Die Reiter der Sarmaten
Situationen zu bewältigen – und jedesmal wenn ich sie sah, wuchs mein Vertrauen, wuchsen meine Liebe und mein Begehren. Von allem anderen abgesehen, sagte ich mir, würde längeres Zögern auch ihrem Ruf schaden. Jedermann wußte, daß sie mein Gast war und meinetwegen nach Cilurnum gekommen war. Ich hatte mich entschieden, ich liebte sie und wollte sie zur Frau, und ich war mir ziemlich sicher, daß sie mich nicht abweisen würde. Warum sollte ich es nicht wagen, sie zu fragen?
Am Abend des dritten und letzten Tages der Feiern zum Sadafest bekam ich meine Chance. Alle Welt war im sarmatischen Lager versammelt, die Männer meines Drachen, die Asturier und nahezu alle Bewohner des Dorfes. Es gab Musik, und einige kräftige Bur sehen brachten sogar noch die Energie auf zu tanzen. Alle Offiziere hatten sich, zum Teil mit ihren Frauen oder Schwestern, am Hauptfeuer versammelt und saßen unter dem Schutzdach vor meinem Wagen. Die Sterne glänzten hell am winterlichen Himmel, und manchmal sprühte ein Funkenregen wie geschmolzenes Gold aus dem Feuer. Wir rösteten Kastanien und tranken dazu etwas heißen gewürzten Wein.
»Es ist wunderschön«, sagte Pervica, gegen einen Strohballen gelehnt, träumerisch; der Schein des Feuers warf einen goldenen Schimmer über ihr Gesicht und umspielte ihren Hals mit tiefen Schatten. »Ich kann mir gut vorstellen, Ariantes, daß jemand, der dies hier gewöhnt ist, nicht in einem Haus leben mag.«
»Nach meiner Einschätzung dürfte es aber einigermaßen ungemütlich sein, in so einem Wagen zu schlafen«, sagte Longus. »Es muß ziemlich zugig sein, vor allem in der kalten Jahreszeit.«
»Es ist im Gegenteil sehr behaglich und bequem«, versicherte ich ihnen. »In unserer Heimat gibt es oft tiefen Schnee im Winter, sogar schon vor der Sonnenwende. Aber im Wagen ist es immer angenehm warm.«
Pervica wandte sich um und betrachtete meinen Wagen. »Kommt der Wind nicht durch den Fußboden hoch?« fragte sie.
»Er ist mit Filz abgedeckt«, antwortete ich. »Und mit Teppichen. Ich werde es Euch zeigen.« Ich stand auf und streckte die Hand zu ihr aus. Sie zögerte fast unmerklich einen Augenblick, bevor sie sie ergriff.
Im Wagen war es dunkel, und ich ließ die Tür offen, sowohl um das Feuerlicht einzulassen, als auch um die Etikette zu wahren. Sie stolperte über einen Teppich, den sie nicht bemerkt hatte, so daß ich sie mit den Armen auffangen mußte. Sie lachte. Ich lachte nicht. Das Verlangen nach ihr, das ich so lange zurückgehalten hatte, flammte auf wie ein trockener Kiefernzweig im Feuer, als ich sie berührte, und ich hatte das Gefühl, mein Herz stände plötzlich still.
»Ich wollte schon lange wissen, wie diese Wagen innen aussehen«, sagte sie, als sie dastand, von meinen Armen gehalten, »und jetzt bin ich in einem und weiß es immer noch nicht.«
»Es steht Euch frei, zu jeder Zeit in diesen Wagen zu kommen«, sagte ich mit rauher Stimme. »Wenn Ihr ihn wollt, gehört er Euch. Ich biete ihn Euch hiermit an.«
Sie lachte wieder. »Ihr müßt zuviel getrunken haben. Ich habe Euch gesagt, ich werde keine weiteren Geschenke von Euch annehmen. Sicherlich nicht Euren eigenen Wagen. Wo würdet Ihr leben?«
»Hier. Mit Euch.«
Ich konnte spüren, wie das Lachen plötzlich erstarrte und ihre Muskeln sich unter meinen Händen spannten. »Ich bin nicht sicher, was Ihr meint«, sagte sie mit gepreßter Stimme.
Ich ließ sie los. Er hätte mir klar sein müssen – auch wenn ich mit römischen oder britischen Sitten in diesen Dingen nicht vertraut war –, daß ich meinen Antrag auf eine formellere Weise vorbringen mußte. »Es tut mir leid«, sagte ich. »Ich meinte es ehrenhaft.«
»Was?« fragte sie. »Ich verstehe noch immer nicht.«
»Ich habe Euch einen Heiratsantrag gemacht, Frau Pervica. In der Art, wie es bei uns Sitte ist; wenn ein Mann einer Frau sagt, er biete ihr seinen Wagen an, dann heißt das, er möchte seinen Wagen und sein Leben mit ihr teilen.«
Die Wiederholung meines Antrags machte mich meiner Entscheidung nur noch sicherer. Mein Verlangen nach ihr war keine Augenblicksregung, nein, ich würde alle Jahre hindurch, mein ganzes Leben lang wünschen, zu ihr heimzukommen, in unseren Wagen, liebend und geliebt; ich hoffte, sie würde die Lücke füllen, die Tirgataos Tod gelassen hatte. Pervica hatte mich ins Leben zurückgerufen, und ich wollte, daß sie bei mir blieb, ich wollte das Leben statt des Todes.
»Oh! Oh …« Sie stand sehr still da und
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