Die Reise zum Ich
anderer Erfahrungsqualität gewesen. Die Sex-Szene, als seine Mutter seinen Vater abweist, oder die
Kastration durch die Löwin und ebenso eine weitere, der Kürze
zuliebe nicht angeführte Traumsequenz waren mehr Ausdruck
seiner Psychopathologie als seines Normalzustands, mehr der
aufgesplitterten Persönlichkeit als seines »Selbst«. Während
das Leben, wenn es in seinem natürlichen Rhythmus dahinfließt, der beste Psychotherapeut sein kann, trifft dies stets nicht zu, wenn die Sub-Egos der Person in Konflikt geraten. Hier
sieht sich der Psychotherapeut erst wirklich gefordert. Hier ist
es seine Aufgabe - wie bei den Shamanen der Eskimos -
verlorengegangene Seelen wieder zu finden. Dementsprechend
werden es die dunkleren Seiten der Ibogain-Erfahrung sein,
von dem der größte Teil dieses Kapitels handelt.
Ehe wir uns indes in diesen Bereich begeben, müssen wir uns
mit der charakteristischeren Form der visionären Erfahrung bei
Ibogain befassen, - genau jener Art von Erfahrung, die der
Proband unseres Beispiels nicht an den Tag legte. Während sich
in seinem Fall, vermutlich aufgrund seiner extrovertierten Natur, die visionäre Erfahrung in seinem Verhältnis zur Umwelt niederschlug, reflektiert sie sich in anderen Fällen in der Innenwelt durch das Medium der Imagination, deren symbolische Bilder oft von überwältigender Schönheit sind oder halbverschleiert den Inhaltsreichtum des Mythenhaften aufweisen.
Hier bewegen wir uns im Bereich der archetypischen Erfahrung
- im gebräuchlicheren Sinn des Begriffs Archetypus, wobei das
Schwergewicht auf der visuellen Darstellung liegt -, wiewohl
ich zumal nach meinen Experimenten mit Ibogain der Meinung
bin, daß das visuelle Symbol nicht die archetypische Essenz
wiedergibt, sondern diese sich in der vermittelten Erfahrung
niederschlägt, die ebenso in motorischer Bewegung Ausdruck
finden kann (Tanz, Ritual) wie auch in Projektion auf die
Wahrnehmung der Außenwelt - wie bei unserem Patienten der
Fall. Er sah die Dinge plötzlich neu, »als hätten sie zuvor nicht
existiert«, und war nun imstande, hinter die Masken der anderen zu blicken und mit deren wahren Selbst in Kommunikation zu treten und bei der Betrachtung der Fotos in der jeweiligen
Geste ein Symbol beziehungsweise die Verkörperung einer
transzendenten Intention oder aber im Gegenteil die absolute
Bedeutungslosigkeit einer Geste zu erkennen. Wie weit man
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hier von archetypischer Wahrnehmung - im üblichen Sinn des
Wortes - oder von archetypischer Bewegung oder Aussage,
oder archetypischem Denken oder auch von archetypischer
Imagination sprechen kann oder nicht, muß man doch gerade
letztere als gesonderten psychologischen Prozeß, als Teil einer
nur flüchtigen oder auch länger andauernden Erfahrung während der Sitzung betrachten, die etwa die Hälfte aller mit Ibogain behandelten Personen erlebte. Ich bringe hier Ausschnitte
aus einer Aufzeichnung einer solchen Erfahrung:
»Ich sehe Blau , blau, blau. Ich sitze auf dem Boden, den
Körper aufgerichtet. Mühelos kann ich mich im Sitzen
rundum drehen. Alles ist blau .. . blau ... Alles ist schön. Ich
strecke meinen Arm aus und ziehe im Drehen einen Kreis um
mich. Ich sitze immer noch auf dem Boden und ziehe einen
weißen Kreis um mich inmitten dieser türkisblauen Atmosphäre, in der ich schwebe. Dann ziehe ich mit der Hand einen kleineren weißen Kreis und blicke aufwärts dabei. Ich
bin völlig eingehüllt in diese blaue Atmosphäre, in der ich
ringsum einen weißen Kreis entdecke und einen kleineren
darüber . . . Auch Weiß. Diese Atmosphäre ist dicht. Ich
versuche, durch meinen oberen Kreis zu blicken ... ein
Periskop? Was sehe ich dort? Ein klares Licht leuchtet auf in
dieser dichten blauen Atmosphäre. Es wird ein Lichtstrahl
daraus. Ich blicke durch meinen weißen Kreis, schaue, mehr
Licht fällt in die Röhre, mehr weißes Licht, mehr und mehr ,
mit blendender Gewalt, und immer noch mehr. Immer mehr.
Ich blicke durch den weißen Lichtstrahl hindurch und weiß,
daß Er dort ist, Er, und . . . jenes Licht, jene Röhre. Jener
ungeheure weiße Strahl ist jenseits blau, blau, Blau'. Und es
ist ein anderes Blau als das erste. Ein reines, lichtes Blau,
transparent, ewig, endlos, seren, aufwärtssteigend, das ist das
All'. Weiß-blau, das ist körperlose Ferne, unermeßliche ungeheure Größe. Uber jedes Gesetz erhabenes Universum.
Das war Gott. Gott. Gott.
Es kam ganz überraschend. Ich
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