Die Reise nach Gadaron (German Edition)
ertasteten seine Finger plötzlich die Truhe. ´Bitte sei nicht verschlossen! `, flehte Kona in Gedanken, und irgendjemand schien ihn erhört zu haben. Ohne Schwierigkeiten gelang es ihm, den Steindeckel zur Seite zu schieben. Er tastete hinein und ergriff einen runden, metallischen Gegenstand, holte ihn hervor und stieß sich vom Boden ab, erreichte die Oberfläche und schnappte prustend nach Luft. Den Gegenstand hielt er fest umklammert, während er sich nach seinen Gefährten umsah. Larina, Salan und Zerberus hatten es geschafft, sich in der Nähe des Halleneingangs festzuklammern, liefen aber Gefahr, von der Strömung mitgerissen zu werden. Von Nowan und Alsos war nichts mehr zu sehen.
„Hast du den Gegenstand?“, fragte Salan, als Kona auf die Freunde zukraulte.
„Ja.“ Kona hielt ihn hoch und sah ihn nun selbst zum ersten Mal an. Zwar war er blutverschmiert, doch konnte man ihn gut erkennen. Es war ein Kompass! „Das ist der Kompass des Suchers“, erklärte Salan. „Er spürt verborgene Orte auf.“
„Ach, tatsächlich?“, erwiderte Kona. „Dann sind wir ja nicht mehr von Larinas Kräften abhängig!“ „Können wir das bitte klären, wenn uns das Blut nicht mehr bis zum Halse steht?“, fragte Larina genervt.
„Na gut, du hast recht. Versuchen wir erst mal hier raus zu kommen.“
„Und wie soll das gehen?“, wollte Salan wissen. „Wir können nicht so leicht durch Blut schwimmen, wie durch Wasser. Und wenn uns die Strömung erfasst, kommen wir nicht dagegen an!“
„Dann schwimmen wir nicht gegen die Strömung an, sondern lassen uns von ihr mitreißen!“
„Bist du jetzt völlig durchgeknallt?“, erkundigte sich Larina.
„Keine Sorge. Die Blutströmung geht dem Ausgang zu. Wir müssen nur aufpassen, dass wir uns nicht die Köpfe aufschlagen, wenn wir herumgeschleudert werden.“
„Oder Arme und Beine brechen, die Schu lter auskugeln oder sonst was?“, schlug Larina vor.
„Du kannst ja auch hier bleiben. Manche Leute finden es ästhetisch im Blut zu ertrinken.“ Dann ließ sich Kona von der Flut mitreißen.
*
Schnell wurde er in den Gang getrieben, durch den sie in die Halle gekommen waren. Ein kleiner Teil war hier noch nicht überflutet, sodass Kona atmen konnte. Immer wieder wurde er allerdings nach unten gerissen und mehr als einmal musste er Blut schlucken. Es schmeckte widerlich. Kona wusste nicht, wie lange er so fortgerissen wurde. Es kam ihm vor, wie eine Ewigkeit. Wahrscheinlich war es weniger, als eine Minute. Schließlich wurde er in einen höhlenartigen Gang gespült, der, den Windstößen nach zu urteilen, zu den Nasenlöchern der Schildkröte führte und in der anderen Richtung, über Umwege, zum Ohr. Durch diesen Gang hatten Kona und Zerberus die Freunde gefunden. Hier stand das Blut nur knietief und die Strömung war nicht so stark. Kona sah sich gerade um, als durch den Seitengang Salan, Larina und Zerberus angespült kamen. Sie sahen aus, wie aus einer Horrorgeschichte entsprungen, schienen aber nicht verletzt zu sein.
„Das ist widerlich!“, verkündete Larina, völlig blutüberzogen.
„Denk immer dran, das ist nur Nasenblut“, beruhigte sie Kona.
„Ja, das ist wirklich ein gewaltiger Unterschied!“, giftete sie zurück. „Können wir jetzt hier verschwinden?“
„Wir gehen wieder durch die Nase“, beschloss Salan. „Oder geht es durch das Ohr schneller, Kona?“ Kona schüttelte den Kopf. „Den Weg können wir nicht nehmen. Nachdem Orak und Parto randaliert haben, ist der Ohrgang eingestürzt. Die beiden sind wohl noch irgendwie raus gekommen, aber wir kommen da nicht durch.“
„Wie kann ein Ohr einstürzen?“, wollte Larina wissen.
„Hab ich mich auch gefragt“, gab Kona zu. „Aber als ich durch den Gehörgang irrte, fielen mir unbekannte Gesteinsadern auf. Ich dachte schon, ich hätte ein neues Element entdeckt. Aber dann kam ich drauf. Das war Ohrenschmalz! Der hat sich beim Erdbeben gelöst und den Gang versperrt.“
„Also gut. Durch die Nase. Auf geht’s!“
Die Freunde bahnten sich den Weg aus dem Inneren der Schildkröte. Der Blutspiegel sank, je näher sie dem Ausgang kamen. Gleichzeitig wurde die Strömung stärker. Jeder Schritt konnte eine unkontrollierbare Rutschpartie zur Folge haben. Das bedeutete, am Rand der Höhle, einen lebensgefährlichen Sturz. Fast wäre es passiert, doch immer wieder schafften sie es, sich irgendwo fest zu halten.
„Ich mache drei Kreuze, wenn wir hier raus sind!“, brummte Larina
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