Die Reise nach Gadaron (German Edition)
Tage völlig ohne Schlaf auszukommen, ohne dass sich nennenswerte Defizite in seinen Handlungen zeigten. Kona hatte Zerberus mitgenommen, weil der sich fürchtete, wenn er längere Zeit von seinem Herrchen getrennt war. Sofort nachdem sich Kona, mehr schlecht als recht, von seinem Nachtlager erhob, hatte Zerberus sich von seinem eigenen Schlafplatz auf die Pfoten gemacht und war ihm, ohne sich an Konas Missmut zu stören, zum vereinbarten Treffpunkt gefolgt.
Da nun alle drei versammelt waren, gab es keinen Grund mehr, noch länger im Portal der Burg zu verweilen. Es war Zeit aufzubrechen.
„Seid ihr bereit?“, fragte Danko.
Kona ließ ein morgenmuffeliges „Ja“ hören und Zerberus gab ein kurzes Jaulen von sich, was, wie Kona wusste, seine Version eines Gähnens war. „Dann gehen wir es an!“
Danko holte aus seinem Mantel ein silbernes Jagdhorn hervor und blies hinein. Ein lauter, weit hörbarer Ton erklang, so tief, wie der Schrei eines Raubtieres und gleichzeitig so rein, wie die Weise eines Singvogels. Nachdem der Ton verklungen war, wiederholte Danko das Ritual ein zweites und ein drittes Mal. Da zeigte sich ein Punkt zwischen den Bergen, die das Tal umgaben. Beim näher kommen, wurde er immer größer und schon bald präsentierten sich erste Einzelheiten des Flugobjektes. Zwei Flügel, die in dem gleichen Silber erstrahlten, wie Dankos Horn und ein edel geschwungener Körper. Der hübsche Kopf war mit einem langen, scharfen Schnabel geschmückt. Es war ein riesiger, silberner Vogel, ein Kranich, um genauer zu sein. Als Zerberus den Eindringling über seinem Revier erblickte, begann er bedrohlich zu knurren, um seinen Besitzanspruch auf dieses Territorium zu unterstreichen. Als der Vogel jedoch immer näher kam, und dabei seine Größe immer dramatischer erschien, wurden Zerberus Drohgebärden immer kleinlauter. Als er dann landete, versteckte sich der Hund hinter Kona, bereit mit seinem Leben abzuschließen.
Zerberus war mit Wanuda nie richtig warm geworden. Wanuda war kein Dämon, wie viele dachten, sondern ein Titan. Titanen waren, laut Legende, Geschöpfe, die jenseits der Zeit existierten, was ein großkotziger Ausdruck für Unsterblichkeit war. Die Titanen existierten schon so lange, wie die Götter selbst, hatten mit ihnen aber kaum etwas zu tun. Während die Götter damit beschäftigt waren, die Welt zu erschaffen und ihren Machtbereich zu verwalten, hatten die Titanen sich stets als ein Teil dieser Welt verstanden.
Es gab nur wenige Naturereignisse, die nicht mit einem oder mehreren Titanen in Verbindung standen. Man erzählte sich von einem gewaltigen Kristallfisch, der das Wechselspiel von Ebbe und Flut kontrollierte. Außerdem von einem Vogel, der , mit seinem Diamanten besetzten Schweif, den Regenbogen über den Himmel zog. Ferner von dem blinden Giganten, einem Riesen von der Größe eines Berges. Er hatte, soweit man es beurteilen konnte, keine Augen und streifte aus Gründen, die nur er selber kannte, durch die Welt. Doch zu diesem Geschöpf später mehr.
Wanuda war ein Fluss titan und einer der wenigen, die sich an einen Menschen gebunden hatten, nämlich Danko. Kona hatte sich schon oft gefragt, wie er das geschafft hatte. Immer wenn Kona ihn danach fragte, war die Antwort: „Das würdest du mir sowieso nicht glauben. Warum also Zeit und Spucke verschwenden.“
Wieso Wanuda bei Danko blieb und sich nur durch sein Hornsignal rufen ließ, war ein Geheimnis. Nicht so die Vorteile, die dieses Geschöpf für den Wächter hatte. Auf dem Rücken des großen Vogels, hatten sowohl Danko, als auch Kona, Zerberus und weitere zwei bis drei Personen Platz, ohne dass Wanuda Schwierigkeiten mit dem Fliegen bekam. Auf seinem Rücken war Danko in der Lage, jeden Platz auf der Welt in kürzester Zeit zu erreichen, wobei er immer eine bestimmte Anzahl von Begleitern mitnehmen konnte. Das war von Vorteil, wenn man bedachte, dass Danko für seine Aufgaben, die entferntesten Orte bereisen musste.
Nun ließ sich Wanuda ganz auf dem Boden nieder, sodass sie aufs itzen konnten. Danko stieg selbstbewusst auf, als würde er seinen reservierten Platz einnehmen. Auch Kona sprang mit einem lässigen Satz auf Wanudas Rücken. Nur Zerberus, der dem Frieden nicht traute, weigerte sich und setzte sich in sicherem Abstand auf den Boden, um seinen Standpunkt zu unterstreichen. Es kostete Kona einige strenge Worte, ehe Zerberus aufgab und fiepend, und mit gesenktem Kopf, auf Wanudas Rücken Platz nahm. „Dann sind
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