Die Reise Nach Petuschki
nach und lächelte selig...
Ich lächle ebenfalls. Ich erinnere mich an sein »widerlich« und lächle selig. Und ich sehe, wie mir von ferne die Engel zuwinken und von mir fortfliegen, wie versprochen.
Kutschino — Shelesnodoroshnaja
Doch zuerst trotzdem zu ihr. Zuerst — zu ihr! Sie sehen, auf dem Bahnsteig, mit dem Zopf vom Nacken bis zum Hintern, und vor Erregung glühen, entflammen und trinken, trinken... bis zum Umfallen. Und weiden, zwischen Lilien weiden — solange bis du vergehst!
Bringt mir Spangen, Bänder und Geschmeide, bringt mir Perlen, Samt und Seide.
Wie eine Königin will ich mich prächtig schmücken, um meinen König — er kehrt wieder — zu entzücken. Dieses Mädchen ist weiß Gott kein Mädchen! Diese Verführerin ist kein Mädchen, sondern eine Ballade in A-bemoll-Dur! Diese rothaarige Furie — das ist keine Frau, das ist Zauberei! Ihr werdet fragen: Wo hast du die bloß ausgegraben, Wenitschka, wo kommt sie her, diese rothaarige Schlunze? Kann es denn in Petuschki überhaupt was Brauchbares geben?
»Es kann«, antworte ich euch. Ich sage das so laut, daß Moskau und Petuschki davon erzittern.
In Moskau, nein, da nicht, aber in Petuschki schon. Na, und wenn schon »Schlunze«. Aber was für eine harmonische Schlunze! Wenn euch interessiert, wo und wie ich sie ausgegraben habe, wenn euch das tatsächlich interessiert, dann hört, ihr Schamlosen, ich erzähle euch alles. Ich sagte schon, daß in Petuschki der Jasmin nie verblüht und der Vogelgesang nie verstummt. So auch an jenem Tag, genau vor zwölf Wochen. Es sangen die Vöglein, und es blühte der Jasmin. Und außerdem wurde irgend jemandes Geburtstag gefeiert. Es waren Unmengen von Alkoholischem vorhanden. Ich weiß nicht mehr, waren es zehn Flaschen, zwölf oder fünfundzwanzig. Und darüber hinaus war alles da, was sich ein Mensch wünschen kann, der all das ausgetrunken hat, das heißt: einfach alles, vom Faßbier bis zum Flaschenbier. Und was noch; werdet ihr fragen, was war noch da?
Es waren noch zwei Mannsbilder da und drei schielende Kreaturen, eine besoffener als die andere, ein unbeschreibliches Tohuwabohu und wildes Gegröle. Sonst war da nichts mehr, glaube ich.
Ich mixte und trank. Ich mixte Wodka der Marke Rossijskaja mit Shiguli-Bier, und während ich die drei Kreaturen beobachtete, fühlte ich, daß eine gewisse Inspiration von ihnen ausging. Welcher Art diese Inspiration war, vermag ich nicht zu sagen, deshalb mixte ich wieder und trank, und je größer diese »gewisse« Inspiration wurde, desto öfter mixte ich und trank, wodurch die Inspiration allmählich immer schärfere Konturen annahm. Auf Gegenseitigkeit beruhte sie nur bei einer von ihnen, nur bei einer! O rotblonde Wimpern, länger noch als eure Haare auf dem Kopf! O unschuldige Plüschaugen, weiß wie Schnee und fahl wie Wachs! O taubenblaue Zauberflügel!
»Sie also sind Jerofejew«, sagte sie und neigte sich leicht zu mir, senkte ihre Wimpern und hob sie wieder.
»Na klar, wer denn sonst!«
(O Harmonische! Woher weiß sie das?)
»Ich hab mal was von Ihnen gelesen. Wissen Sie, ich hätte nie gedacht, daß man auf fünfzig Seiten so viel haarsträubendes Zeug unterbringen könnte. Das übersteigt alle menschlichen Kräfte!«
»Und ob es das tut!« Ich war geschmeichelt, mixte mir ein neues Glas und trank es aus. »Wenn es sein muß, kann ich noch mehr unterbringen! Immer höher, immer weiter...!«
Damit fing alles an. Genauer, es fing die Bewußtlosigkeit an. Ein Blackout von drei Stunden. Was habe ich getrunken? Worüber habe ich gesprochen? Was habe ich gemixt? Vielleicht hätte es diesen Blackout nie gegeben, wenn ich getrunken hätte, ohne zu mixen. Jedenfalls kam ich nach ungefähr drei Stunden zu mir und fand mich in folgender Situation: ich sitze am Tisch, mixe und trinke.
Und außer uns beiden — niemand. Sie sitzt neben mir und lacht mich aus, wonnig wie ein Kind. Ich dachte: Ein unerhörtes Weib! Das ist eine Frau, deren Brust bis heute von bloßen Vorahnungen gedrückt wird. Das ist eine Frau, bei der vor mir noch keiner auch nur den Puls gefühlt hat. O wonnevoller Kitzel in der Seele und überall. Sie nahm das Glas und führte sich noch hundert Gramm zu Gemüte. Sie trank stehend, den Kopf nach hinten geworfen wie eine Pianistin. Und als sie ausgetrunken hatte, pustete sie alles aus sich heraus, alles, was sie hatte. Dann verbog sie ihren Körper wie eine Schlange und begann in wellenförmigen Bewegungen mit den Hüften
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