Die Reise zum Ich
ein kleines Kind in die Luft
geschleudert worden. Plötzlich wurde ihr klar, daß man, wie mit
einer Puppe, mit ihr gespielt hatte, daß sie sich diese Rolle
tatsächlich angeeignet und ihr Leben lang den Clown gespielt
hatte, um den anderen zu gefallen. Doch hatte sie dabei fortwährend unter dem Gefühl gelitten, daß ihre wahren Impulse unterdrückt wurden, und sie empfand tiefe Einsamkeit bei dem
Gedanken, daß niemand sie brauche, es sei denn zum Amüsement.
Dieser Reaktionsablauf läßt erkennen, daß der Gewinn des
MMDA für die Therapie nicht nur in der Aufdeckung eines
wichtigen Schlüssels (das Bild des Clowns) zum Konflikt der
Patientin bestand (sie »spielt« den Clown, möchte aber geliebt
werden, wie sie ist). Nachdem sie diesen Signalknopf einmal
betätigt hatte, änderte sich die Qualität ihrer Drogenerfahrung:
Ihre Gefühle waren freigesetzt worden, und von der Reaktion
auf visuelle Erfahrung schwenkte sie zur gefühlssteigernden
über (sie fühlte sich wie ein Gegenstand in die Luft geschleudert). Dieses unangenehme Gefühl, wie ein Gegenstand behandelt zu werden, führte zum bewußten Erkennen: Sie selbst machte sich zum Objekt, indem sie sich ihrer Umwelt als solches präsentierte. Zu guter Letzt trat ein neues Gefühl auf den Plan: Sie wollte das gar nicht; sie wollte geliebt werden. Aufschlußreich war, daß sie nach der Sitzung etliche Tage an starkem Nahrungsbedürfnis litt, das bei einem späteren Therapiegespräch schlagartig verschwand: Es gelang ihr, ihr Verlangen nach Liebe voll und ganz zu akzeptieren. Dieser Prozeß darf in
seiner Gesamtheit als Aufstieg aus der erlebnisarmen MMDA-
Reaktion von Typ 3 betrachtet werden, obwohl die MMDA-
Reaktion erst nach Abschluß der Sitzung eintrat.
Diese gedrängte Darstellung mag vielleicht die Art und Weise
des Eingreifens in den Ablauf des Prozesses, der zur Entsymbo-
lisierung der Bilderfahrung führte, zu arg simplifizieren. Es
kann notwendig werden, ein Bild wieder und wieder ins Bewußtsein zu holen, seine Transformationen zu verfolgen und die Empfindungen des Patienten aufmerksam zu registrieren,
während die auf der Szene auftauchenden Objekte oder Personen identifiziert und an diesem oder jenem Punkt interpretiert werden müssen und so weiter.
Der im folgenden wiedergegebene Ausschnitt aus der Niederschrift einer unter Droge aufgenommenen Tonbandaufzeich122
nung, bei der es nicht zur erwarteten Gefühlsexplosion kam,
soll als Beispiel für die detaillierte Exploration eines Bildes
dienen und zeigen, wie weit man mit Hilfe eines nicht-interpre-
tativen Vorgehens bei der Deutung gelangen kann.
»Arzt: Wir wollen uns jetzt mit diesem Bild befassen. Könnten Sie dieser Ort sein, in den Sie eintreten?
Patient: Dieser Ort sein ?
A.: Ja, sagen Sie mir wie es ist, dieser Ort zu sein.
P.: Da gibt's für mich ein Problem, weil ich nicht weiß, was in
ihm ist, ehe ich ihn nicht öffne. Um diesen Ort zu finden,
muß ich wissen, was in Babys drin ist. Recht so? Welches
soll ich mir vornehmen?
A.: Welches Sie wollen.
P.: Okey. Ich bin dieser Ort, und drinnen ist dieses Baby,
und ich warte, daß jemand kommt und die Tür öffnet und
es herausnimmt. Und ich versuche irgendwie aufzupassen. Ich bin neugierig darauf.
A.: Können Sie mir erzählen, w/eSie sind? Könnten Sie sich
selbst beschreiben?
P.: Nicht allzu gut. Aber ein Teil von mir blickt nach drau
ßen. Außerhalb von mir ist Licht, strahlendes Licht, eine
schöne Außenwelt, und ich bin eine Art Schild, der das
Draußen nicht nach drinnen lassen will. Das Drinnen ist
amorph, schwarz, neutral, nichts von Gefühl, aber doch
das Gefühl, ausgeschlossen, gestoppt zu sein, als ob ich
auf jemanden warte, der dieses Baby hochnimmt und
rausbringt, und es scheint gewissermaßen meine Aufgabe zu sein, dieses Baby vor der Außenwelt abzuschirmen, es sozusagen kühl zu lagern.
A.: Es kühl zu halten. Sehen Sie einen Sinn in dieser Rolle
Ihres Selbst, in ihrer Beschützerfunktion?
P.: Meinen Sie mein normales Ich oder mein jetziges in
diesem Augenblick?
A.: Nein, in Ihrem täglichen Leben. Sehen Sie sich als etwas,
das einen sehr kostbaren Teil abschirmt?
P.: Das ist sehr interessant. Meine Tendenz, oh, sie wird
ziemlich stark, glaube ich, sobald ich mir klar werde, wie
ich es bekommen kann, wird meine bewußte Tendenz die
sein, hineinzugehen und es aufzunehmen und es recht
schnell herauszuholen, wahrscheinlich schneller als ich
sollte.
A.: Wieder
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