Die Reise Zur Stadt Der Toten
beugte sich vor, hob den Zhaloo auf und umfaßte ihn mit fester Hand, während er auf die Tür zuging, die seinen Lehrmeister besiegt hatte.
Diesmal überraschte Gwattwe das Licht nicht. Der Student war barfuß, und das Wasser, in dem er stand, schützte ihn nicht vor den Feuergeistern. So war sein Abschied von der Existenz noch viel spektakulärer als der Enaromekas.
Von dem Energieausbruch verschlungen, ging ein mächtiges Zucken durch ihn, und dann sprang er über die Schiffswand oder wurde vielleicht auch darübergeschleudert.
Zwei Krieger legten widerstrebend ihre Rüstungen ab und sprangen in den Fluß, um den Mann ans Ufer zu ziehen. Gwattwe untersuchte die Leiche des Studenten mit großem Interesse; sie war zerbrochen und verzerrt, wenn auch ganz anders als die Enaromekas. Seine Fußsohlen waren verkohlt, und an beiden Beinen wiesen schwarze Streifen nach oben. Der Gestank von verbranntem Fleisch lag in der Morgenluft.
Aber da war kein Feuer gewesen, nur ein Lichtausbruch und ein lautes, knisterndes Geräusch. Pungiram, einer der Ältesten von Aib, war aufs Dock gekommen.
»Mir scheint, mein Oyt Gwattwe, daß die haarigen Fremden doch nicht so dumm sind, wie sie ursprünglich erschienen.«
»So scheint es.« Gwattwe zeigte keinen Kummer über den plötzlichen Verlust seines Geisterdoktors. Er beäugte das Boot jetzt mit noch mehr Interesse denn je. »In dieser ersten Probe des Vertrauens und der Freundschaft sind sie die Sieger geblieben. Aber ich bin hartnäckig, Alter. Es muß irgendeinen Weg geben, den Schutzgeist aus diesem Boot zu vertreiben, damit wir es endlich in Besitz nehmen können.«
Pungiram entschied sich dafür, nicht zu schweigen. »Du wirst nicht viele finden, lieber Oyt Gwattwe, die bereit sind, mit den unbekannten Geistern zu kämpfen, ganz besonders mit Geistern, die so schnell töten wie jene, die dieses Boot behüten.«
»Ich habe keine Angst vor Geistern«, sagte Gwattwe, darauf bedacht, sich mit ein paar schnell ausgeführten Zeichen zu schützen, »vor Geistern, die von dieser Welt sind. Aber es ist immer eine neue Sache, sich mit einem Geist auseinanderzusetzen, der aus dem Jenseits kommt. Aber ich bin nicht so sicher, ob wir es hier mit einem Geist zu tun haben.
Dieses Boot ist ein Ding aus Metall und anderen fremdartigen Substanzen. Das ist kein richtiges Geisterhaus.«
»Haben wir denn eine Ahnung davon, was andere Geister als angemessene Wohnstatt betrachten?«
»Vielleicht werden wir es lernen. Ich werde nicht aufgeben und zu meinem Haus zurückgehen.«
Er hob den Blick und ließ ihn die Handelsstraße hinunterwandern, die die großen Haarigen verschluckt hatte. »Der Weg nach Turput ist lang, der Weg zurück auch. Uns bleibt viel Zeit.«
Die überlebenden Studenten hatten sich um den Oyt geschart. Er sah sie mit gefurchter Stirn an. »Was bleibt euch?«
»Wir müssen mit dem Lehrer etwas tun.« Der Sprecher deutete auf die geschwärzte Leiche Enaromekas. »Er muß ein angemessenes Begräbnis erhalten.«
»Er muß sein Holz und seine Reise zum Meer bekommen«, verlangte ein anderer.
»Richtig«, sagte Gwattwe. »Wer von euch will ihn dadurch ehren, daß er als erster das Geisterboot betritt, um den Leichnam zu entfernen?«
Schnelle Blicke wanderten zwischen den Gelehrten hin und her. Sie entschieden sich dafür, daß es am besten wäre, die Angelegenheit gründlich zu besprechen, ehe endgültige Entscheidungen getroffen wurden. Sie entfernten sich in Richtung auf die Stadt und argumentierten lautstark miteinander.
Jetzt, wo sein innerer Frieden und seine Ruhe wiederhergestellt waren, dachte Gwattwe erneut über das Ziel seiner Träume nach. Er hatte nie einen der wunderbaren Stadtstaaten besucht, von denen die Händler erzählten, sondern war nur ein kurzes Stück flußabwärts gereist. Aber Kekkalong hatte er besucht und seinen Reichtum bewundert. Das Geisterboot war nicht mehr als ein weiteres neues Ding, das man studieren und verstehen mußte, so wie er es gelernt hatte, die Funktion von Macht und Wohlstand zu verstehen. Er würde sich große Mühe geben, geduldig zu sein.
Das würde er müssen, sonst würde er bald keine Ratgeber mehr haben.
Er würde eine Rede halten und den tapferen Enaromeka preisen. Dann würden alle an ihre Arbeit zurückkehren. Morgen würde er aufs neue über das Problem nachdenken. Das war alles, was es brauchte: gründliches Nachdenken und genügend viele Morgen.
Aber es würde nicht ausreichen, seinen Beratern Befehle zu
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