Die Reiter der Sarmaten
erlernen müssen«, sagte er, während ich enttäuscht an meiner Unterlippe kaute. Seine Augen funkelten amüsiert.
»Aber das Schreiben ist schwer, und wenn man es nicht sehr jung lernt, lernt man es nie. So habe ich jedenfalls gehört.«
Er lächelte und legte die Feder weg. »Nun ja, wenn ich Euch versichern würde, daß Schreiben leicht ist, würde ich mich in derselben Lage befinden wie Eure Männer, als sie mir versprachen, ein Pferd zu reiten sei die einfachste Sache auf der Welt, weil es die natürliche Fortbewegungsart des Menschen sei – und als ich dann vom Pferd fiel, konnten sie sich das nicht erklären. Ich habe das Schreiben in der Tat sehr jung gelernt, wenn auch nicht ganz so jung, wie sarmatische Kinder das Reiten lernen, denn sie scheinen ja schon vor ihren Müttern im Sattel zu sitzen, bevor sie noch laufen können. Ich werde also nichts weiter sagen, als daß Ihr nach meiner Meinung die Fähigkeit besitzt, es zu lernen, und daß es Euch zweifellos von großem Nutzen sein würde. Aber ich sollte so bald wie möglich meine Freunde aufsuchen und mit ihnen sprechen, damit wir Vereinbarungen treffen können … falls sie zustimmen.«
»Schon gut, schon gut!« sagte ich ungeduldig, denn mir war gerade etwas eingefallen, das ich nicht vergessen durfte. »Wir werden dies morgen früh zu Ende bringen. Ich werde heute nacht in meinem Wagen schlafen, aber du kannst dich, wenn du das möchtest, im Haus des Tribuns einquartieren – oder bei deinen Freunden bleiben.«
Ich konnte am Abend nicht einschlafen, weil meine Gedanken immer noch bei den Dispositionen für die acht Drachen waren, die in Britannien erwartet wurden – und natürlich quälte mich auch die Sorge um Pervica. Ich warf mich auf meinem Lager hin und her, drehte mich von einer Seite auf die andere. Schließlich stand ich auf, zog meinen Mantel über und ging nach draußen. Die Nacht war klar und sehr kalt, der abnehmende Mond stand hoch am Himmel. Es war gegen Mitternacht, alles war ruhig, die Steine des Straßenpflasters und der Mauern sahen im Mondlicht fast weiß aus, während die Schatten tiefschwarz erschienen. Ich ging langsam zu den Ställen hinüber, um nach meinen Pferden zu sehen. Ich war etwa auf halbem Weg, als ich in einiger Entfernung Rufe hörte und den Geruch von Rauch wahrnahm. Dann kam von den Toren der Schall der Trompeten, und von allen Seiten war das Geräusch rennender Füße und rufender Menschen zu hören. Ich lief zum Wagen zurück, hängte mir das Schwert um, nahm die Bogentasche und eilte in die Richtung, aus der die Rufe kamen.
Kurz darauf sah ich, daß ein Haus lichterloh brannte. Ich bog in die Via Principalis ein, an der die Tribunshäuser standen. Aus den Fenstern eines Hauses schlugen Flammen, und alle verfügbaren Männer der Sechsten Legion waren, notdürftig bekleidet, dabei, lange Ketten zu bilden, um das aus dem Aquädukt geschöpfte Wasser in Eimern zum Brandherd zu schaffen. Ein Zenturio trieb einige Männer, die einen Eichenbalken trugen, zur Eile an. Erst jetzt wurde mir klar, daß es das mir zugewiesene Haus war, das in Flammen stand. Vielleicht war Eukairios vom Feuer eingeschlossen. Ich drängte mich an den Legionären vorbei und lief auf das Haus zu.
Die Steinmauern des Hauses strahlten eine glühende Hitze aus, und die Schieferplatten des Daches platzten wie Kastanien im Feuer. Das Wasser, das die Legionäre am Ende der Ketten jetzt pausenlos aus ihren Eimern in die Flammen schleuderten, zischte und dampfte, und dichte Rauchwolken machten es unmöglich, an das Haus heranzukommen. Der Zenturio zeigte mit seinem Rebholzstock auf die Tür, die die Männer mit dem Eichenbalken aufbrechen sollten. Mit rhythmischen Hauruckrufen schwangen sie den Balken immer wieder gegen die Tür, die von innen verbarrikadiert zu sein schien.
»Ist jemand im Haus?« rief ich.
»Dieser sarmatische Kommandeur, der heute angekommen ist«, rief der Zenturio zurück. »Wenn du zu seiner Abteilung gehörst, dann hilf mir, die Tür einzuschlagen!«
Ich ergriff das Ende des Balkens, als sie ihn zurückschwingen ließen. »Mein Sklave …«, begann ich – kam aber nicht weiter, weil die Legionäre den Balken wieder gegen die Tür rammten. Trotz des schweren Stoßes hielt die Tür stand. Beim nächsten Stoß gab sie endlich nach. Eine Glutwelle schlug uns ins Gesicht; ich sah in das weißglühende Innere des Hauses, nur die nackten Außenmauern standen noch, und quer hinter der Tür lagen die verkohlten Reste
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