Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)
rechten Seite. Beginnend in einer Höhe von zirka dreihundert Fuß bis zu einer Höhe von über viertausend Fuß. Sie erstreckt sich über eine ganze Meile, obwohl sie auch tief in den Felsen hineingebaut wurde. Die Leute wollen ja alle einen Platz an der Sonne und das heißt in Victoria mindestens ein Fenster in der Felswand oder gar eine Terrasse.«
»Wie gelangt der Eisexpress in diese Stadt?«
»Von der Eisebene führt ein langer Tunnel nach Victoria hinunter.«
»Und wir sollen einfach an dieser Bahnstrecke warten, bis ein Zug vorbeifährt und dann aufspringen?«
»Eine andere Wahl haben wir nicht.« Thomas kicherte.
»Ich hoffe, dass wir wenigstens einen Plan haben, wie wir das bewerkstelligen können.«
»Geduld, mein Lieber«, lachte Eliane, »der Plan befindet sich in Ausarbeitung.«
Martin seufzte.
»Vermutlich wird improvisiert wie immer. Aber um die Geografie-Stunde abzuschließen: Was kommt nach Victoria? Gibt es noch weitere Städte in diesem Graben?«
»Nein, weiter unten liegen nur ein paar unbedeutende Waldsiedlungen. Der Graben von Stonehenge endet dann nach fünfzig Meilen abrupt an einer Felswand. Dort verschwindet auch der graue Fluss.«
»Der graue Fluss?«
»Das ist der Abfluss des Giftsees. Er stürzt dort in eine unergründliche Spalte.«
»Seltsam. Irgendwie muss doch das Wasser wieder an die Oberfläche gelangen. Diese Welt muss doch über einen Wasserkreislauf verfügen, damit sie funktioniert. Wo kommen sonst das Eis und der Schnee her?«
»Der Äquator-Gürtel von Tiffany ist eine riesige Seenlandschaft, in der das Wasser an die Oberfläche drückt. Doch frage mich nicht nach dem Mechanismus, der das bewirkt. Da sind sich selbst die gelehrten Köpfe uneins.«
»Eine Seenlandschaft am Äquator? Dann ist also nicht der ganze Planet von einer Eiswüste überzogen?«
»Der Rest schon. Tiffany ist ein kalter Planet. Hier befinden wir uns in mittleren Breiten. Tausend Meilen weiter gegen den Pol zu ist es noch viel ungemütlicher.«
»Wo befinden sich eigentlich die beiden Homunkuli?«, warf Eliane ein. »Sie sind bisher nicht zurück gekommen.«
»Sie werden wohl draußen warten.« Thomas zuckte die Schultern.
In diesem Moment kam der mechanische Kellner wieder angerauscht und begann aus seinem Sprechtrichter zu palavern:
»Milady, Gentlemen, ich habe Ihnen eine wichtige Botschaft zu überbringen.«
»Nur zu!«, forderte ihn Eliane auf. »Wir sind ganz Ohr.«
Nun drang anstelle der mechanischen Raspelstimme die Stimme der Kommandantin aus dem Trichter:
»Lady Eliane, Herr Dampfbusch und Herr Thomas, ich möchte Sie um Ihre geschätzte Aufmerksamkeit bitten. Wenn Sie diese Botschaft vernehmen, befinde ich mich bereits auf dem Weg nach Stonehenge. Ich habe vor meiner Abreise die Homunkuli zur Bewachung der Insel abkommandiert. Sie stehen also nicht mehr zu Ihrer Verfügung. Es wäre ein unverzeihlicher Fehler, wenn die gestrandete Insel in die Hände der Feinde oder von Piraten fallen würde. Die Homunkuli werden sie bewachen und verteidigen, bis sie eine Einsatztruppe übernimmt, die ich von Stonehenge schicken werde. Im Notfall werden sie die Insel sprengen. Ich hoffe, dass es nicht dazu kommen wird, denn ich will die Luftinsel, dort, wo sie jetzt ist, zu einem Fort ausbauen, als Vorposten von Stonehenge und auch zum Schutz von Victoria. Für Sie, Milady, Gentlemen, steht dort, wo Herr Thomas in die Insel eingedrungen ist, ein Transportmittel zur Verfügung, mit dem Sie mühelos den Eisexpress erreichen können. Übermorgen um die Mittagszeit sollte ein Express von Orb zurückkommen. Wenn Sie ihn erwischen, können sie damit nach Victoria fahren und dann von dort den nächsten Express nach Orb nehmen. Machen Sie es sich in der Zwischenzeit auf der Insel bequem. Der Überbringer dieser Nachricht wird auch weiterhin für Ihr Wohl sorgen und Ihnen Ihre Quartiere zeigen. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Reise. Bitte überreichen Sie der Kaiserin meine besten Grüße.«
Es knisterte und knackte im Sprechtrichter des Mechanischen und dann war wieder die Roboterstimme zu hören:
»Milady, Gentlemen, ich stehe zu Ihrer Verfügung.«
»Die Lady hat sich einfach die Homunkuli unter den Nagel gerissen«, sagte Thomas erstaunt.
VICTORIA
Martin und Thomas gingen hinunter zu dem Außenschott, durch das Thomas mit dem Schremp und den Homunkuli in die Insel eingedrungen war. Es stand offen und ein Mechanischer war daran, den Eingang vom Schnee zu
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