Die Reise Zur Stadt Der Toten
wurde.
»Ihr seid hier willkommen. Wir hoffen, daß euer Besuch uns ehren wird.«
Höflich, offen, ohne die vielen Mehrdeutigkeiten, wie die Mai sie in solchen Begrüßungsphrasen oft einflochten. Trotz seiner ursprünglichen Vorbehalte bemerkte Etienne, daß er anfing, die Tsla zu mögen. Dieses Geschöpf hatte etwas Elegantes an sich, wie kein Mai es bisher an den Tag gelegt hatte - nicht einmal der beflissene Botschafter Ror de-Kelwhoang von Po Rabi.
»Folgt mir, und ich werde euch an einen Ort der Ruhe bringen. Eure Freunde«, fügte er mit einer kaum wahrnehmbaren Andeutung von Unbehagen hinzu, während er auf die Träger deutete, »sind ebenfalls willkommen.«
»Sehr großzügig von Euch«, erwiderte Lyra gebührend, als der Tsla sich umwandte, um sie in die Stadt zu führen.
Ihr Begleiter schlug ein gemessenes Tempo an und schien darauf bedacht, die Besucher nicht zu ermüden. Statt jeden Fuß zu heben und ihn dann nach vorn zu führen und aufzusetzen, war der Schritt der Tsla eher ein Schlurfen und Gleiten. Der Umhang, der den breiten Rücken des Geschöpfes bedeckte, war dunkelbraun und von einem in der Mitte von oben nach unten verlaufenden einzelnen gelben Streifen durchsetzt. Dasselbe Motiv war auch auf der Toga zu erkennen. Plötzlich wurde Etienne bewußt, wie gut ihm der Anblick eines anderen intelligenten Wesens tat, das behaart war. Kahlheit war nicht nur bei den Mai die Norm, sondern auch bei den Thranx.
Nachdem sie die Stadt betreten hatten, begrüßte sie jeder Tsla, den sie passierten, indem er ebenso die Hände hob, wie der Torhüter das getan hatte; so als wollten sie die Luft liebkosen. Die Mai murmelten untereinander und drängten sich in einem dichten Knäuel hinter den Menschen zusammen. Etienne wunderte sich über ihre Paranoia, die aber typisch war für die Mai. Hier war nichts, was auf Verrat deutete.
Trauben von Tsla-Kindern folgten ihnen in höflichem Abstand und bewegten dabei ständig ihre Stummelschnauzen, um den Geruch der seltsamen Fremden aufzunehmen. Nicht lange darauf blieb der Torhüter vor einem langen, scheunenähnlichen Gebäude mit einem sanft geschwungenen Dach stehen. Es erinnerte etwas an einen zerbrochenen Krug, den man schräg in die Erde eingelassen hatte.
»Dies ist der Handelsort«, sagte einer der Träger. »Ich war einmal hier, bin aber nicht lange geblieben.«
Der Hüter winkte ihnen zu, einzutreten. Drinnen war es dunkel und kühl. An der rechten Seite fanden sie eine Reihe miteinander verbundener Kammern mit Oberlichten, die in die gewölbte Decke eingelassen waren. Das Glas war von recht guter Qualität mit nur wenigen Blasen. In dem Raum war es mindestens zehn Grad wärmer als draußen im Korridor.
»Für eure Freunde«, verkündete der Hüter, »und für euch ebenfalls, wenn ihr das wünscht.«
»Nein, danke.« Etienne sah zu, wie die Mai sich vergnügt in den großen Saal drängten und sich dann so aufstellten, daß sie die Gesichter der Sonne zuwandten. Sie legten ihre Lasten ab, ohne auf entsprechende Anweisungen zu warten. »Ich glaube, wir ziehen die Art von Räumen vor, wie ihr sie selbst gebraucht.«
»Wie ihr wünscht.« Der Hüter führte sie wieder in den Korridor hinaus und weiter ins Innere des Gebäudes, bis sie einen kleineren Raum erreicht hatten, der mit dem Aroma von frischem Weihrauch erfüllt war.
»Wenn euch dieser Raum paßt, muß ich jetzt gehen.«
»Das tut er«, sagte Etienne.
Lyra strich mit der Hand über die Wand. »Sieh dir das an, Etienne. Die ganze innere Wand ist glasiert wie ein großer Topf!«
Er berührte die glatte Fläche mit den Fingern. »Wasserdicht und kühl im Sommer und reflektiert im Winter die Hitze eines Feuers.« Das einzige Oberlicht im Raum hielt die Wärme nicht so fest wie die im Raum der Träger. Ein in Augenhöhe an der Wand angebrachtes Fenster gab den Blick auf die gepflasterte Straße draußen frei.
Nach einer Weile schloß sich ihnen ein zweiter Tsla an. Er war größer als der Hüter und stand auch etwas aufrechter da, ließ aber ebenfalls eine etwas gekrümmte obere Wirbelsäulenpartie erkennen. Er trug ein ähnliches Gewand aus Toga und Umhang, aber in Schwarz, mit zwei goldenen Streifen.
»Ich bin Tyl. Ich habe die Ehre, während eures Besuches in Turput euer Gastgeber und Führer zu sein.« Er machte aus seiner eigenen Neugierde bezüglich der Fremden kein Geheimnis. »Wenn ihr irgend etwas wünscht, so braucht ihr es bloß zu sagen. Und wenn man es euch geben kann, werdet
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