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Die Reise zum Ich

Die Reise zum Ich

Titel: Die Reise zum Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Naranjo
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später, wenn man weiß, daß der Betreffende mit Erbrechen reagiert.
    Eine bequeme Couch oder ein Bett sind als Rahmen für die
    Behandlung unentbehrlich, denn die Mehrzahl der Patienten
    möchte während der ersten Stunden oder gar die längste Zeit
    der Sitzung liegen, weil ihnen übel wird, wenn sie auf sind oder
    sich bewegen. Andere hingegen empfinden irgendwann in der
    Sitzung das Verlangen, sich zu bewegen oder gar zu tanzen (35
    Prozent nach meinen Data), und dies kann sich als signifikanter
    Aspekt ihrer Erfahrung erweisen - worauf ich später eingehen
    werde. Aus diesem Grunde ist es wünschenswert, daß ein gewisses Maß an Raum zur Verfügung steht.
    Dringt man in den subjektiven Bereich vor, entdeckt man
    einige Ähnlichkeiten zwischen den jeweils mit Ibogain und
    Harmalin hervorgerufenen Erfahrungsinhalten, obgleich andererseits auch gerade hier das Spezifische einer jeden Erfahrung 180

    am deutlichsten in Erscheinung tritt. Allgemein läßt sich sagen,
    daß in den von beiden erzeugten Wachträumen archetypische
    Inhalte und Tiere am häufigsten Vorkommen, während die
    Handlungsvorgänge sich oft durch zerstörerische oder sexuelle
    Elemente kennzeichnen.
    Trotz der Ähnlichkeit der Wirkung von Ibogain und Harmalin
    gibt es bei der ersteren gewisse Besonderheiten, die ihr in der
    Psychotherapie einen eigenen Platz einräumen. Ibogain ruft
    weniger visuell-symbolische Erfahrungen hervor als Harmalin.
    Bei keiner anderen Droge habe ich so häufig Wutausbrüche
    erlebt, wie unter der Wirkung von Ibogain. Auch bei Harmalin-
    Erfahrungen ist Aggression ein häufiges Thema, doch dort
    findet sie nur in visuellen Symbolen Ausdruck. TMA, das angeblich Feindseligkeit auslöst, kennzeichnet sich nach meiner Erfahrung eher durch einen wahnhaften Zustand, wobei sich
    die Feindseligkeit mehr in paranoidem Denken als in tatsächlichen Empfindungen äußert. Bei Ibogain wird der Zorn nicht auf die gegenwärtige Situation des Patienten projiziert (übertragen im psychoanalytischen Sinn, würde ich sagen), vielmehr auf Personen oder Situationen der Vergangenheit, und zwar auf
    die Person, durch den er ursprünglich erregt wurde. Dies steht
    im Einklang mit der allgemeinen Tendenz des unter Ibogain
    stehenden Änalysanden, sich in Reminiszenzen und Fantasien
    seiner Kinderzeit zu ergehen.
    Das häufige Auftreten von Tieren, Primitiven, sexuellen Themen und Aggression in der Ibogain- und Harmalin-Erfahrung dürfte zu dem Schluß berechtigen, daß diese Drogen speziell
    die triebhafte Seite der Psyche angehen. Daß hier hauptsächlich
    das »Tier im Menschen« angesprochen wird, steht in krassem
    Gegensatz zu der Wirkung der luftigen oder ätherischen »Psy-
    chedelica«, die den Analysanden mit dem »Gott im Menschen«
    oder den »Teufel im Menschen« in Berührung bringt, desgleichen zu den ganz auf das Innenleben gerichteten Drogen wie MDA und MMDA, die den Analysanden dazu bewegen, sich
    auf sein individuelles Sein und auf seine Beziehungen zu seinem
    Mitmenschen zu konzentrieren.
    Von qualitativen Unterschieden der Ibogain-Erfahrung abgesehen, gibt es auch inhaltliche: Ihr Inhalt ist weniger rein archetypischer Natur, sondern spielt sich mehr in der Kindheit der betreffenden Person ab, wobei gewisse Themen für den durch
    das Alkaloid ausgelösten inneren Zustand typisch zu sein scheinen, vor allem Symbolbilder wie Brunnen, Röhren und Sumpf181

    tiere. Der Leser wird sich von dieser Besonderheit anhand der
    Fallbeispiele auf den folgenden Seiten selbst ein Bild machen.
    Das erste Fallbeispiel, das ich hier vorlege, beschränkt sich auf
    die Beschreibung einer Sitzung. Die Vielfalt der auftauchenden
    Episoden kann als gedrängtes Panorama der möglichen Wirkungsarten
    betrachtet
    werden
    und
    der
    Erörterung
    ihrer
    Zweckmäßigkeit für die Psychotherapie dienen.
    Es handelt sich um den Fall eines jungen Arztes, der selbst
    Psychiater werden wollte. Sein Interesse an einer therapeutischen Begegnung mit der Droge war auf das Empfinden zurückzuführen, daß es ihm an echtem Kontakt mit seinen Mitmenschen mangele und er an seinem Liebesieben, seiner Arbeit oder seinem Tun im allgemeinen innerlich nicht recht beteiligt
    sei. »Ich habe das Gefühl, daß ich vieles nur automatisch tue,
    und daß was ich tue, keinen Wert hat«, sagte er. »Der Kontakt
    mit anderen müßte von Wesensmitte zu Wesensmitte bestehen.«
    Um sich für die Ibogain-Sitzung vorzubereiten, hatte er an

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