saison das Gemeinschafts-T V-Gerät von »Haus Hansen« steht, wirklich gebraucht hätte. Spätestens im übernächsten Jahr aber wird er sich gar nicht mehr vorstellen
     können, wie er seine Urlaubszeit ohne diesen herrlichen Wintergarten mit dem unvergleichlichen Blick aufs Meer lange Jahre
     genießen konnte. Die treue Seele freut sich stets darauf, alte Bekannte wiederzutreffen, die ihm ans Herz gewachsen sind:
     die freundliche Bedienung in seinem Lieblingscafé zum Beispiel, in dem er täglich mit seiner Frau den gedeckten Apfelkuchen
     vertilgt, Punkt 16   Uhr. Frau Loontiens aus dem Amt für Tourismus, die er schon kennt, als sie noch Azubi war, und die ihm die Karten fürs Kurkonzert
     aushändigt. Oder auch Herrn Block, der früher den Fahrradverleih organisierte, was jetzt sein Sohn macht, und der heute die
     Schläger und Bälle fürs Minigolf ausgibt. Für die treue Seele sind diese Damen und Herren beinahe wie alte Freunde, und er
     spaziert durch die kleine Stadt, in der er jetzt zum 21.   Mal seinen Urlaub |55| verbringt, in ständiger Gruß- und Winkbereitschaft. Irgendwen trifft die treue Seele schließlich immer.
    Der Konfuse
    Meine Güte, ganz schön kalt hier – und so früh dunkel. Der Konfuse hat nicht damit gerechnet, dass Stockholm im September
     so kühl sein wird. Und dass es nicht in Norwegen, sondern in Schweden liegt. Klimatechnisch hätte es eh keinen Unterscheid
     gemacht. Er hat hauptsächlich Sandalen, T-Shirts und kurze Hosen dabei, was ihm im vornehmen »Grand Hotel Saltsjobäden« den ein oder anderen befremdeten Blick einbringt.
     Er hat keine Ahnung, dass Stockholm aus einer Ansammlung von 14   Inseln besteht, jedoch über keinen Strand verfügt. Der einzige Reiseführer, den er am Flughafen ergattern konnte, ist in holländischer
     Sprache verfasst und wurde bereits 1982 geschrieben. So schlendert der Konfuse orientierungslos durch die Stadt und wundert
     sich, dass Stockholm so viele große Marktplätze hat. In Wahrheit bewegt sich der Konfuse immer im Kreis und landet viermal
     am Tag aus unterschiedlichen Richtungen am »Sergels torg«, dem größten Platz im Zentrum der schwedischen Hauptstadt. Weil
     ihm und seiner Familie im eigenen Hotel – man erinnere sich: eine Last-Minute-Buchung! – vom Frühstück bis zum Abendessen
     alles viel zu teuer ist, geht der Großteil der Urlaubszeit dabei drauf, nach Cafés, Restaurants und Gasthäusern zu suchen,
     in denen Nahrungsmittel erschwinglich sind. Auf diese Art

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