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Die Reiter der Sarmaten

Die Reiter der Sarmaten

Titel: Die Reiter der Sarmaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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blieb furchtsam stehen und sah mich trübselig, aber zugleich entschlossen an. Er wirkte noch kleiner und farbloser unter so vielen glänzenden sarmatischen Reitern; er trug sein Kleiderbündel an einem Stock über der Schulter.
    »Es tut mir leid, daß ich mich verspätet habe, Herr«, sagte er. »Das Kurierboot ist erst gestern abend spät in Dubris eingetroffen, deshalb bin ich bis heute morgen im Haus des Prokurators geblieben.«
    »Hauptsache, du bist noch rechtzeitig angekommen«, beruhigte ich ihn. »Wir brechen in Kürze auf. Du solltest dich beeilen, auf den Wagen zu kommen.«
    Die Männer schliefen zu sechst in einem Wagen, als Kommandeur hatte ich einen Wagen für mich allein. Dies waren die leichten, von Pferden gezogenen Wagen, die wir bei Feldzügen mitführten, nicht die schweren Ochsenwagen, in denen wir zu Hause lebten. Mein Wagen war allerdings größer als die anderen, er war rot gestrichen, die Holzteile wie auch die Filzplane. Die vier Pferde, die ihn zogen, waren bereits angeschirrt. Es waren zueinander passende Rotfüchse, nicht groß, aber kräftig, ausdauernd und recht lebhaft. Sie warfen die Köpfe hoch und scharrten und stampften ungeduldig. »Ich … ich kann nicht fahren …«, sagte Eukairios, der sie ängstlich und mutlos anschaute.
    »Niemand erwartet das von dir. Meine Leibwächter wechseln sich ab. Steig einfach in den Wagen und setz dich hin.«
    Er stieg hinein; einen Augenblick später kroch er nach vorn und setzte sich auf die Fahrerbank – an den äußersten Rand.
    Comittus kam auf seinem schwarzen Hengst herangaloppiert. Er trug einen vergoldeten Brustpanzer und einen ebensolchen Helm und die Purpurschärpe des Militärtribuns. »Wir sind bereit zum Aufbruch!« rief er mir zu; seine Augen glänzten vor Erregung. Ich machte kehrt und gab dem Trommler ein Zeichen, das Signal zum Sammeln zu schlagen: Ich hatte dem ganzen Drachen ein paar Dinge zu sagen, bevor wir uns in Marsch setzten.
    Wenige Minuten später waren die Wagen an die Seite gefahren, und mein Drache war vor mir versammelt. Der Regen hatte endlich aufgehört, und es schien eine strahlende Septembersonne. In einem weiten Halbkreis vor mir sah ich ein Feld schimmernder Rüstungen. Die Pferde stampften und tänzelten, die Banner der Schwadronen flatterten in der leichten Brise. Links hinter mir hielt der Führer meiner Leibwache mit der Standarte, und ich hörte den Wind durch den Mund des Drachen zischen.
    »Meine Azatani-Brüder«, rief ich mit so hoher Stimme, daß mich alle verstehen konnten, »wir brechen jetzt zur letzten Etappe unseres Marsches auf, und ich bitte euch um zwei Dinge. Erstens: Ich habe auf das Feuer geschworen, daß wir unterwegs keinem Römer Schaden zufügen werden. Ich verlasse mich darauf, daß ihr meinen Eid achtet. Ich muß von euch verlangen, daß ihr nicht nur Leben und Eigentum der Menschen respektiert, sondern daß ihr sogar einen Dieb, der uns bestehlen sollte, nicht selbst zur Rechenschaft zieht. Nehmt ihn lebend gefangen und übergebt ihn dann dem Legaten zur Bestrafung. Zweitens: Denkt daran, jetzt, wo ihr wieder bewaffnet seid, daß wir nicht in unserem Land sind und nicht die Freiheit haben, unseren eigenen Sitten und Gebräuchen zu folgen. Wenn ihr unter euch Zweikämpfe austragt, sterben in Zukunft beide Beteiligten: der erste durch seinen Gegner, der zweite wird von den Römern als Mörder hingerichtet. Ich kann euch davor nicht schützen. Sogar wenn ihr, um meine eigene Ehre zu verteidigen, einen Mann von einer anderen Abteilung im Zweikampf tötet, kann ich euch nicht schützen. Wenn ihr also kämpfen müßt, tut das mit stumpfer Waffe und nicht bis zum Tod.
    In zwölf Tagen werden wir in Eburacum sein und vier Tage danach in Cilurnum, das uns als Standort zugewiesen ist. Wie ich höre, ist das ein angenehmer Platz, an einem Fluß gelegen, wo es reichlich Weidegrund für unsere Pferde gibt, und in der Nähe befindet sich ein gutes Jagdgebiet. Wir marschieren nicht mehr als dreißig römische Meilen am Tag, und die Verpflegung dürfte diesmal auch besser sein. Es sind keine Ozeane mehr zu überqueren, und wir werden jetzt als Krieger marschieren, bewaffnet und gerüstet, nicht mehr als rechtlose Gefangene. Möge der Gott uns gnädig sein!«
    Sie jubelten mir zu und schwenkten die Speere und riefen »Marha!«
    Ich gab dem Trommler ein Zeichen, und er schlug das Signal zum Abmarsch, das von den Bannerträgern der Schwadronen aufgenommen wurde. Arshak und Gatalas sprachen noch zu

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