Die Reise zum Ich
beiden Fälle hier noch erwähnt habe, so deshalb, weil ich anderen das gleiche Vertrauen in Harmalin vermitteln möchte, das ich nach anfänglicher Skepsis nun selbst besitze, ein Vertrauen, das sich auch anderen Therapeuten
mitteilen und sich zum Wohl weiterer Patienten in ähnlicher
Situation auswirken sollte. Wir Psychiater neigen dazu, dem
Wert des verbalen Ausdrucks zu sehr zu vertrauen und den des
motorischen Ausdrucks, wie er sich bei diesen Patientinnen
gezeigt hat, zu unterschätzen. Wir pflegen das psychomotorische Erregung zu nennen. Wenn es auch verhältnismäßig selten zu rein motorischem Ausdruck kommt, halte ich es doch für
wichtig, von ihm zu wissen, da er auf die nicht-verbale Dimension jeglicher Drogenerfahrung, wenn nicht gar jeder therapeutischen Sitzung, ein Licht wirft.
178
5. Kapitel
Ibogain - Wachtraum und Wirklichkeit
Ibogain ist eines von zwölf Alkaloiden, die man aus der Wurzel
einer westafrikanischen Pflanze, Tabernanthe iboga, isolieren
kann. Vagen Berichten zufolge wurde es im Kongo vorwiegend
als Stimulans benutzt, und als solches wird es auch bei de ropp in
Drugs and ihe Mind angeführt. Und ebenfalls als Stimulans
fand es vor einigen Jahrzehnten Eingang in die französische
Medizin, (gerschoms Feststellung, daß Ibogain ein Inhibitor
[Hemmstoff] für MAO [Monoaminoxidase] ist, dürfte eine Erklärung für seine Anwendung nach klassischer Methode bieten und beweist, daß es - schon lange vor dem Auftauchen von
Iproniazid, Tofranil und so weiter - das erste Antidepressivum
dieser Art der Schulmedizin ist.)
Im Juli 1966 legte ich bei einer Tagung über psychedelische
Substanzen, die richard baker (Roshi) in San Francisco für die
Universität von Kalifornien organisiert hatte, einen Bericht
über meine ersten Versuche mit dem Alkaloid in Verbindung
mit der Psychotherapie vor, in dem ich die halluzinogenen
Wirkungen bei größeren Ibogaindosen beschrieb. Seitdem ist
es im gleichen Zusammenhang von einer zunehmenden Anzahl
von
Psychiatern,
vornehmlich
in
Südamerika,
angewandt
worden.
Meinem hiesigen Bericht an dieser Stelle habe ich die Aufzeichnungen von vierzig therapeutischen Gruppensitzungen mit dreißig Patienten zugrunde gelegt, bei denen ich entweder lbo-gäin oder reinen Iboga-Extrakt benutzte, sowie von zehn Sitzungen mit einer anderen Gruppe, bei der ich Iboga-Extrakt in Verbindung mit dem einen oder anderen Amphetamin anwandte. Meine allgemeinen Angaben stützen sich zudem auf eine breite Skala nicht dokumentierter Erfahrungen, die mir zu
statistischen Zwecken dienten. Teils handelte es sich dabei um
Erfahrungen mit weiteren Patienten, teils um Informationsmaterial aus medizinischen Konferenzen mit meinen Kollegen an der Universität von Chile. Die Anzahl der in meiner Gegenwart
durchgeführten Behandlungen oder von solchen, deren Verlauf
mir indirekt bekannt wurde, beträgt annähernd einhundert.
1 7 9
Was die physischen Wirkungen betrifft, verursachen weder
Ibogain
noch
Harmala-Alkaloide
eine
Pupillenerweiterung
oder ein Ansteigen des Blutdrucks, wie bei den LSD-ähnlichen
Halluzinogenen oder den Amphetaminderivaten MDA und
MMDA der Fall. Auch ähnelt das Ibogain dem Harmalin insofern, als es öfter als alle anderen psychoaktiven Chemikalien, Alkohol ausgenommen, Gleichgewichtsstörungen und Erbrechen hervorruft.
Angesichts des häufigen Auftretens dieser Symptome ist es
ratsam, dem Patienten die Droge bei leerem Magen zu verabreichen und bei der ersten Sitzung nicht mehr als 4 mg per Kilo Körpergewicht. Meiner Meinung nach liegt die ideale Dosierung zwischen 3 und 5 mg per Kilo, je nachdem, wie der einzelne individuell auf die Droge anspricht. Wird die Dosis
oral in einer Gelatinekapsel eingenommen, zeigen sich die
Symptome etwa nach fünfundvierzig bis sechzig Minuten. Sie
können acht bis zwölf Stunden anhalten, und manche Patienten
berichteten von subjektiven Nachwirkungen, die sie sogar noch
nach vierundzwanzig Stunden (20 Prozent), sechsunddreißig
Stunden (15 Prozent) oder noch länger (5 Prozent) spürten.
Doch selbst in diesem Fall befindet sich der Patient gewöhnlich
sechs bis acht Stunden nach Einsetzen der Drogenwirkung
wieder in seinem Normalzustand. In der Mehrzahl beendete ich
die Sitzung nach sieben Stunden oder schon eher und ließ den
Patienten in entsprechender Gesellschaft zurück. Zur Verhütung von Übelkeit kann auch Dramamin benutzt werden, entweder bei der ersten Sitzung oder auch
Weitere Kostenlose Bücher