Die Reliquie von Buchhorn
Hunfried, der in diesem Moment aus der Hütte kam. »Das ist alles, was ich gefunden habe.« Er hielt ein paar Tücher und grobe Handschuhe in die Höhe. »Bedient euch.«
Wortlos streifte sich Eckhard die Schutzkleidung über und ging mit beherzten Schritten auf den äußersten der Körbe zu. Auch Hunfried begann, sich mit den groben Wolltüchern zu umwickeln. Die Handschuhe krachten bedenklich, als er seine großen Kriegerhände hineinzwängte. »Was ist mit euch?«, rief er Gerald und Wulfhard zu, indem er ihnen die übrigen Tücher zuwarf. »Die Bienen warten schon!«
»Schlaue Tierchen«, flüsterte Gerald gequält.
Wulfhard bedachte ihn mit einem schiefen Grinsen. Noch einmal sah er sich um, doch in den dichten Büschen rund um die Wiese regte sich nichts. Hunfried, Eckhard und Gerald hockten vor ihren Bienenstöcken, aus deren schmalen Spalten die Arbeiterinnen aus und ein gingen. Langsam breitete Wulfhard das muffige Tuch über den Kopf, aber seine Aufmerksamkeit galt immer noch den Bemühungen seiner Gefährten, die behutsam in die Körbe tasteten.
»Gibt es nicht irgendeine Möglichkeit, die Dinger umzukippen?«, fragte Wulfhard, während er leicht an der Außenseite rüttelte.
Eckhard fuhr hoch. »Wenn du deine Hinrichtung vorziehen möchtest, ist das dein Problem, aber von uns hat keiner Lust, von Tausenden wütender Bienen zu Tode gestochen zu werden. Also tu, was man dir sagt.«
»Ja, Herr«, knurrte Wulfhard, machte aber immer noch keine Anstalten, seine Hand in den Schlitz zu schieben, aus dem es summte und krabbelte. Neben sich hörte er Geralds angeekelten Aufschrei, als die ersten Bienen über seine Handschuhe zu kriechen begannen. Schweiß rann ihm über den Nacken, den die Falten des Tuchs freigaben.
Wulfhard schob die Hand in den Handschuh und bewegte die Finger, aber in dem dicken Leder hatte er keinerlei Gefühl. »Das bringt doch nichts«, murrte er und riss den Handschuh wieder herunter. Ein paar Bienen schwirrten um seinen Kopf. Er wedelte sie beiseite, dann kniete er vor dem Bienenkorb nieder und ließ seine Hände behutsam über die Holzumrandung des stützenden Gestells wandern. Er sah, dass Gerald ihn beobachtete, und zwinkerte ihm zu. »Wenn das schiefgeht, grüß Isentrud«, sagte er mit mehr Ernst in der Stimme, als sein Gesicht vermuten ließ. »Gib mir deinen zweiten Handschuh.« Er schützte seine Hände und kippte Millimeter für Millimeter den Sockel. Die Bienen brummten stärker, blieben aber ruhig. Unter dem stinkenden Tuch leckte Wulfhard den Schweiß von seiner Oberlippe. Er spähte in den entstandenen Spalt, der ihm leer und schwarz entgegengähnte. Er fluchte leise, stellte den Korb wieder auf das Gestell und schritt zum nächsten.
Inzwischen waren auch die anderen aufmerksam geworden.
»Was soll das?«, fragte Hunfried. Er zog das Tuch herunter und wischte sich mit dem Unterarm den Schweiß von der Stirn.
»Wulfhard«, rief Eckhard mit leiser, aber vor Wut bebender Stimme. »Ich habe dir einen Befehl gegeben. Ich habe …«
»… Glück, mich zu kennen?«, fiel Wulfhard ihm scharf ins Wort. »Bitte, da ist es!«
Alle vier Männer fuhren gleichzeitig auf. Eckhard hielt sie mit einem geflüsterten »Vorsicht!« zurück. Er kauerte sich neben Wulfhard und spähte in den Spalt zwischen Holzboden und Bienenkorb. Ein mehrfach gefaltetes Pergament wurde sichtbar. Ein paar Bienen krabbelten träge über die Kanten.
Eckhard schloss die Augen und stieß ein kurzes Gebet aus. Dann zog er das Schriftstück quälend langsam aus dem Spalt.
»Beeil dich!«, bat Gerald nervös. »Die Bienen werden schon wütend.«
Eckhard schüttelte nur den Kopf, während er das Dokument vollständig befreite. »Stell den Korb ab«, befahl er schließlich mit zusammengebissenen Zähnen.
Wulfhard gehorchte und sprang zurück. Er riss das Tuch herunter und ließ sich ins Gras fallen. »Nie wieder!«, schwor er.
Niemand antwortete. Wulfhard richtete sich auf und stellte fest, dass die anderen sich um Eckhard und das Schriftstück gedrängt hatten. Wütend trat er nach einem Erdklumpen. »Gern geschehen«, giftete er.
»Was ist es denn nun?«, fragte Gerald, während er versuchte, über Eckhards Schulter hinweg einen Blick auf die Urkunde zu erhaschen.
Der Mönch winkte ihn zurück. »Ich muss vorsichtig sein, das Pergament ist mit dem Honig in Berührung gekommen. Wir dürfen es nicht zerstören. Ich brauche Ruhe, um es genau in Augenschein zu nehmen.«
»Richtig«, stimmte Hunfried
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