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Die Reise-Bibel

Titel: Die Reise-Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Braun
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Reisenden
     registriert, das Kopfschütteln, das Tuscheln. Unangenehm.
    »Wir müssen Sie darauf hinweisen, dass Sie gegen die Bestimmungen an Bord verstoßen haben, und Sie verwarnen – beim nächsten
     Mal wird das sehr unangenehme Konsequenzen haben«, hatte diese Frau Boden gesagt, Schweißperlen auf ihrer furchigen Stirn,
     und er hatte abgewunken.
    »Ja ja, alles klar. Ich wiederhole: Ich habe NICHT geraucht. Das ist ein absurder Vorwurf. Und jetzt bringen Sie |129| mir noch so einen edlen Roten mit dem guten Schraubverschluss, wenn ich bitten darf!«
    Die Stewardess zieht ab, aber Helga bleibt am Ball.
    »Sie sind doch bestimmt häufiger in Amerika, nicht wahr?«, erkundigt sie sich, und als der Doktor knapp zustimmt, beginnt
     Helga systematisch, amerikanische Orte, die sie aus dem Fernsehen kennt, abzufragen:
    »Waren Sie schon mal in New York?«
    »Ja, mehrmals.«
    »Und wie isses da so?«
    »Sehr voll.«
    »Viele Schwarze?«
    Der Doktor schaut sie irritiert an. Hat diese Frau einen an der Waffel?
    »Nicht so viele wie im Kongo!« Soll diese Frau doch denken, was sie will. Er ist längst breit genug, um sich dem Niveau der
     Unterhaltung anzupassen. Der Doktor ist stolz auf seine soziale Kompetenz.
    »Ach, da waren Sie auch schon?«
    »Nein, bisher nicht.«
    »Ach so.«
    »Ja.«
    »Und Hollywood?«
    »Auch Los Angeles besuchte ich bereits beruflich.«
    »Nee, ich meinte Hollywood.«
    »Hollywood ist ja gar keine richtige Stadt, das liegt in Los Angeles.«
    »Das kann nicht sein, da findet doch immer der Oscar statt!«
    »Sie meinen die Oscar-Verleihung.«
    »Ja, genau. Sie kennen sich ja gut aus, waren Sie da auch schon einmal?«
    »Nein, wieso sollte ich. Ich arbeite in der Computerbranche, das sagte ich bereits.«
    |130| »Ach, das spielt doch keine Rolle. Wenn ich in Hollywood leben würde, dann würde ich auch mal zur Oscar-Verleihung gehen.«
    »Ach so.«
    »Ja, ist doch schöner, als das bloß im Fernsehen anzuschauen.«
    »Sicher. Und anschließend würden Sie wohl mit Tom Cruise und Brad Pitt tanzen gehen, was?« So was von blöd, diese Alte, denkt
     der Doktor. Helga Glowaczki schaut Megrette erstaunt an.
    »Aber an solche Stars kommt man doch überhaupt nicht ran«, belehrt sie ihren Gesprächspartner, »Sie sind aber naiv! Die haben
     doch überall Leibwächter.« Dr.   Megrette seufzt.
    »Ach, meinen Sie!« Müde wendet er sich seinem letzten Schluck Rotwein zu. Schon wieder alle.
    »Und Kalifornien? Waren Sie schon mal in Kalifornien?«
    Das ist der Moment, in dem Constantin Megrette zum vierten Mal aufsteht, um sich für einen Toilettengang zu präparieren.
    Missmutig steht auch Kevin Miami ein viertes Mal auf, um ihm Platz zu machen. Megrette grinst boshaft. Hätte dieser Rotzbengel
     mich halt außen sitzen lassen sollen, denkt er.
    »Hast du’s an der Blase, Oppa?«, fragt Kevin Miami, was ihm einen erneuten Rüffel seiner Mutter einbringt.
    »Ist doch wahr, der kann gar nicht so viel saufen, wie der pissen geht!«
    Der Doktor überhört die pubertären Frechheiten seines Sitznachbarn. Er bedeutet der zufällig in der Nähe lauernden Stewardess,
     dass er nach seiner Rückkehr noch ein Fläschchen Rotwein zu trinken gedenkt und reicht ihr schon mal einen 2 0-Euro -Schein.
    »Stimmt so, können Sie bei Ihrer Vergütung ja sicher gut brauchen, was?«
    Ohne eine Antwort der gemäßigt empörten Fachkraft abzuwarten, |131| macht er sich schlingernd auf den Weg zur Toilette. Als Erstes entzündet der Doktor einen der Zigarillos aus seinem Silberetui,
     einer Gratifikation seiner Firma. Scheißt er doch drauf, was diese Flugknechte sagen. War doch früher auch kein Problem. Er
     hockt sich mit heruntergelassenen Hosen auf den Plastikthron in der engen Kabine. Müde fällt sein Kopf nach hinten. Ruheposition.
     Dann geschieht alles sehr schnell. Er nimmt einen tiefen Zug an seinem Zigarillo. Er bläst den Rauch aus der Nase in die Toilettenkabine.
     Der Alarm löst aus. Die Tür wird aufgerissen und zwei Herren in Uniformen, offenbar Flugbegleiter aus einem anderen Bereich
     der Maschine, reißen ihm das Zigarillo aus der Hand. Der Doktor schnellt hoch. Er ruft etwas, das klingt wie »Hey!« und das
     Quieken eines Frettchens, das in eine Falle getappt ist. Gleichzeitig reißt er seine Hose hoch und schaut in die triumphierenden
     Augen der Stewardess, die schräg hinter den Kollegen steht und auf deren Mist dieser schäbige Überfall offensichtlich gewachsen
     ist.
    »Das hat diese Person

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