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Die Reise in die Dunkelheit

Die Reise in die Dunkelheit

Titel: Die Reise in die Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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Blick auf den Typen, der ihn niedergeschlagen hatte. Er stand gegenüber und spielte mit seiner Eigenbauflinte herum. Der Junge ballte die Fäuste und ging auf ihn los, ohne so richtig zu überreißen, was er da eigentlich tat.
    »Mutig, mutig!«, spottete der Dealer und entblößte dabei die Überreste seines Gebisses. »Dumm, aber mutig. Schlag zu, Kleiner. Du hast drei Versuche.«
    Der Typ ließ die Flinte sinken und hielt seine Wange hin.
    Der Faustschlag geriet schwach und ungenau. Gleb wischte seinem Gegner nur leicht über die Wange und geriet selbst ins Stolpern dabei. Immer noch sah er alles doppelt.
    »Na, komm schon. Noch mal. Trau dich!«
    Der Dealer machte sich vollends über ihn lustig.
    Abermals griff der Junge an, doch seine Bemühungen lösten bei dem Widerling nur Heiterkeit aus. Kichernd öffnete er ein Tütchen dur und schüttete sich den Inhalt in den Rachen.
    »So wird das nichts, Kleiner. Da fall ich eher vor Lachen um als von deinen Schubsern.«
    Wieder gellte ein Schrei von Aurora. Jetzt blieb Gleb nichts mehr anderes übrig. Was hatte Taran immer wieder zu ihm gesagt? Früher oder später kommt der Moment, an dem man die Moral über Bord werfen und knallhart handeln muss, egal ob man hinterher Gewissensbisse hat oder nicht.
    Unauffällig griff der Junge mit den Fingern unter seinen Ärmel, holte aus und legte alle Kraft in diesen einen, entscheidenden Schlag. Mit einem schauderhaften Knirschen bohrte sich der Nagel, der wie aus dem Nichts in seiner Faust aufgetaucht war, in die Schläfe des Dealers. Das Grinsen in dessen Gesicht verschwand und machte einer Grimasse der Überraschung Platz. Dann rollte er irr mit den Augen, und aus seiner Kehle drang ein heiseres Röcheln. Von Krämpfen geschüttelt schlug er wie ein Mehlsack der Länge nach aufs Gleis.
    »Jetzt hat er ausgelacht …«, murmelte der Junge erschöpft, während er ihm die Flinte abnahm. »Dreckskerl …«
    Nicht weit entfernt waren die anderen beiden Dealer damit beschäftigt, ihr verzweifelt strampelndes Opfer zu zähmen.
    »Wo bleibst du denn so lang? Komm und hilf uns«, rief der mit dem Sturmgewehr, als er die Schritte des Jungen hörte.
    Er staunte nicht schlecht, als nicht sein Kumpel ins Licht der Petroleumlampe trat, sondern Gleb. Mit angelegter Flinte.
    »Weg da, ihr Schweine!«
    Der bewaffnete Pilzzüchter riss seinen»Wal« von der Schulter. Ein Schuss krachte. Winselnd vor Schmerz rollte der Kerl zur Seite und hielt sich den durchschossenen Oberschenkel. Stoßweise schoss das Blut aus der Wunde. Die Kugel hatte eine Arterie zerfetzt.
    Der dritte Dealer beschloss, lieber nicht zu warten, bis der zerzauste Junge mit dem stechenden Blick die Flinte nachlud. Er nahm die Beine in die Hand und lief schreiend davon.
    Gleb half Aurora auf die Beine . A llem Anschein nach war das Mädchen mit ein paar Schrammen und einer aufgeplatzten Lippe davongekommen. Sie wischte sich die Tränen von der schmutzigen Wange und nahm ihrem Wegefährten die Flinte aus der Hand. Nach dem traumatischen Erlebnis zitterte sie am ganzen Leib. Doch sie nahm sich zusammen und richtete den Lauf auf den angeschossenen Dealer.
    »Du Schwein! Du Tier!«, fauchte sie.
    Der Kerl kniff die Augen zusammen, als das Mädchen abdrückte . A ber nichts passierte. Fluchend riss Aurora am Verschlusshebel, doch der grobschlächtige Mechanismus rührte sich nicht. Sie warf die Flinte weg, hob den »Wal« vom Boden auf und nahm ihren Peiniger ins Visier.
    Der Dealer bot einen jämmerlichen Anblick. Seine aufgesetzte Schneidigkeit hatte sich in Luft aufgelöst. Er war leichenblass und schlotterte vor Angst. Hektisch kramte er in seinen Taschen und warf den Kindern seine Besitztümer zu Füßen: eine Handvoll Patronen und Briefchen mit Stoff. Dann presste er die Hände wieder auf die blutende Wunde, senkte den Blick und harrte seines Schicksals.
    »Lass ihn, er hat seine Strafe schon bekommen«, versuchte Gleb zu intervenieren.
    »Schweig!«
    Mit zitternden Armen zielte das Mädchen auf das Gesicht des Dealers, konnte sich aber nicht überwinden abzudrücken . A llmähliche flaute ihr Zorn ab. Der Verstand gewann wieder die Oberhand.
    Ihr Begleiter mischte sich nicht mehr ein. Er kämpfte abermals gegen aufkommende Übelkeit. Der Boden begann zu schwanken, seine Knie wurden weich. Geräusche und Konturen verschwammen. Der Junge fiel um.
    »Gleb! Was ist mit dir?«
    Umnebelt von lähmender Mattigkeit, spürte er, dass jemand versuchte, ihm aufzuhelfen. Mit letzter

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