Die Reiter der Sarmaten
beauftragt, Tribun«, sagte Priscus grollend. »Wie konnte es passieren, daß das Tier sich losriß? Wo wart Ihr mit Euren Gedanken? Sturmvogel ist ein sehr wertvolles Pferd, ich habe es eigens von Iberien kommen lassen, einen sehr weiten Weg! Ihr hättet dafür sorgen müssen, daß es sicher angebunden war.«
»Ich weiß nicht, wie es passiert ist, Legat«, erwiderte Comittus. »Ich dachte, der Hengst wäre sicher angebunden.«
Priscus schnaubte verächtlich. »Denkt nicht, kontrolliert! Dieses Pferd ist nicht nur wertvoll, es ist auch stark und sehr ungestüm. Es könnte Bodica verletzen, wenn es sich losreißt und durchgeht.« Er sah seine Frau besorgt an. »Wirklich, meine Liebe, ich wünschte, du würdest den Wallach nehmen.«
»Oh, aber ich liebe starke, feurige Hengste, Tiberius, du weißt das!« Ihr Lächeln und ein rascher verschleierter Blick gaben den Worten einen doppelten Sinn.
Priscus brummte geschmeichelt. »Trotzdem, ein Pferd, das zuviel Feuer hat, kann gefährlich sein. Erinnere dich, das letzte Tier, das du hattest, hat beinahe einen Stallknecht getötet, und ich möchte nicht …«
»Tiberius!« rief sie warnend, obwohl sie dabei lächelte; und er schwieg. Ihre Vorliebe für feurige Pferde war offenbar ein wunder Punkt zwischen ihnen. Ich verstand jetzt Comittus’ Reaktion auf dem Marktplatz.
»Ein Hengst wie der Eurer Gemahlin ist nicht gefährlicher als irgendein anderes Pferd«, sagte ich zu Priscus, um ihn zu besänftigen. Das stimmte natürlich, wenn ich selbst auch, wie die meisten Kavalleristen, eine gute ruhige Stute vorzog, vor allem in Situationen, die ein Pferd erschrecken und ängstigen können, zum Beispiel in der Schlacht.
Bodica sah mich lächelnd an, aber jetzt war wieder dieser rätselhafte Ausdruck in ihren Augen, der mich schon früher beunruhigt hatte. Priscus warf mir einen frostigen Blick zu. Nach kurzem Schweigen begann Bodica Fragen über unsere Reitpferde und unsere Wagen zu stellen.
Es war ein leichter Tagesmarsch, wie ich es meinen Männern versprochen hatte. Wir bezogen nur zwanzig römische Meilen von Dubris entfernt Quartier, bei einem Ort mit Namen Durovernum. Die Männer waren in guter Stimmung, glücklich, ihre Waffen wiederzuhaben, glücklich, vernünftiges Essen zu bekommen, glücklich, über sanfte grüne Hügel zu reiten – die ersten Sarmaten, die den Ozean überquert hatten. Sie sangen, während sie ritten, und abends, als sie um das Feuer saßen, erzählten sie Geschichten.
Ich war nicht so glücklich, ich machte mir Sorgen über die Zukunft. Jetzt mochten sie noch fröhlich sein, aber wenn sie nach Cilurnum kamen, würde ihnen bewußt werden, daß sie für immer hier waren. Dann würden sie ihre Frauen und ihre Familien vermissen, sie würden anfangen, die Kameraden zu hassen, mit denen sie den Wagen teilten. Sie würden sich nach den weiten, offenen Ebenen sehnen, nach den Herden und den Wagen, die sie zurückgelassen hatten. Sie würden zuviel trinken, und der Alkohol würde sie streitsüchtig machen. Sie würden sich um Frauen schlagen, die es sicher in der Nähe des Lagers gab. Und ihre Ehrenhändel würden sich vervielfachen. Bis jetzt sprachen sie noch nicht genug Latein, um sich mit Römern anzulegen – aber sie würden es lernen.
Der einzige trübsinnige und unglückliche Mann in meinem Drachen schien Eukairios zu sein. Er war schwerfällig und steif vom Wagen abgestiegen und saß jetzt schweigsam am Feuer, während die anderen lachten und sich in einer Sprache unterhielten, die er nicht verstand. Nach einiger Zeit fragte er mich, wo er schlafen könne, und ich ging mit ihm zum Wagen, um ihm einen Schlafplatz anzuweisen.
Ich wurde mitten in der Nacht durch ein Geräusch geweckt, das sich wie ein Schluchzen anhörte. Ich hatte tief geschlafen, und einen Augenblick war mir nicht klar, wo ich war. Ich glaubte, wieder in meiner Heimat bei meiner Familie zu sein. »Artanisca?« sagte ich und setzte mich auf. »Artanisca, Liebling, ich bin ja bei dir. Weine nicht.«
Das Schluchzen hörte abrupt auf, und jetzt wurde mir bewußt, daß es nicht das Schluchzen eines Kindes gewesen war, was mich geweckt hatte, sondern das harte quälende Schluchzen eines Mannes. Ich erinnerte mich wieder an Eukairios.
»Verzeiht, Herr«, kam die gepreßte Stimme des Sklaven aus der Dunkelheit. »Ich wollte Euch nicht aufwecken.«
Ich legte mich wieder hin und starrte in die Nacht. »Nein, natürlich nicht«, sagte ich. »Tut mir leid, daß du dich so sehr
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