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Die Reise in die Dunkelheit

Die Reise in die Dunkelheit

Titel: Die Reise in die Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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Gewicht der schwerbewaffneten Männer aushielten, ließ immerhin hoffen, dass sie auch unter dem Gewicht zweier Kinder nicht zusammenbrechen würden. Vorsicht war dennoch geboten.
    Für den Weg hinauf zum Eingangspavillon brauchten sie länger als gedacht. Das lag daran, dass in der Rolltreppe immer wieder Stufen fehlten und Aurora oft lange zögerte, bis sie sich traute, über die Löcher hinwegzuspringen. Die scheinbar von überallher einsickernde Feuchtigkeit machte es auch nicht leichter . A uf den moosbewachsenen, glitschigen Stufen konnte man leicht ausrutschen . A ußerdem verlor sich das schwache Licht der Taschenlampen in der undurchdringlichen Finsternis des weitläufigen Rolltreppenschachts.
    Direkt am Ausgang ins Freie widerfuhr Aurora dasselbe wie seinerzeit Gleb, als er zum ersten Mal an die Oberfläche kam: Der Anblick des wolkenverhangenen, endlosen Himmels versetzte ihr einen Schock. Was sie von Fotos kannte, war nicht mal ein müder Abklatsch dessen, was sie hier in natura zu sehen bekam. Zum Glück hatte sie der Junge auf diese überwältigenden Eindrücke vorbereitet. Nach der anfänglichen Panikattacke bekam sich das Mädchen schnell wieder in den Griff. Kurze Zeit später traten die beiden in den Schnee hinaus. Der kalte Herbstwind ließ sie frösteln.
    Der riesige, freie Platz strahlte eine unheilvolle Atmosphäre aus. Jeden Augenblick konnte ein Pterodon oder sonst ein Vieh auftauchen, und dann gute Nacht … Die umliegenden Gebäude waren vom Verfall gezeichnet und ihre Dächer ächzten unter dicken Eispanzern. Doch auch sie boten keinerlei Schutz. Zwischen den Ruinen konnten überall gefährliche Bestien lauern.
    Von Alteingesessenen hatte Gleb gehört, dass die Strahlung direkt am Pavillon nur minimal sei. Ins Dickicht der Stadt solle man sich ohne Dosimeter jedoch besser nicht vorwagen. Schon gar nicht mit löchrigen Schutzanzügen.
    Langsam ging der Junge an einem geraden Schneewall entlang, unter dem Autowracks begraben lagen . A ufmerksam ließ er den Blick über die Betonruinen schweifen, um sicherzugehen, dass sich dort nichts bewegte. Die Stille in der Umgebung schien trügerisch.
    Die Flinte fest umklammert, drehte sich der Junge zu seiner Begleiterin um.
    »So. Jetzt sind wir oben. Was nun?«
    Unschlüssig trat Aurora einen Schritt nach vorn. Und dann noch einen. Dabei stelzte sie durch den Schnee, als würde sie durch Wasser waten . A llmählich wurde sie mutiger und steuerte auf den Platz des Aufstandes zu.
    »Warte hier, ich komme gleich zurück«, sagte sie zu Gleb, als der ihr folgen wollte.
    Der Junge schüttelte den Kopf, blieb jedoch stehen. Instinktiv spürte er, dass es besser war, das Mädchen jetzt allein zu lassen.
    Die trostlose, graue Trümmerlandschaft wirkte nicht gerade ermutigend. Der böige Wind heulte ohne Unterlass, und man konnte nie wissen, ob er nicht irgendwelche Krankheitserreger im Gepäck hatte . A ndererseits trug er die Gerüche der Menschen immer in dieselbe Richtung fort. Daher war klar, von welcher Seite am ehesten ein Angriff von Mutanten drohte.
    Während Gleb die Umgebung überwachte, hatte er immer ein Auge auf seine eigenwillige Weggefährtin. Nachdem Aurora etwa zehn Meter gegangen war, blieb sie stehen und griff in ihren Stoffbeutel. Sie zog einen länglichen Gegenstand heraus – eine Art Dose. Wladlen hatte behauptet, in ihren Sachen nichts Bemerkenswertes gefunden zu haben. Was aber hatte sie da in der Hand?
    Das Mädchen schraubte den Deckel ab, hob den Zylinder in die Höhe und drehte ihn um. Grauer Staub rieselte heraus.
    Asche? Eine Urne?
    Der Wind trug die Asche fort und verteilte sie über den menschenleeren Straßen der toten Stadt.
    Das Mädchen blieb noch eine Zeit lang stehen und stiefelte dann zurück . A ls sie ihren Begleiter erreichte, deutete sie mit einer Kopfbewegung zum Eingang der Metro.
    Gleb stellte keine Fragen. Wenn sie wollte, würde sie ihm selbst erzählen, was es damit auf sich hatte. Und wenn nicht, war es auch in Ordnung. Sie hatte bestimmt ihre Gründe gehabt. Punktum.
    Plötzlich ertönte in unmittelbarer Nähe ein Schuss. Es folgten das Gebrüll eines Mutanten und Kampfgeräusche. Der Lärm kam von einem der Gebäude in der Nachbarschaft. Es hörte sich nach einer verbissenen Auseinandersetzung an. Möglicherweise hatten Stalker auf dem Rückweg zur Metro irgendein Raubtier aufgescheucht. Oder es waren Jäger, die die Zugänge zum Pavillon säuberten. Wie auch immer – für die miserabel bewaffneten und

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