Die Reise Zur Stadt Der Toten
ihm Etienne. Er wandte seine Aufmerksamkeit dem Teleskop zu. »Und jetzt - wenn es dir nichts ausmacht, Homat - habe ich noch einige Himmelsbeobachtungen vorzunehmen, und Lyra braucht ihren Schönheitsschlaf.«
Homat starrte ihn mit aufgerissenem Mund an. »Aber ihr sollt angegriffen werden! Ihr müßt Vorbereitungen treffen, um euch zu verteidigen.«
»Vielleicht brauchen wir gar nicht zu kämpfen, Homat.«
»Das will ich hoffen«, murmelte Lyra unruhig. »Notwehr oder nicht - wenn unsere Sponsoren erfahren sollten, daß wir uns fahrlässig in eine bewaffnete Auseinandersetzung mit Eingeborenen der Klasse Vier-B eingelassen haben, würden wir unser Leben lang keine Zuwendung mehr bekommen.«
»Sei nicht so verdammt besorgt um das Wohlergehen dieser reizenden, aufmerksamen Eingeborenen. Worüber machst du dir Sorgen? Wird Homat etwa vor dem Forschungsausschuß erscheinen und dort verkünden, daß wir schon vorher über den Angriff informiert waren?« Nach Monaten des Streits mit seiner Frau war Etienne mehr als bereit, sich endlich einmal mit jemand anderem anzulegen. Sollte die Vorschriften doch der Teufel holen!
Außerdem ärgerte ihn die Unredlichkeit Po Rabis. Er erinnerte sich an die Höflichkeit des Botschafters und das warme Gefühl der Zufriedenheit, das sie empfunden hatten, ehe sie die Reise angetreten hatten. Wenn Homats Geständnis sich als wahr erwies, dann bedeutete das, daß all diese freundlichen Worte von Hilfe und Beistand und von Teilen eines Wissens nur leeres Gewäsch gewesen waren.
Vielleicht war Changrit wirklich die letzte Stadt, die mit Po Rabi verbündet war. Aber vielleicht war sie das auch nicht. Es würde sicher nicht schaden, nicht nur der Zanur von Po Rabi eine Lektion zu erteilen, sondern auch irgendwelchen anderen Mai, die das Geisterboot begehrten - die Lektion nämlich, daß man mit den friedlichen menschlichen Besuchern besser keine Händel anfing. Ja, sie waren es den Mai ja fast schuldig, ihnen einmal zu zeigen, wozu Wissenschaftler fähig waren, wenn man sie ärgerte. Indem sie das taten, würden sie sie schnell entmutigen, noch einmal solche Angriffe zu wagen, und damit würden sie in Zukunft Leben retten.
»Es stört mich trotzdem, kämpfen zu müssen«, sagte Lyra leise.
»Ich verstehe.« Er war durchaus bereit, verständnisvoll zu sein, jetzt, wo er sich entschlossen hatte, wie er mit den Changrititen umspringen würde. »Aber wenn es darauf hinausläuft, ist es Notwehr. Außerdem, indem wir kämpfen, entsprechen wir nur den lokalen Gebräuchen. Erinnerst du dich, wie der Rest der Fischerflotte uns zugejubelt hat?
Irgendein furchtsamer Aufsichtsrat würde das vielleicht mißbilligen, aber der Rest der Mai sicher nicht.«
Sie sprach jetzt wieder in Terranglo, Homat sah sie ausdruckslos an und wünschte sich dabei inbrünstig, er könnte das fremde Geplapper verstehen.
»Wir brauchten ja nur die Repeller einzusetzen.«
»Das wäre aber gefährlich, wenn sie ein oder zwei Netze über uns werfen könnten. Du weißt doch, wie instabil das Boot bei Repellerfahrt ist. Das wäre das letzte Mittel. Außerdem, wenn wir nicht irgendeine Reaktion auslösen, dann haben wir in bezug auf Irquit nur Homats Aussage. Was, wenn sie keine Meuchelmörderin ist - lediglich eine ganz harmlose Kollegin Homats? Was, wenn ihre Anweisungen nur lauten, sich aus allem herauszuhalten und den Changri-titen die Dreckarbeit zu überlassen? Vielleicht versucht er nur, sie aus dem Geschäft herauszudrängen, indem er alleine mit uns zusammenarbeitet. Indem wir ihre Reaktionen beobachten, werden wir den schlüssigen Beweis für seine Aussage bekommen. Wenn sie, sobald wir einmal an Changrit vorbei sind, nichts gegen uns unternimmt, dann haben wir ein neues Problem.«
Lyra seufzte und schüttelte betrübt den Kopf. »Das wird meine Notizen verdammt kompliziert machen.«
»Wenn das unsere einzige Sorge ist, während wir Changrit passieren«, konterte er, »dann wäre das nicht schlecht. Außerdem solltest nämlich du die Chance nicht außer acht lassen, daß du das Verhalten der Mai im Kampf studieren kannst.«
Sie antwortete darauf mit einem Schnauben, das selbst Homat verstehen konnte.
Die folgende Nacht auf dem Skar war ebenso wolkenlos und klar. Als die Sonne hinter der fernen Canyonwand zu versinken begann, spähte Etienne durch die Kuppel des Cockpits zu Irquit hinaus, die sichtlich unruhig war. Er nickte für sich, als er ihren Gesichtsausdruck studierte. Punkt eins an Homat.
Die
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