Die Reise zum Ich
doch es genügt nicht, Inkubator zu sein«?
P.: Mein Leben lang habe ich nicht bemerkt, daß ich dieser
Brutkasten bin. Was ich zu tun versuchte war, zu erreichen, daß der Brutkasten tat, was eigentlich das Baby tun sollte, anstatt zu warten, bis jemand kommt und es aufnimmt, und es ist interessant, daß ich an keinem Punkt das Gefühl hatte, das Baby werde aufwachen und die Tür
öffnen. Es muß etwas von außen geschehen.
A.: Wenn man ein Inkubator ist, gibt es da etwas, was ein
Agieren von außen nahelegt?
P.: Ich bin das Agieren von außen, sagen Sie?
A.: Der Inkubator ist ein Agieren von außen, eine Menge
Agieren, eine Menge Manipulation der Apparatur in
jenem Raum, jenem keimfreien Raum. Er ist ganz und
gar Aktion von außen, die sich ganz und gar auf das Baby
zentriert, als sei das Überleben des Babys ohne eine
solche Bebrütung nicht ausreichend gesichert.
P.: Nun, es fühlt sich so an: Ich bin zu einem bestimmten
Zweck aufgestellt worden: alles normal und konstant zu
erhalten. Wenn ich es nicht tue, versage ich. Und als
Inkubator verfüge ich nicht über einen eigenen freien
Willen, und so muß ich warten bis jemand von draußen
etwas durch mich zu bewirken versucht, ob es das öffnen
der hermetisch verschlossenen Tür ist oder die Veränderung einer der Konstanten. Ich habe keine Ahnung, ob das Kind das nun braucht oder nicht, weil ich darüber
wahrhaftig nichts weiß.«
Das Band läuft noch lange, was erkennen läßt, daß wir in einen
Engpaß gerieten, der in der Sitzung nicht überwunden werden
konnte: Das »Baby« im Patienten will heraus, will leben, wird
aber nicht um Hilfe schreien oder Verzweiflung empfinden ,
weil es nicht raus kann. Doch kann es allein durch das Gefühl
befreit werden, denn es sind die Gefühle des Patienten, die hier
verschlossen liegen und durch das Denken und die Selbstmanipulation (Inkubator) des Patienten verdrängt wurden. Nachdem diese Situation aufgedeckt worden war, wurde das Problem direkt in einem Encounter des Patienten mit seiner Frau angegangen. Durchgehend vermochten sie lediglich ihre momentanen Gefühle zu äußern (d.h., unter Hintansetzung ihrer 126
Meinungen, ihrer Deutungen, ihrer Gedanken und Urteile).
Dies war nicht nur dem Patienten von Nutzen, sondern auch für
die Kommunikation zwischen den Eheleuten sehr lohnend.
In Fällen, in denen nicht nur Gefühle und physische Symptome,
sondern auch die Bildersicht und das Kommunikationsbedürfnis gering sind, kann ein früherer Traum des Patienten als therapeutische Ausgangsbasis dienen. Die unter Wirkung von
MMDA gesteigerte Fähigkeit zur Bildersicht erleichtert es dem
Patienten, sich seine Träume in Erinnerung zu rufen und sie als
im Gange befindlichen Prozeß aufzufassen, während die ebenfalls gesteigerte Fähigkeit, Metaphern und Symbole zu lesen, die Erschließung ihrer Bedeutung erleichtert.
Der nun folgende Ausschnitt aus einer Sitzung eines jungen
Psychiater-Kollegen soll die vorangegangenen Beispiele für
den Umgang mit Bildern ergänzen, da es den Prozeß der »Begegnung« der verschiedenen Unter-Ichs des Patienten, wie sie sich in den vielfältigen Traumelementen darstellen, verdeutlicht. Diese Methode ist allen Arten der Gestalttherapie gemeinsam, ist aber noch kaum beschrieben worden, und in Verbindung mit MMDA (und Ibogain) kann sie sich als so nützlich erweisen, daß sie eine ausführlichere Beschreibung verdient.
Der Traum, der in dieser Sitzung erforscht werden sollte, bestand in einem einzigen Bild, das der Patient vor Einsetzen der Drogenwirkung schilderte, denn dieses Bild entstammte einem
Traum, an den er sich als Ganzes nicht mehr zu erinnern vermochte: Er sah einen Plastikbeutel voll Wasser, an dessen Innenseite sich ein Krebs festklammerte.
Der Patient wurde vom Arzt zunächst angewiesen, dieses
Traumgesicht in Beziehung zu seinem Leben zu bringen und in
dem Krebs sich selbst zu sehen. Darauf entgegnete er: »Dies ist
mein Dasein. Ich bin ein Krebs im Sack. Ich klammere mich
fest. Ich kann mich nicht rühren. Ich ziehe den Kopf ein.«
Dies hatte durchaus seinen Sinn, denn auch im Wachzustand
fühlte er sich wie gelähmt. Als der Arzt ihn aufforderte, sein
Krebsdasein zu schildern, wird ihm schlagartig klar, daß seine
Isolation nicht auf den Sack zurückzuführen ist, sondern auf
den Panzer, der den Körper des Krebses umschließt. Er reagiert
mit dem Wunsch, sich von ihm zu befreien und mit seinen
Mitmenschen in unmittelbaren
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