Die Reiter der Sarmaten
war, mich noch am Leben zu finden, als er mit Leimanos zur Flußau-Farm kam.
Und ich erinnerte mich plötzlich auch mit beunruhigender Lebendigkeit an sein unglückliches Gesicht, als die Nachricht von der Fluchtafel Cilurnum erreichte, an seine zögernden Versuche – wiederholte Versuche –, mit mir darüber zu sprechen, die ich in meiner Sorge um Pervica ungeduldig zurückgewiesen hatte.
»Er ist kein Anhänger der extremen Sekte«, sagte ich. »Er wußte nicht, was Bodica getan hatte, bis die Nachricht das ganze Fort erreichte, und er war bekümmert und unglücklich, als er es erfuhr.«
»Ich denke, daß Ihr recht habt«, sagte Facilis grimmig. »Aber nichtsdestoweniger wird er uns ein paar Erklärungen zu geben haben.«
Wir legten den Rückweg von Eburacum nach Cilurnum so schnell zurück, wie es nur möglich war – obwohl der Zeitgewinn gegenüber dem Hinweg wegen der kurzen Tage und des scheußlichen Wetters nur gering war. Ich ging mit Eukairios die Listen durch und gab Facilis die Namen einiger Druiden, die die Christen als Rädelsführer bezeichnet hatten. Er drängte uns nicht, ihm mehr zu geben.
Es war auffallend, wie gelassen und entspannt er war, er wirkte heiterer, als ich ihn je zuvor erlebt hatte. Er ritt neben meinem Wagen und unterhielt sich mit Vilbia, er spielte mit dem Baby – dessen dünnes Stimmchen von Tag zu Tag kräftiger und lauter wurde –, und an den Abenden plauderte er mit meinen Männern, ohne weiter zu versuchen, seine Kenntnis unserer Sprache zu verheimlichen.
Es stellte sich heraus, daß er Sarmatisch fast auf die gleiche Weise erlernt hatte wie ich Latein, von einem Farmer, der früher auf unserer Seite des Danuvius ansässig gewesen war. Er hatte sich von seinem kärglichen Sold das Geld für den Unterricht abgespart, in der Hoffnung, sich durch die Kenntnis des Sarmatischen seinen Vorgesetzten nützlich machen zu können und so seine Beförderungschancen zu verbessern. Er war wirklich, was er Valerius Natalis und Julius Priscus gesagt hatte, ein Experte für Sarmaten, und er hatte seine vorgesetzten Offiziere seit Jahren beraten.
»Nun, was habt Ihr erwartet?« fragte er mich, als ich meine Überraschung über diese Enthüllung zum Ausdruck brachte. »Ihr wußtet, daß der Kaiser mich selbst für diese Aufgabe bestimmt hatte. Eure drei Drachen waren die ersten, die nach Westen geschickt würden, und besonders bei zwei von ihnen befürchtete man, sie könnten Schwierigkeiten machen. Natürlich wollte der Kaiser einen Offizier, der Erfahrung mit Sarmaten hatte und ihre Sprache kannte, mit der Führung des Truppentransports beauftragen. Die Wahl fiel auf mich, meine Zeugnisse und sonstige Referenzen wiesen mich als besonders geeignet aus. Daß ich die Sache verpfuscht habe, steht auf einem anderen Blatt.«
»Warum nahm man von Fürst Gatalas an, er würde Schwierigkeiten machen?« fragte Banaspados, der bei dem Gespräch dabei war.
Facilis zog die Augenbrauen hoch und grinste ironisch. »Von Gatalas nahm man das nicht an. Er hatte nicht die Villa eines Statthalters der Provinz Asia geplündert, und er trank auch nicht aus dem Schädel eines Zenturios. Es gab noch ein paar andere sarmatische Fürsten, deren Überfälle auf römisches Gebiet so erfolgreich und gefürchtet waren wie die von Ariantes – aber nicht viele. Auch als ich mich entschloß, euch weiter nach Britannien zu folgen, erwartete ich mehr Schwierigkeiten von Ariantes als von den beiden anderen Kommandeuren. Das war auch der Grund, weshalb ich den Legaten darum bat, mich zum Lagerkommandanten von Cilurnum zu machen.«
Wir trafen am vierten Tag des Marsches gegen Mittag in Corstopitum ein. Als wir die Brücke erreichten, teilte sich der Trupp auf: Facilis und Eukairios machten sich auf den Weg in die Stadt, um sich nach einem Platz für Vilbia umzusehen, Kasagos und seine Schwadron sollten in der Nähe die Wagen abstellen und bei ihnen warten. Sobald eine Unterkunft für das Mädchen gefunden war, konnten sie mit den Wagen nach Cilurnum aufbrechen. Ich selbst ritt mit meiner Leibwache zur Flußau-Farm. Ich konnte es kaum erwarten, Pervica wiederzusehen.
Diesmal hatte ich keine Schwierigkeiten, die Farm zu finden. Ich hielt mein Pferd auf der Kuppe des Hügels an und saß eine Weile still da, um zu schauen. Es hatte während der Nacht etwas geschneit, und die Felder lagen unter einer leichten weißen Decke; dahinter glänzte der Fluß eisigsilbern, wenn die Sonne durch die Wolken brach. Die
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