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Die Reisen des Paulus

Die Reisen des Paulus

Titel: Die Reisen des Paulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernle Bradford
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gefangengehalten wurde, wie es die Legende wissen will. Julius vertraute seinem Gefangenen wohl mittlerweile, und schließlich war es Paulus, der seine Sache aus freien Stücken dem Kaiser in Rom vortragen wollte. Die anderen Gefangenen dagegen wurden zweifellos eingekerkert.
    Eine sehr unangenehme Sache – denn der Winter auf Malta ist zwar nicht besonders kalt, aber manchmal sehr windig und naß. Von Julius’ Standpunkt betrachtet, war es nicht
    * Der Bischof des 1. Jahrhunderts ist mit dem des 20. Jahrhunderts kaum zu vergleichen. Er hatte nicht so große Machtbefugnisse und wurde zudem von der Gemeinde gewählt. (A. d. Ü.)
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    schlimm, wenn einer von ihnen dabei starb – wahrscheinlich würden sie sowieso ihr Leben in der Arena lassen –, er mußte nur darauf achthaben, daß keiner von ihnen entkam.
    Und die kleine Insel, nur 29 Kilometer lang und 14 Kilometer breit, war in sich Gefängnis genug, wenn das Segeljahr zu Ende ging und keine Schiffe mehr verfügbar waren.
    Wäre einer mit einem gestohlenen Boot geflohen, so hätte er nicht weiter kommen können als bis zur kleinen Nachbarinsel Gozo. Und dort war er noch mehr von der Außenwelt abgeschnitten.
    Lukas berichtet, daß nach der sensationellen Genesung von Publius’ Vater zahlreiche Leute von der Insel zu Paulus kamen, »die Krankheiten hatten, und ließen sich gesund machen«. Man darf vermuten, daß hier auch Lukas’ medizinische Kenntnisse eine gewisse Rolle spielten. Er schreibt:
    »Und sie taten uns große Ehre; und als wir abreisten, luden sie auf, was uns not war.« (Hervorhebung von mir, E.
    B.) Die tiefergelegenen Abschnitte von Malta waren teilweise Malariagebiete und blieben es, bis man dem im 20. Jahrhundert dank der modernen Wissenschaft abhelfen konnte.
    Lukas faßt sich bei der Beschreibung des Winters auf Malta recht kurz, zweifellos deshalb, weil er die Landessprache nicht verstand. Er schließt seinen Bericht mit den Worten:
    »Nach drei Monaten aber fuhren wir ab in einem Schif-fe von Alexandrien, welches bei der Insel überwintert hatte und das Zeichen der Zwillinge führte.« Sicher ein Getreidefrachter, der vielleicht in jener Bucht an der Ostseite Maltas lag, die man heute den Großen Hafen nennt. Beim
    »Zeichen der Zwillinge«, unter deren Schutz Paulus und die anderen in See stachen, handelte es sich um Kastor und 352
    Pollux, die Söhne des Zeus, der ihnen Unsterblichkeit verlieh, indem er sie als Sternbild in den Himmel setzte – es trägt heute noch den Namen Zwillinge.
    Im November waren sie gestrandet, und da sie sich nur drei Monate auf Malta aufhielten, müssen sie vor der offiziellen Eröffnung des Segeljahres aufgebrochen sein – vielleicht Anfang Februar 62. Paulus war jetzt weit über fünfzig Jahre alt und hatte alles nur Erdenkliche erlitten, war aber seinem Traum unverbrüchlich treu geblieben. Er hatte ein Netz von Gemeinden in der Levante, in Kleinasien, Mazedonien und Griechenland geschaffen, und nun konnte er auch die kleine Insel Malta auf der Liste seiner Erfolge verbuchen. Vor ihm lag Rom. Doch er wollte nicht nur die Stadt sehen, sondern auch unbedingt erkunden, wie es dort mit den Christen stand. Gab es überhaupt noch welche nach der Vertreibung durch Claudius? Der Kapitän stach wohl auch deshalb so früh in See, weil er möglichst frühzeitig den Getreidemarkt erreichen wollte. Jetzt ließen sich die höchsten Preise erzielen, zumal, wenn er den anderen Frachtern aus Alexandrien zuvorkam. Noch einen Grund hatte der Kapitän. Zu dieser Zeit des Jahres wehen viele Südwinde, und Sizilien, das nächste Ziel, lag nur 120 Kilometer weiter nördlich. Sie fuhren an Kap Passero vorbei, dem südlichsten Punkt Siziliens. Dann wurden die Windbedingungen anscheinend ungünstig, denn sie liefen Syrakus an und blieben drei Tage dort. Vor mehr als vier Jahrhunderten war hier die athenische Flotte im Peloponnesischen Krieg zerstört und das Schicksal Athens besiegelt worden. Lukas mag das ge-wußt haben, aber es ist zweifelhaft, ob Paulus alte und tote Geschichte überhaupt etwas bedeutete. Einst war Syrakus 353
    einer der größten Häfen des Mittelmeers und eine der größ-
    ten griechischen Gründungen gewesen. Jetzt stellte die Stadt nicht mehr dar als einen unter vielen wichtigeren Handelshäfen im Verkehrssystem des Römischen Reiches.
    Dann drehte sich der Wind. Sie nahmen Nordkurs, am
    gewaltigen Massiv des Ätna vorbei, auf dem wohl Schnee lag. Bei dieser Küstenfahrt im Februar dürfte es nicht eben

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