Die Reiter der Sarmaten
denn er machte keinen Versuch, mich nach links zu zwingen – und das genügte. Ich sah das Aufflackern in seinen Augen – er mußte diesmal sorgfältig zielen, da ich so flach auf dem Pferd lag – und schwenkte nach rechts. Der Federbusch meines Helms schlug seine Lanze zur Seite, ich zog Farna mit den Zügeln scharf nach links, und sie prallte so hart gegen sein Pferd, daß beide Pferde taumelten. Ich hatte mich hoch im Sattel aufgerichtet und hieb mit voller Kraft das Schwert auf Arshak hinunter. Der aber hatte seine Lanze schon wieder in Stoßrichtung gebracht, und die Klinge des Schwertes hackte in den Schaft. Ich ließ das Schwert fallen, warf mich aus dem Sattel gegen ihn, stieß ihn mit der vollen Wucht meines Körpers vom Pferd und griff während des Fallens nach dem Dolch. Ohne daß es mir richtig bewußt wurde, hörte ich wie aus weiter Ferne Schreien und Rufen und sah das Gras von tausend winzigen Tropfen geschmolzenen Reifs glitzern – dann, mit hartem Krachen, schlug Arshak auf dem Boden auf. Mein gebrochenes Bein verdrehte sich, als ich auf ihn fiel, ich schrie, aber der Dolch war in meiner Hand. Arshak rollte verzweifelt weg, während ich zustieß, und die Klinge glitt von den goldenen Schuppen seiner Rüstung ab. Ich zog mich auf das rechte Knie hoch; mein linkes Bein war so verdreht, daß der Fuß seitwärts und fast völlig umgekehrt herausstand, und das Blut strömte noch immer aus der Wunde. Nur noch wenige Augenblicke, dachte ich, und ich werde ohnmächtig werden. Arshak sprang auf die Füße und zog sein Schwert.
Der lange Riemen des Schwertgehänges entrollte sich, als ich ihn auswarf. Das Ende schlang sich um sein Bein, und er fiel, als ich den Riemen zurückzog. Halb stieß und halb zog ich mich auf ihn zu. Er rollte sich auf den Bauch, kam auf die Knie und schwang das Schwert gegen mich. Ich bekam es mit dem Lederriemen zu fassen und riß es ihm aus der Hand – und dann war ich über ihm und warf ihn flach zu Boden. Er griff mit der Hand nach dem Dolch. Auf ihm liegend, stieß ich ihm mit aller Kraft meinen Dolch gegen die Kehle; die Klinge prallte vom Kinn ab und glitt über die Rüstung. Er schrie – ein Schrei voller Blut – und bekam seinen Dolch aus der Scheide, aber zu spät. Ich stieß wieder zu, und dieses Mal traf der Dolch sein Ziel. Das Blut spritzte warm über meine Hand und in mein Gesicht, es machte mich blind. Ich ließ den Dolch fallen und lag still. Unter meiner Wange spürte ich sein Herz schlagen; ich spürte den Augenblick, als es stehenblieb, und mir war elend vor Kummer. Rings um mich wurde die Welt grau.
Das nächste, woran ich mich erinnere, ist, daß jemand an meinen Schultern zieht, mein Bein verdreht sich, und mit einem Schrei des Schmerzes falle ich in Ohnmacht zurück. Als ich wieder zu mir komme, werde ich angehoben und umgedreht, und jemand sagt auf Lateinisch: »Wir müssen das Bluten stoppen!« Ich blicke hoch und sehe Facilis über mir stehen.
»Bastard!« sagt er grimmig. Er ist puterrot im Gesicht. »Verdammter gerissener Bastard!«
Ich wende das Gesicht ab. Ich weiß irgendwie, daß er nicht hier sein sollte, aber ich will nicht darüber nachdenken. Ich fühle mich sehr schwach und elend, und der Schmerz im linken Bein ist entsetzlich.
»Steht nicht wie die Hornochsen herum!« höre ich Facilis in seinem miserablen Sarmatisch rufen. »Euer Fürst verblutet. Wir müssen ihm die Rüstung abnehmen und das Bluten stoppen.« Mir ist klar, daß er diesmal nicht zu mir gesprochen hat.
Als sie mir die gepanzerte Hose ausziehen, werde ich wieder ohnmächtig. Wahrscheinlich habe ich auch geschrien. Ich erinnere mich nicht.
Was dann geschah, weiß ich nur aus Erzählungen. Das Bein wurde gestreckt, die große Schlagader, die zum Glück nur gerissen, aber nicht durchtrennt war, abgebunden und genäht, dann kam eine Kompresse auf die Wunde und darüber ein Verband. Das ganze Bein wurde geschient und die Schiene festgebunden.
Ich wachte während des letzten Teils dieser Prozedur wieder auf und sah, daß Comittus gerade den Knoten knüpfte. Ich erinnerte mich, daß er gesagt hatte, er kenne sich ein wenig in Feldchirurgie aus, aber ich war noch zu schwach und benommen, um mich zu fragen, wieso er hier war. Ich fühlte mich jedoch erleichtert, als Leimanos eine Tragbahre herbrachte: Daß er hier sein sollte, wußte ich.
Als nächstes brachten sie mich auf der Trage ans Feuer, deckten mich mit Pferdedecken zu und gaben mir aus einer Feldflasche
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