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Die Reise Nach Petuschki

Titel: Die Reise Nach Petuschki Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wenedikt Jerofejew
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zu kreisen. Und das alles so plastisch, daß ich ihr nicht Zusehen konnte, ohne zu erbeben ...
    Schamlos, wie ihr seid, werdet ihr jetzt natürlich fragen: Und, Wenitschka, hat sie ...? Was soll ich euch darauf antworten. Klar hat sie ...! Wäre ja noch schöner, wenn sie nicht... hätte! Sie hatte mir ganz frei heraus gesagt: »Leg deinen rechten Arm gebieterisch um meine Schulter!« Ha-ha. »Gebieterisch« und »rechten Arm«! So beschickert wie ich war, schaffte ich es nicht einmal, ihr an den Bauch zu grapschen, ich grapschte dauernd am Bauch vorbei... Geschweige denn gebieterisch umarmen ... Spiele nur mit deinen satten Rundungen! dachte ich, während ich mixte und trank. Spiele nur, schöne Verfüh-rerin! Spiele nur, Kleopatra! Spiele nur, du dralle Schickse, bis das Herz des Poeten verschmachtet! Alles, was ich besitze, alles, was ich auch nur vielleicht besitze — all das schleudere ich heute auf Aphrodites weißen Altar der Liebe!
    So dachte ich, und sie lachte. Dann kam sie wieder zum Tisch und trank, ex, noch hundertfünfzig Gramm, denn sie war vollkommen, und der Vollkommenheit sind keine Grenzen gesetzt...

Shelesnodoroshnaja  —  Tschornoje
    Sie trank aus und warf irgendwas Überflüssiges von sich ab. Wenn sie, dachte ich, wenn sie jetzt über das Überflüssige hinaus auch noch das abwirft, was darunter ist — Himmel und Erde würden erbeben. »Nun, Wenitschka«, sagte sie, »wie findest du meine ...?« Ich wurde ganz schwach in den Knien vor Verlangen und wartete mit zugeschnürter Kehle auf die Sünde. »Genau dreißig Jahre bin ich auf der Welt«, sagte ich ihr, »aber noch nie habe ich erlebt, daß jemand so schöne
    Was nun? Sollte ich es jetzt mit schmeichlerischer Zärtlichkeit versuchen oder lieber mit betörender Wildheit? Weiß der Teufel. Mir ist nie ganz klar, wann ich eine Betrunkene wie behandeln soll... Ich habe, wollt ihr es wissen?, ich habe wenig Erfahrung, sowohl mit Betrunkenen als auch mit Nüchternen. Ich habe sie immer nur in Gedanken begehrt, doch kaum war das Begehren da, blieb vor Angst das Herz stehen. Der Wunsch war da, aber es fehlte die Absicht, sobald die Absicht aufkam, schwand der Wunsch. Und während ich sie mit dem Herzen begehrte, erstarb in mir jeder Gedanke.
    Ich bin sehr widersprüchlich. Einerseits gefällt es mir, daß sie eine Taille haben und wir keine, das erfüllt mich, wie soll ich sagen?, mit »Zärtlichkeit« oder so was. Ja richtig, das erfüllt mich mit Zärtlichkeit. Aber andererseits haben sie Jean Paul Marat mit Federmessern erstochen, Marat den Unbestechlichen, und das hätten sie nicht tun sollen. Das erstickt in mir jegliche Zärtlichkeit. Einerseits gefällt es mir, wie schon Karl Marx, daß sie so schwach sind und beim Pinkeln in die Hocke gehen müssen. Das gefällt mir, das weckt in mir, ja, was weckt das in mir? »Zärtlichkeit« oder so was? Ja richtig, das weckt Zärtlichkeit in mir. Aber andererseits haben sie mit dem Revolver auf unseren Wladimir Iljitsch geschossen! Auch das erstickt wieder jegliche Zärtlichkeit. Meinetwegen, sollen sie in die Hocke gehen, aber warum auf Lenin schießen? Wie soll man nach alledem noch Zärtlichkeit fühlen? Lächerlich! Aber ich schweife vom Thema ab ...
    Also, wie sollte ich mich denn jetzt geben? Schrecklich wild oder betörend zärtlich?
    Sie selbst, sie selbst traf für mich die Wahl. Sie beugte sich zu mir herab und streichelte mit ihrem Händchen meine Wange. In dieser Geste war etwas von Ermunterung, etwas von Spiel und etwas von einer leichten Ohrfeige. Und von einer Kußhand war da auch noch was. Und dann dieses trübe, schweinische Weiß in den Pupillen, weißer als weiße Mäuse und weißer als der siebente Himmel! Und der Bauch — wie Himmel und Erde. Fast hätte ich aufgeschluchzt vor Erregung. Mir wurde heiß und kalt, und dann vermischte sich alles: Rosen und Lilien, das Tor zum Garten Eden, feucht und bebend, und ganz und gar umrankt von kleinen, flaumigen Löckchen, Besinnungslosigkeit und rotblonde Wimpern. O zuckender Schlund des Lebens! O schamlose Plüschaugen! O Metze mit Augen wie Wolken! O wonnig-süßer Nabel!
    Es mußte sich alles vermischen, um beginnen zu können, um sich jeden Freitag zu wiederholen und unvergeßlich zu bleiben. Ich weiß es: auch heute wird es so sein, wieder Rausch und gebrochene Herzen ...
    Ihr werdet sagen: Glaubst du etwa, Wenitschka, du bist ihr einziger Herzensbrecher?
    Was geht's mich an! Und euch erst recht! Selbst wenn sie untreu ist —

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