Die Reise nach Gadaron (German Edition)
sicher nützlich sein. Sollte die Rettung nicht so einfach sein, konnte er immer noch sagen: Tut mir Leid, es war mir einfach nicht möglich, die Leute zu retten. Die Stadt war schließlich voller Morganen! Außerdem hatte er noch einen anderen Auftrag zu erfüllen, und würde diese Leute hier sowieso nie wieder sehen. Was hatte er also schon zu verlieren?
*
„Na gut, ich mach’s.“
Die Leute brachen in Jubel aus.
„Großartig!“, jubilierte der Dorfvorstand. „Wüssten wir nicht, dass du der wiedergeborene Herr der Unterwelt bist, müssten wir denken, der Himmel hätte dich geschickt! Nun aber soll gefeiert werden! Wir wollen unserem Retter unsere Dankbarkeit zeigen.“
Äußerlich behielt Kona sein Lächeln bei. Doch innerlich schlug er sich gegen die Stirn. ´Ich hätte es wissen müssen! `
Es dauerte wirklich bis zum Vormittag des kommenden Tages, bis die Dörfler Kona endlich gehen ließen. Nachdem sie ihn im Triumphzug in die Siedlung hinein führten, feierten sie ein gewaltiges Fest, bei dem sie das von Kona erlegte Wildschwein zerteilten und grillten.
Zwar war es in einigen Regionen v erpönt, Dämonenfleisch zu essen. Aber Menschen, die für jede Lebensmittelquelle dankbar waren, zeigten solchen Moralvorstellungen wenig Beachtung. Kona musste zugeben, dass es nicht übel schmeckte. Nach dem Mahl holten die Leute aus allen Häusern Fässer und Flaschen vom feinsten Wein, den sie wohl über all die Jahre erfolgreich vor den Steuereintreibern der Morganen versteckt hatten. Nachdem so manches an Wein konsumiert war, wurden die Dorfbewohner Kona gegenüber immer redseliger. Viele versuchten ihn zu überreden, in der Siedlung, oder zumindest in der Gegend zu bleiben. Andere wollten ihn sogar zu ihrem Anführer machen, ihm einen Tempel bauen. Kona waren solche Angebote nicht fremd. Sie basierten häufig darauf, dass man seine Kräfte heillos überschätzte. Allerdings war ihm das noch lieber, als wenn ein selbsternannter Religionsführer, ein Dorf oder eine ganze Stadt zu einem heiligen Krieg gegen ihn aufrief.
Es dauerte die ganze Nacht, bis sich die Feierlaune der Dörfler erschöpfte und erst in den späten Morgenstunden gelang es Kona, sich unauffällig davonzustehlen.
Am Nachmittag hatte er endlich Neu Katija erreicht. Die Stadt unterteilte sich in zwei Bereiche. Eine kreisrunde Innenstadt, deren prächtige Häuser ausschließlich aus weißem Stein erbaut waren, und ein Außenbezirk, dessen alte, windschiefe Häuser aus rußgeschwärztem Backstein oder aus grobem Beton errichtet waren. Ironischerweise stellte die Stadt, von oben betrachtet, die umgekehrte Version des Morganenzeichens dar. Das Original war ein schwarzes Auge auf weißem Grund. Hier hatte man eine fast runde, weiße Innenstadt, die von einem rußgeschwärzten Slum umgeben war. Kona hielt das für eine bildliche Metapher, die er aber nicht genau bestimmen konnte.
Das Zentrum der Innens tadt fiel besonders ins Auge. Hier hatte man einen riesigen Turm errichtet. Er war der höchste Punkt, und schien aus reinem Marmor erbaut zu sein. Von der Spitze des Turmes schien ein weißes Licht. Es war ein Ableger der Weißen Flamme Gajas, der die Stadt vor Dämonenangriffen schützte. Das war wohl der Grund, warum die Stadt keine Außenmauer hatte und Kona problemlos hineinkommen würde. In die innere Stadt kamen allerdings nur Morganenpriester und ihre Diener.
Klar, Kona konnte einen der Priester o der Diener außer Gefecht setzen und sich in deren unverkennbaren Gewändern hineinschleichen. Das hatte er schon häufig getan, um unauffällig in Morganenstädte zu gelangen. Doch da hatte er Zerberus nicht bei sich. Kona wollte ihn nicht zurücklassen und dabei riskieren, ihn zu verlieren. Also, was sollte er tun? Während Kona noch über dieses Problem nachdachte, bemerkte er eine Gruppe von weiß gekleideten Gestalten in die Außenbezirke ausströmen. Ihre Gewänder waren kürzer, als die der Priester aber es waren keine Diener, sondern Novizen. Priesterlehrlinge, die zwar unter den eigentlichen Morganenpriestern standen, aber trotzdem viel Macht über das einfache Volk hatten. Wahrscheinlich gingen sie in die Außenbezirke, um den dort lebenden Menschen auch noch ihren letzten Besitz zu stehlen. Egal, ob er den Novizen nützen konnte oder nicht. Wahrscheinlich würden sie allen möglichen Krempel in die innere Stadt schaffen. Am nächsten Tag, wenn sie ihn nicht mehr brauchten, würden sie ihn einfach wegwerfen. Oder, wenn es sich um
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