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Die Reise ins Licht

Die Reise ins Licht

Titel: Die Reise ins Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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ging, tränten mir die Augen von dem ungewohnten, grellen Licht. Tatsächlich war es hier warm, hell und trocken. Sie führten uns durch Seitengänge, und von irgendwo war Kinderlachen und sogar Musik zu hören. Von wegen sparsamer Umgang mit Ressourcen. Die hatten sich hier gut eingerichtet, diese Arschlöcher. Ein paarmal begegneten wir hiesigen Bewohnern. An sich ganz normale Leute, aber ihr Blick war kalt und herablassend … Erst später dachte ich mir: Wie soll man sonst sein Fleisch anschauen?
    Ich erinnere mich nicht, wie lange wir liefen – der Bunker war ziemlich groß. Dann wurde mir plötzlich klar, dass es an der Zeit war, meinen Plan in die Tat umzusetzen, denn vor mir tauchten weiße Fliesen auf. Dies war entweder die Küche, oder … Also hab ich dem Begleitsoldaten zugeflüstert, so ist es und so – eine Angelegenheit von höchster Wichtigkeit. Zum Glück war ich an das richtige Bürschchen geraten. Entweder hatte er Mitleid, oder er wollte das Problem einfach auf andere Schultern abwälzen. Jedenfalls brachte er mich nach einigem Hin und Her zu seinem Vorgesetzten.
    Sie brachten mich in ein Arbeitszimmer. Dort saß an einem Tisch der Beamtentyp, den ich schon kannte. Mit nem Glas Kognak und einer Zigarette zwischen den Zähnen. Wie die Made im Speck, dieser Schweinehund. Ich hab ihm in seine fetten Augen geschaut und begriffen, dass meine Chancen zu überleben praktisch gleich null waren. Also hab ich so schnell geplappert, wie ich konnte. Ich redete auf ihn ein, dass ich über das Fleisch Bescheid wüsste,
dass ich aber schweigen würde und ihm von Nutzen sein könnte. Dass ich wie ein Verrückter graben würde, und später den anderen erzählen würde über die Fortschritte mit dem Tunnel, die Unterstützung aus Petersburg, oder was auch immer … Bloß nicht unters Messer …
    Gefeixt hat dieser Fettwanst. Was für ein Tunnel, hat er gefragt und mir dann verraten, dass es von Anfang an einen Reserveausgang aus dem Objekt gegeben hatte. Und dass der auch jetzt noch existieren würde. Und an die Oberfläche würden sie schon lange gehen. Aber hier sei es immer noch sicherer. Auch mit der Lebensmittelversorgung wäre alles geklärt, wenn auch nur für eine gewisse Zeit. Was soll man machen, der Stärkste überlebt …
    Worüber er damals nicht alles geplaudert hat – wahrscheinlich hatte er ein paar Schluck Alkohol zu viel intus. Am Anfang, wie ich verstand, wurden nur die Bewohner des Bombenkellers mit Menschenfleisch gefüttert. Ansonsten hätten die Nahrungsmittelvorräte nicht lange gereicht. Als die Fleischkonserven aufgebraucht waren, hatte die Elite erst ein wenig gehungert, war aber dann auch zu der allgemeinen ›Ration‹ übergegangen. So wurde der Bombenkeller zu einem ›Pferch‹ für das Vieh. Als ich ihn nach dem Hauptausgang fragte, sagte er, die zu spät Gekommenen hätten ihn verbarrikadiert. Zum Besseren, wie er meinte.
    Wir verabredeten, dass ich über den angeblichen Tunnel irgendwelche Märchen verbreiten würde. Und noch andere Informationen. Dass Kranke, Meuterer und Unzufriedene als Erste an die Wand gestellt würden … Ich habe mich selbst gehasst, aber ich konnte doch nichts tun. Wenn ich aus dem modrigen Bombenkeller in den Bunker zum Rapport ging, bekam ich einen Becher Saft. Und eine zusätzliche Ration. Und ich hab sie gefressen. Alles bis zum letzten Fetzchen. Ich hasste mich, und doch fraß ich das Zeug.
Und dann ging es zurück, zurück in diese Hölle. Meine eigenen Kameraden hab ich angelogen. Von Angesicht zu Angesicht. Ich Gottloser.
    Ich habe gesündigt. Gesündigt. Und ich kann es niemandem beichten. Das Heft hier hab ich stibitzt, direkt vom Tisch dieses Mörders. Ich bete, dass das Lämpchen, das einzige in dem ganzen Schutzkeller, nicht durchbrennt. Solange der Bleistift reicht, kann ich wenigstens aufschreiben, was mir auf der Seele lastet. Ich habe keine Kraft mehr, all das zu ertragen.
    So sind die Tage vergangen – oder sind es Wochen, Monate? Ich weiß es nicht. Es ist, als wäre die Zeit stehengeblieben. Mir tut es leid, die Menschen anzuschauen. Zottig, verdreckt sind sie. Winselnd hocken sie in der Dunkelheit und kommen nur zur Fütterung herangekrochen. Inzwischen übrigens nur einmal pro Tag. Die Rationen sind wieder gekürzt worden.
    Natürlich sind nicht alle so verwahrlost. Manch einer hält noch durch und hofft weiter. Nur werden wir jeden Tag immer weniger. Also wird bald kaum noch jemand da sein, der Hoffnung hat. Als ich das letzte

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