Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante
nicht, weil Maximilian der Zweite von Österreich besonders neugierig auf Liebesgeschichten gewesen wäre, die nicht seine eigenen sind, sondern weil Verona, zählt man Padua einmal nicht mit, die letzte wichtige Station vor Venedig ist, geht es doch von dort an nur noch bergauf in Richtung Alpen und kalten Norden. Es heißt, das Erzherzogspaar kenne die schöne Stadt der Dogen bereits von anderen Reisen, doch Solimans vier Tonnen Gewicht wären dort nur schwerlich hineinzubringen, angenommen, das Paar beabsichtigte, ihn als Maskottchen mitzunehmen. Ein Elefant ist kein Tier, das man in eine Gondel verfrachten kann, falls es die damals überhaupt schon gab, zumindest in ihrer heutigen Form, mit hochgezogenem Bug und diesem düsteren Schwarz und zudem einem singenden Gondoliere am Heck, wodurch sie sich von jedem anderen Boot dieser Welt unterscheiden. Vielleicht wird das Erzherzogspaar am Ende beschließen, eine Runde auf dem Canale Grande zu drehen und vom Dogen empfangen zu werden, doch Soliman, die Kürassiere und die restliche Mannschaft werden in Padua verbleiben und auf einem Platz ohne Bäume oder anderen Bewuchs lagern, mit Blick auf die Basilika des heiligen Antonius, der aus Lissabonstammt und nicht aus Padua, darauf wollen wir bestehen. Wenn jeder bleibt, wo er hingehört, sind die Chancen für einen universellen Frieden am günstigsten, doch manchmal verfügt die göttliche Weisheit auch anders.
Und das war am nächsten Morgen der Fall, als ein Gesandter der Basilika des heiligen Antonius in dem noch recht verschlafenen Lager auftauchte. Obgleich er nicht exakt diesen Ausdruck verwendete, gab er doch an, im Auftrag des Vorgesetzten der geistlichen Belegschaft des Gotteshauses zu kommen, um mit dem Elefantenpfleger zu sprechen. Eine Gestalt von drei Meter Größe erkennt man schon von weitem, und Soliman füllte fast den ganzen Himmelsraum aus, trotzdem bat der Pater, man möge ihn zu ihm führen. Der Kürassier, der ihn begleitete, rüttelte an dem Mahut, der, in seinen Mantel gewickelt, noch immer schlief. Hier ist ein Pater, sagte er. Er hatte ihn auf Spanisch angesprochen, und daran hatte er gut getan, denn die kümmerlichen Kenntnisse der deutschen Sprache, die der Mahut sich bis dato angeeignet hatte, reichten nicht aus für das Verständnis eines so komplexen Satzes. Fritz machte den Mund auf, um sich zu erkundigen, was der Pater von ihm wolle, schloss ihn jedoch sofort wieder, um eine Sprachverwirrung zu vermeiden, von der man nicht wusste, wohin sie führen würde. Also erhob er sich und wandte sich an den in sicherer Entfernung wartenden Priester. Hochwürden wünschen mich zu sprechen, fragte er, So ist es, mein Sohn, antwortete der Besucher und legte in diese fünf Worte so viel Salbungsvolles, wie er nur aufbringen konnte, So sprechet also, Pater, Bist du Christ, lautete die Frage, Ich wurde getauft, aber an meiner Hautfarbe und meinen Gesichtszügen werden Hochwürden bereits erkannt haben, dass ich nichtvon hier bin, Ja, ich vermute, du bist Inder, aber das heißt doch nicht, dass du nicht auch ein guter Christ sein kannst, Das werde ich Euch von mir nicht sagen, denn ich habe gelernt, dass Eigenlob ein Frevel ist, Ich komme, um dich um etwas zu bitten, aber vorher sollst du mir verraten, ob dein Elefant einer von diesen dressierten ist, Dressiert im eigentlichen Sinne, um Zirkuskunststücke zu vollführen, ist er nicht, doch pflegt er die Würde eines ehrbaren Elefanten an den Tag zu legen, Meinst du, du kannst ihn dazu bringen, sich hinzuknien, und sei es auch nur mit einem Bein, Hochwürden mögen wissen, dass ich das niemals ausprobiert habe, doch habe ich beobachtet, dass Soliman sich motu proprio niederkniet, wenn er sich hinlegen will, aber ich kann nicht versprechen, dass er es tut, wenn ich es von ihm verlange, Kannst du es ausprobieren, Hochwürden mögen wissen, dass dies nicht der günstigste Zeitpunkt ist, morgens ist Soliman fast immer schlecht gelaunt, Ich kann auch später wiederkommen, wenn es dir besser passt, es geht nicht um Leben oder Tod, obgleich es den Interessen der Basilika sehr entgegenkäme, wenn es heute noch passieren würde, ehe Seine Königliche Hoheit, der Erzherzog von Österreich, nach Norden aufbrechen, Darf ich fragen, was heute noch passieren soll, Das Wunder, sagte der Pater und legte seine Hände ineinander, Was für ein Wunder, fragte der Mahut und fühlte, wie es in seinem Kopf zu kreisen begann, Wenn der Elefant sich vor dem Portal der Basilika
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