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Die Reiter der Sarmaten

Die Reiter der Sarmaten

Titel: Die Reiter der Sarmaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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würde.«
    »Wir haben über Euer eigenes Volk einiges gehört«, sagte Priscus.
    »Edler Herr«, erwiderte ich, »wenn Flavius Facilis Euch geschrieben hat, dann bitte ich Euch, zu bedenken, daß sein Sohn in diesem Sommer im Krieg mit uns getötet wurde. Er ist vor Kummer außer sich. Sein Urteil über uns ist nicht sehr objektiv.«
    Der Schuß traf. Sie schienen plötzlich zu begreifen, daß Facilis’ Brief nicht der sachliche Bericht eines Zenturios war, der nach der Erfüllung seines Auftrags das Kommando an den zuständigen Legaten übergab, sondern der haßerfüllte Erguß eines Mannes, der von seinen Leidenschaften getrieben wurde. Die Situation entspannte sich etwas.
    »Es ist also nicht wahr«, sagte Priscus, »daß dieser Bursche Arshak einen Mantel hat, der mit Skalpen römischer Soldaten vollgesteckt ist?«
    Ich schwieg einen Augenblick. »Es ist wahr«, gab ich zu.
    »Und daß er und Euer anderer Kamerad Gatalas sich aus der Haut von Römern, die sie im Kampf getötet hatten, Taschen für ihre Bogen angefertigt haben?«
    »Das stimmt ebenfalls.«
    »Und daß Ihr selbst«, fragte Priscus, mich scharf fixierend, »einmal einen römischen Zenturio getötet habt, der Euch aufzuhalten versuchte, als Ihr römische Siedlungen in der Provinz Pannonia Inferior angegriffen habt –, daß Ihr ihn mit einem Seil und einem Dolch getötet, ihm den Kopf abgetrennt und aus seinem Schädel eine Trinkschale gemacht habt, die Ihr bis zum heutigen Tag bei Euch habt?«
    »Ich habe sie nicht bis zum heutigen Tag bei mir. Die Familie des Mannes kam in Aquincum zu mir, und ich habe den Angehörigen den Schädel übergeben, damit sie ihn bestatten konnten.«
    »Aber sonst ist die Geschichte wahr?«
    »Ja.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, daß Ihr Euch für geeignet haltet, ein römischer Offizier zu sein. Beim Jupiter! Ihr verdient es nicht, zu leben!«
    »Edler Legat«, sagte ich fest, »ich habe nie bemerkt, daß die Römer sich im Krieg ehrenhaft und maßvoll verhalten. Vielleicht sammeln sie keine Skalpe, aber haltet Ihr das grausame Erschlagen unserer Kinder und das brutale Schänden unserer Frauen etwa für human? Mir ist berichtet worden, daß römische Soldaten sarmatische Frauen als gemeine Hündinnen beschimpften, weil sie zu den Waffen griffen, um ihre kleinen Kinder zu schützen, und erst erschlagen werden mußten, bevor man sie vergewaltigen konnte.« Ich mußte einen Augenblick innehalten, so würgte mich die Erinnerung an diese Schandtaten. Es gelang mir, ruhiger fortzufahren. »Edler Legat, Ihr selbst werdet Männer für ihre Tapferkeit ausgezeichnet haben, weil sie im Krieg Dinge getan haben, die Ihr unter anderen Umständen mit dem Tode bestraft hättet. Welchen Sinn hat es, alte Wunden aufzureißen? Unser Volk betrachtet uns als tot, mich und alle meine Kameraden. Sie haben Totenfeiern für uns gehalten. Diejenigen von uns, welche Frauen hatten, haben jetzt Witwen, die frei sind, sich wieder zu verheiraten, und unser Eigentum ist unter unsere Erben aufgeteilt worden. Was ich oder irgend jemand sonst in der Vergangenheit getan haben mag, geht jetzt niemanden mehr etwas an.«
    »Im Gegenteil, Ariantes, es geht mich sehr viel an. Wie kann ich fünfzehnhundert Sarmaten ihre Waffen aushändigen lassen, das Kommando über sie Männern übertragen, die aus römischen Schädeln trinken, und sie auf eine römische Provinz loslassen?«
    »Edler Legat, wir haben dem Kaiser einen Eid geschworen. Wir können nicht in unsere Heimat zurückkehren. Wenn ich richtig unterrichtet bin, stehen in Britannien drei römische Legionen und mehr Hilfstruppen, als ich zählen könnte, mehr als genug, um uns zu vernichten. Wir müssen entweder römische Hilfstruppen werden oder sterben. Habt Ihr die Absicht, uns in Eure Streitkräfte einzugliedern, oder wollt Ihr uns töten?« Ich zögerte einen Augenblick, dann fuhr ich bewußt provozierend fort: »Der Kaiser war froh, uns zu bekommen. Selbst wenn er eine Zeitlang daran dachte, uns alle umzubringen, er wollte eine schwere Kavallerie wie unsere haben. Ich sah ihn in Aquincum, als wir in die Stadt ritten und uns ergaben. Er freute sich wie ein Junge über ein neues Pferd. Er dürfte kaum Verständnis dafür haben, wenn Ihr uns zu verzweifelten Aktionen treibt.«
    Priscus starrte mich wortlos an, das Kinn vorgestreckt, die Nasenspitze weiß vor Wut.
    »Warum habt Ihr ein Seil und einen Dolch benutzt?« warf Aurelia Bodica mit sanfter Stimme ein, als wäre dies das eigentliche

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