Die Reiter der Sarmaten
Ritualmord und der Fluchtafel wurde am folgenden Tag im Fort bekannt; Leute aus dem Dorf, die Corstopitum nach dem Fest besucht hatten, brachten sie von dort mit. Wie Facilis es vorhergesagt hatte, wußte bald jeder, was auf der Tafel geschrieben stand. Allgemein wurde angenommen, daß es das Werk von Kaledoniern sei, die sich für ihre Niederlage rächen wollten. Aber ich konnte sehen, daß insbesondere Comittus höchst unglücklich über diese Geschichte war. Er verlor seine ganze Munterkeit und sah verwirrt und fassungslos aus, wenn er mich sah. Mehrmals versuchte er, mich wegen der Tafel anzusprechen, aber ich war noch immer in sehr düsterer Stimmung und ignorierte seine tastenden Fragen. Ich vermute, ihm und Longus wurde jetzt ebenfalls bewußt, daß ich seit meinem »Unfall« nicht mehr an ihren Mahlzeiten teilgenommen hatte. Auch Longus suchte ein Gespräch mit mir, aber ich wollte auch mit ihm nicht über die Sache diskutieren.
Der einzige Mensch, mit dem ich offen sprach, war Eukairios. Ich hatte befürchtet, daß der ermordete Mann sein Freund wäre, daß man ihn wegen seiner Nachforschungen in meiner Sache getötet hätte. Ich war erleichtert zu hören, daß dies nicht der Fall war – das Opfer war ein Zimmermann, der einmal beschuldigt worden war, Holz aus einem heiligen Hain zu verwenden. Aber wahrscheinlich war es nicht angebracht, Erleichterung zu empfinden. Meine Feinde hatten ihn getötet, um mich zu verfluchen, vielleicht hätten sie ihn sonst leben lassen.
Ein paar Tage später, am zweiten Tag des Januar, brach ich dem Wunsch des Legaten gemäß nach Eburacum auf. Meine gesamte Leibwache unter Führung von Banaspados und zusätzlich Kasagos’ Schwadron begleiteten mich. Leimanos übertrug ich den Befehl über den Drachen. Zum Übernachten während des Marsches führten wir unsere Wagen mit. Eukairios kam mit, weil ich seine Hilfe bei den Vorbereitungen für die Einrichtung der Zuchtfarmen brauchte und weil er mit seinen Glaubensbrüdern in Eburacum wegen der von mir vorgeschlagenen Zusammenarbeit verhandeln wollte. Facilis schloß sich uns ebenfalls an, er brummte etwas von dringenden Angelegenheiten, die er bei der Legion zu erledigen habe – aber es war mir klar, daß er dort seine eigenen Nachforschungen über Aurelia Bodicas Umtriebe anstellen wollte.
Ich nahm auch Wildfeuer mit. Ich hatte bereits beträchtliche Erfolge mit dem Trainieren des Hengstes erzielt; er war es nicht gewohnt, bei kaltem Wetter im Freien zu sein, und da er nur in der Nähe unserer Wagen Wärme finden konnte, verlor er allmählich sein Mißtrauen gegen Menschen. Ich hatte gerade damit begonnen, ihn an den Sattel zu gewöhnen, und es würde nicht gut sein, das Training längere Zeit zu unterbrechen.
Am zweiten Tag des Marsches begegneten wir Arshaks Drachen, der von Eburacum kam und in Richtung Norden zu seinem neuen Standort Condercum ritt. Es war ein kalter, grauer Tag, gelegentlich fiel etwas Schnee, aber kurz vor unserem Zusammentreffen kam die Sonne heraus, und wir sahen ihre Waffen und Rüstungen im hellen Licht schimmern. Um die unbeschlagenen Hufe der Pferde zu schonen, ritten sie, wie auch wir es taten, auf den unbefestigten Randstreifen zu beiden Seiten der Straße. Arshak ritt an der Spitze, unter dem goldenen Drachen seiner Standarte. Als wir in seine Nähe kamen, fiel er vom Trab in den Schritt, und als wir fast auf gleicher Höhe waren, hielt er an und gab auch dem Drachen den Befehl, anzuhalten. Ich zog die Zügel an, Farna blieb wenige Schritte von ihm entfernt stehen, und wir starrten uns lange schweigend an. Mir fiel auf, daß er seinen Mantel mit den Skalpen trug. Sein Verbindungsoffizier, Severus, sah uns verwirrt an.
»Sei gegrüßt«, sagte Arshak schließlich. »Ich habe dich nicht gesehen, als du das letztenmal in Corstopitum warst. Ich wollte dir sagen, wie froh ich bin, daß du noch lebst.« Er lächelte.
Ich kannte dieses Lächeln. Ich hatte es oft genug gesehen, wenn er mit Facilis sprach. Ich dachte daran, ihn zu fragen, ob er den Becher der Gastfreundschaft mit mir teilen möchte – aber es war sinnlos, ihn zu reizen. »Ich grüße dich«, sagte ich statt dessen. »Ich werde mich jederzeit freuen, dich zu treffen, wir werden jetzt ja Nachbarn sein.«
Mit anzüglichem Lächeln ließ er die Hand über den Schaft des Speers gleiten. »Du bist ein echter Edelmann, in fast jeder Hinsicht«, erwiderte er. »Ihr seid auf dem Weg nach Eburacum, du und deine …«, seine Augen
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