Die Reiter der Sarmaten
keine Gefangenen, Prokurator. Wir können keine Fremden in unseren Wagen mitführen, und unsere eigenen Leute sind alle Freie, die Söhne und Töchter von Kriegern. Was sollte ich mit einem Sklaven anfangen? Eukairios kann nicht mal ein Pferd reiten.« (Ich hatte das in Bononia festgestellt, als ich ihn bat, eine Botschaft zu überbringen, und es hatte mich sehr erstaunt.) »Und wo könnte ich ihn unterbringen?«
»Ich bin sicher, Ihr würdet das irgendwie einrichten«, sagte Natalis leichthin.
In diesem Augenblick unterbrach uns Eukairios. »Bitte, Herr«, stammelte er. »Ach bitte, Herr, schickt mich nicht von Bononia fort.«
»Ruhig, Mann! Nun, Ariantes? Es wäre jammerschade, Eure Talente zu vergeuden, nur weil Euch Tinte und Feder fehlen.«
»Aber Herr …«, flehte Eukairios.
»Ich sagte, du sollst ruhig sein!« fuhr Natalis ihn an.
Eukairios taumelte zu Natalis hinüber, fiel auf die Knie und streckte bittend eine Hand zu seinem Herrn aus. »Bitte, Herr, ich flehe Euch an, mein Herr, tut es nicht …«
Natalis schob die Hand weg. »Warum machst du eine solche Szene? Du hast keine Familie in Bononia.«
»Nein, aber ich habe dort Freunde«, wandte Eukairios ein, »alte und liebe Freunde, und …«
»Ich weiß alles über deine Freunde«, sagte Natalis ärgerlich, »und ich wünsche nicht, daß sie Verbindung zu irgend jemandem in meiner Kanzlei haben. Du würdest Schande über uns alle bringen, wenn es hier zu einem ähnlichen Skandal wie in Lugdunum käme. Denkst du, ich möchte zusehen, wie ein Schreiber aus meiner eigenen Kanzlei – der Kanzlei des Prokurators der britannischen Flotte! – in der Arena getötet wird, um den Mob zu amüsieren? Du kannst mit den Sarmaten nach Britannien gehen. Und selbst wenn du dort noch einige mehr von deinen ›Freunden‹ finden solltest, wird das niemanden interessieren.«
Eukairios wurde kreideweiß. Er kniete vor Natalis, die Hände auf den Boden gestützt. »Verzeiht, Herr«, flüsterte er. »Verzeiht mir. Ich … Ich … Ihr wißt …« Er rieb sich über die Augen. »O mein Gott, mein Gott!«
»Geh hinaus!« befahl Natalis ihm. »Du belästigst meinen Gast.«
Eukairios taumelte hinaus.
Mit einem gezwungenen Lächeln wandte Natalis sich wieder mir zu. »Offen gesagt, ich wäre froh, wenn Ihr ihn mir abnähmt«, sagte er etwas verlegen, um die Szene zu erklären. »Er ist ein guter, zuverlässiger Schreiber, aber er ist Christ. Ich habe in der Vergangenheit darüber weggesehen, in letzter Zeit ist jedoch in Gallien verschiedentlich die Forderung erhoben worden, die Sekte auszumerzen, und ich wünsche nicht, daß meine Kanzlei mit irgendeinem Skandal in Verbindung gebracht wird. In Britannien würde er nichts zu befürchten haben. Niemand interessiert sich da für die Christen.«
»Was ist ein Christ?« fragte ich; Eukairios tat mir leid, aber ich war mißtrauisch geworden gegen Natalis, der selbst zugegeben hatte, daß er den Mann loswerden wollte.
»Ein Anhänger eines illegalen Kults. Christus war ein jüdischer Sophist, der unter dem Kaiser Tiberius wegen Volksaufhetzung gekreuzigt wurde. Eine Gruppe von Juden war überzeugt, daß er ein Gott sei – und zwar nicht irgendein Gott, sondern der jüdische Gott, der nicht einmal mit Namen genannt werden darf. Die anderen Juden verfolgten die Gotteslästerer mit der rasenden Wut, die diesem Volk eigen ist. Daraufhin wandten sich diese Leute vom Judentum ab und wurden Griechen, und jetzt gibt es in jeder Stadt des Reiches, wo Griechen zu finden sind, Anhänger dieser verrückten Sekte. Natürlich findet sie nur Anklang bei Sklaven und Gesindel, nicht bei den höheren Klassen.«
Mit einem verächtlichen Runzeln seiner aristokratischen Stirn fuhr er fort: »Die Christen versammeln sich heimlich nachts in privaten Häusern, wo sie ekelhafte Rituale praktizieren sollen, in der Hoffnung, dadurch Unsterblichkeit zu gewinnen; sie lehnen es ab, andere Gottheiten zu verehren als ihren gekreuzigten Sophisten, und sie weigern sich sogar, dem Genius des Kaisers und der göttlichen Roma zu opfern; daher ist der Kult natürlich illegal. Er wurde fast unmittelbar nach seinem ersten Auftreten verboten, doch das hat seine Ausbreitung nicht aufhalten können. Persönlich halte ich nichts davon, die Christen zu bestrafen, und ich habe mich, soweit es möglich war, blind gestellt und ihre Existenz ignoriert. Die meisten Geschichten über sie sind meines Erachtens Erfindungen sie sind keine bösartigen Übeltäter,
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