Die Reiter der Sarmaten
Bodicas Sklaven zugeben würden, wohin ihre Herrin gefahren war, wenn sie es überhaupt wußten. Alles andere waren Gerüchte, und was schlimmer war, sie wurden von Leuten erzählt, die selbst einem illegalen Kult anhingen. Aber vielleicht hatte ich eine Lösung für ein anderes Problem gefunden.
Ich erzählte Eukairios von Siyavak und seinem Entschluß, Bodicas Pläne aufzuspüren und zu entlarven. »Hast du in Eburacum ebenfalls Freunde?« fragte ich.
Er sah mich nervös an. »Es gibt eine kleine ekklesia in Eburacum«, gab er zu.
»Eine was?«
»Eine … eine Gemeinde. Von Gläubigen. Wir benutzen das griechische Wort.«
»Könnte jemand in dieser Gemeinde Briefe für Siyavak schreiben und sie mir heimlich schicken? Er ist ein junger, impulsiver Mann, und ich mache mir Sorgen um ihn, wenn er ganz sich selbst überlassen den Intrigen dieser Dame ausgesetzt ist. Sollte es ihm gelingen, etwas herauszufinden, so könnte es ihn das Leben kosten, wenn er selbst es zu enthüllen versuchte. Aber ich habe keinen Weg, Kontakt mit ihm aufzunehmen, den sie nicht hintertreiben könnte – und ich kann auch nicht völlig ausschließen, daß Comittus in Cilurnum für sie spioniert. Er ist ihr Verwandter und bewundert sie sehr. Ich brauche einen Kommunikationsweg, von dem sie nichts weiß und den sie nicht beeinflussen kann. Deine Freunde könnten ihn schaffen. Und ich würde es sehr begrüßen, wenn sie, und dein Freund hier, uns weiter berichten könnten, was sie von diesen ›Kontakten‹ erfahren.«
Er schwieg, nervös auf den Boden starrend.
»Vielleicht haben deine Glaubensbrüder mehr Sympathie für diese Druiden als für die römischen Behörden, die euch verfolgen?« fragte ich.
»Nein!« antwortete er heftig. »Nein, wir beten für die Obrigkeit, und wir wissen ganz genau, daß die Druiden uns viel grausamer behandeln würden, als es die Römer tun. Es stimmt, was Valerius Natalis gesagt hat: Niemand hat sich um die Gemeinden in Britannien groß gekümmert. Nein, es geht bloß darum … es ist bloß, daß Ihr vorschlagt, wir sollten ein Bündnis schließen mit … mit …« einem Stamm blutdürstiger Barbaren, wollte er wohl sagen – »einer weltlichen Macht, und wir …« Er unterbrach sich und dachte nach. »Aber wir sind ein Teil der Provinz Britannien, auch wenn die meisten von uns weder römische Bürger noch Angehörige eines britannischen Stammes sind. Wenn es zu einem … Aufstand«, es fiel ihm schwer, das Wort auszusprechen, »in Brigantia und zu Invasionen durch kaledonische Stämme käme, würden wir wie alle anderen darunter zu leiden haben. Es würde uns noch schwerer treffen, wenn die Druiden ein eigenes Königreich errichteten. Ich weiß nicht, Herr. Ich kann nicht für die Christen in Eburacum sprechen. Ich muß ihnen schreiben, und ich werde beten, daß sich alles zum Guten wenden möge.«
»Das ist ein fairer Vorschlag«, sagte ich. »Ich werde versuchen, eine Möglichkeit zu finden, um in den nächsten Wochen mit dir nach Eburacum zu reiten.«
10
Tatsächlich brauchte ich mir keinen Grund für einen Besuch in Eburacum auszudenken. Der Legat brach am folgenden Morgen auf, um in sein befestigtes Legionslager zurückzukehren, und er nahm außer seinen Legionären auch den Vierten Drachen mit. Vor seiner Abreise schickte er mir durch Kurier einen Brief, in dem er mich bat, ihn Anfang Januar zu besuchen, um die Pläne wegen der Pferdezucht »und einige andere Angelegenheiten, die aufgekommen sind«, zu besprechen.
Ich war froh über die Einladung, allerdings auch ein wenig besorgt wegen der »anderen Angelegenheiten«. Vor allem aber entschloß ich mich, der Farm meiner Lebensretterin so bald wie möglich einen Besuch abzustatten; ich wollte Pervica reichlich Zeit geben, sich die Idee mit der Pferdezucht zu überlegen und rechtzeitig vor meinem Besuch in Eburacum ihre Entscheidung zu treffen.
Inzwischen war es Mitte Dezember geworden, und die Zeit der Sonnenwende nahte, an der wir Sarmaten Sada, das Fest des Winterfeuers, begehen. Die Römer feiern etwa zur gleichen Zeit das Fest der Saturnalien zu Ehren des Gottes Saturn, und wir hatten vereinbart, in Cilurnum die heiligen Tage gemeinsam zu feiern. Die Vorbereitungen für dieses Fest nahmen unsere Zeit sehr in Anspruch, aber sobald ich mich von den Nachwirkungen des »Jagdunfalls« völlig erholt hatte, nahm ich mir vor, mich einen Tag freizumachen, um zur Farm hinüberzureiten und Pervica zu besuchen.
»Ich komme mit«,
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